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Elfenmeer: Roman (German Edition)

Elfenmeer: Roman (German Edition)

Titel: Elfenmeer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Qunaj
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vernichtet wurde, dann sollte es eben so sein.
    Ein Summen wies ihr den Weg zu einer offenstehenden Tür, hinter der ein Elf mit kahlgeschorenem Kopf bei einer bescheidenen Mahlzeit saß. Marinel war nicht in der Stimmung, sich mit Höflichkeiten aufzuhalten, und so trat sie unaufgefordert ein und stemmte eine Hand in die Seite. »Seid Ihr es, der den Piraten Arn morgen hinrichtet?«
    Der Henker blickte mit deutlicher Verblüffung in den Augen auf und sah an ihr vorbei, als wolle er nach Wachen rufen. Als er jedoch erkannte, dass niemand außer ihr hier war, und sein Blick auf ihr Schwert an der Hüfte fiel, nickte er und tunkte sein Fladenbrot in eine rotschimmernde Sauce, die Marinel an Blut erinnerte.
    »Ich kenne mich mit dem … Töten nicht aus«, begann sie, nach Worten suchend.
    Der Henker hob die Augenbrauen und blickte erneut höhnisch auf ihr Schwert, doch Marinel ließ ihn gar nicht zu einer Erwiderung kommen. »Ich kenne mich mit Hinrichtungen nicht aus, aber ich hörte einst, dass es beim …«, sie atmete tief durch, »… dass es beim Erhängen verschiedene Arten von Knoten gibt, die den Tod entweder beschleunigen oder verlangsamen.« Sie trat nach vorn an den Tisch und schob die Schale mit ihren drei Fingern vom Henker fort, sodass er gezwungen war, zu ihr aufzusehen. Das tat er auch, aber mit einer nervenzerreißenden Gleichmütigkeit im Blick.
    »Ich will, dass es schnell geht«, erklärte sie mit einem Befehlston, der sie selbst überraschte. »Habt Ihr mich verstanden? Ihr werdet ihn nicht leiden lassen, Ihr werdet das Seil nicht halten und langsam hinabgleiten lassen, sodass er elendig erstickt. Ihr werdet ihn fallen lassen!«
    Der Henker blickte auf seine Speisen und dann wieder zu ihr. Schließlich hob er die Hand und rieb Daumen und Mittelfinger aneinander. Er wollte bezahlt werden.
    »Das Wissen, das Richtige zu tun, sollte Euch Lohn genug sein«, stieß Marinel aus und spürte, wie die Angst langsam in ihr hochkroch. Sie hatte nichts, womit sie ihn bezahlen konnte! Sie war ein Stallmädchen!
    Ihre Hand bewegte sich wie von selbst zu ihrem Talisman, und da fiel ihr die Lösung ein. »Seht Ihr dieses Silberstück?« Sie reckte ihren Hals ein wenig nach vorn, damit er es sehen konnte. Seine Augen verengten sich, und Marinel bekam Bauchschmerzen beim bloßen Gedanken, ihren Talisman fortzugeben. Er bedeutete ihr mehr als alles andere, das sie besaß, und er war das Einzige, was sie an Nevliin erinnerte – ihren Wegweiser, der ihr den Pfad der Ehre wies und verhinderte, dass sie davon abkam.
    Als der Henker mit einem verächtlichen Schnauben den Kopf schüttelte, spürte sie Erleichterung und Verzweiflung zugleich. Sie musste Arn helfen, das verlangte ihr Gewissen. Wie sollte sie zu seiner Hinrichtung gehen und ihn dort unsagbar leiden sehen, wenn sie wusste, dass sie etwas dagegen hätte unternehmen können? Stellte ihr Wegsehen und Nichtstun sie nicht auf eine Stufe mit denjenigen, die solch grausame Taten begingen? Ein Ritter kümmerte sich um diejenigen, die Unterstützung benötigten, auch wenn dies bedeutete, einem Verbrecher Recht zuteilwerden zu lassen. So hatte die menschliche Kapitänin keine Folter, sondern einen gerechten Prozess verdient, und so verdiente Arn einen schnellen Tod.
    »Lehnt nicht zu schnell ab«, sagte sie, in der Hoffnung, den Henker doch noch überreden zu können. »Dieser Talisman mag Euch wertlos erscheinen, aber er gehörte einst Nevliin von Valdoreen.«
    Der Henker zog die Augenbrauen hoch und lächelte ungläubig. Er hielt sie also für eine Lügnerin. Also schön, dann blieb ihr nichts anderes übrig, als über ihren eigenen Schattenzu springen. »Ich kann es Euch beweisen. Ihr kennt Valuar von Valdoreen? Er kann Euch bestätigen, dass dieser Talisman einst Nevliin gehörte. Lasst uns zu ihm gehen und …«
    »Marinel?«
    Verblüfft drehte sie sich zu der vertrauten Stimme um, und als sie Valuar in der offenen Tür stehen sah, schloss sie für einen Moment vor Erleichterung die Augen. Nie hätte sie gedacht, dass sie sich über sein Erscheinen einmal so freuen würde, doch jetzt war er ihre Rettung.
    »Valuar«, stieß sie aus und sah zwischen ihm und dem Henker hin und her. »Was machst du denn hier?«
    »Ich habe gesehen, wie du in den Turm gegangen bist. Ich habe noch nach dir gerufen, aber …« Er blickte auf den Henker und kam mit misstrauischem Blick näher. »Was geht hier vor?«
    Der Henker schob mit einem Schmunzeln die Schüssel zurück und nahm

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