Elfenmeer: Roman (German Edition)
Befehlshaber, stand an ihrer Seite. Niemand bemerkte etwas. Niemand sah es. Die Welle raste auf sie zu, türmte sich immer höher auf.
Marinel stürmte los, sie schrie und fuchtelte mit den Armen, doch niemand wandte sich zu ihr um. Gesang erscholl, und die Menge jubelte noch lauter. Elrohir folgte Marinel. »Schnell weg hier!«, brüllte er und rannte ein Stück voraus. »Zurück in die Burg! In die Burg!«
Marinel kämpfte sich hinkend weiter durch den Sand. Doch auch wenn ihr Bein sie normalerweise nicht sonderlich beeinträchtigte, wenn sie die Zähne zusammenbiss und den Schmerz einfach ignorierte, war es diesmal, als käme sie nicht von der Stelle. Irgendeine Macht hielt sie zurück. Sie war in einem Albtraum gefangen, die Zeit dehnte sich, alles um sie herum verschwamm und bewegte sich immer langsamer. Der Jubel wurde zu einem dumpfen Dröhnen. Die von den Feuerbecken flackernden Schatten und Farben verschwammen. »Lauft!« Ihre Stimme verlor sich im Getöse der undefinierbaren Geräuschkulisse.Sie starrte in die lachenden Gesichter der Elfen und kam einfach nicht näher. Der Strandabschnitt zwischen ihr und ihnen wurde nicht schmäler. Sie musste die Königin warnen, musste sie erreichen. Doch sie waren zu weit weg. Sie waren einfach zu weit weg. »Lauft um euer Leben! Lauft!« Weiter vorn erkannte sie Elrohir. Er hatte die feiernde Menge beinahe erreicht. Doch da hielt er plötzlich inne, blickte zurück, und ein Ausdruck puren Entsetzens verzerrte sein Gesicht. Dann erfasste sein Blick Marinel, er rief etwas, doch Marinel hörte ihn nicht. Da lief er plötzlich auf sie zu. Er lief zurück!
»Nein!«, schrie sie und stolperte weiter. »Du musst sie warnen! Nein!« Marinel überkam eine lähmende Schwäche. Zitternd blickte sie zurück und rang um Atem. Sie konnte nicht mehr weiter. Die Welle rollte in Richtung Strand, kam auf sie zu, immer näher, beugte sich über sie, Wasser tröpfelte auf sie hinab und floss wie Tränen über ihre Wangen. Schreie ertönten. Auch die anderen mussten nun die Gefahr erkannt haben. Die Luft erzitterte von Magie, vibrierte, lud sich auf. Die Magier der Königin stemmten sich mit all ihrer Kraft gegen diese Gewalt, doch die schwarze Wand rückte unbarmherzig näher. Sie war stärker, stärker als die Magier der Königin.
»Marinel!« Elrohirs Arme umschlangen sie und drückten sie an seine Brust. Salziges Wasser ergoss sich langsam über sie, und Elrohir verstärkte seinen Griff. Seine hochgewachsene Gestalt beugte sich schützend über sie, und im nächsten Moment schlug die Welle über ihnen zusammen.
Dunkelheit und Kälte hüllten sie ein, doch Marinel spürte keinen Schmerz. Der Aufprall hätte sie wie ein Hammerschlag treffen müssen, aber sie lebte noch. Das Wasser umspülte sie, krachte und toste. Marinel spürte, wie sie von den Beinen und herumgerissen wurde. Elrohir hielt sie immer noch fest, dochMarinel konnte nichts erkennen. Es war vollkommen dunkel, außer dem beständigen Rauschen und Tosen war nichts zu hören. Sie wurden herumgewirbelt. Marinel erwartete, jeden Moment einen Schlag zu spüren, wenn sie irgendwo dagegenknallten, sie erwartete, das Brennen ihrer Lungen zu vernehmen, da sie die Luft anhielt. Aber nichts dergleichen geschah. Es ging alles so schnell. In einem Moment war die Flutwelle gegen den Drachenfelsen gekracht und hatte die Elfen unter sich begraben, und im nächsten fand Marinel sich im Sand liegend wieder. Das Wasser war fort, nur ein paar Pfützen zeugten davon, dass es da gewesen war. Es war vorbei, und sie war unverletzt. Sie hustete noch nicht einmal, spuckte kein Wasser. Wie war das möglich? Elrohir kam neben ihr auf die Knie. Mit großen Augen sah er an sich hinab und klopfte den Sand von seiner Kleidung. Auch Marinel tastete immer noch ungläubig nach Verletzungen. Aber sie war unversehrt. Als wäre das Ganze nie passiert. Als wäre es lediglich eine Illusion gewesen. Doch sie war klitschnass. Es war tatsächlich geschehen.
Rufe und die Stimmen Hunderter Elfen erklangen. Die anderen schienen nicht weniger verwirrt als Marinel. Was war das gewesen? Elrohir packte ihren Arm und zog sie auf die Beine. Er hielt sie an den Schultern fest und ließ seinen prüfenden Blick über sie wandern.
Anweisungen erschollen. Marinel erkannte die Stimme ihres Waffenmeisters, und dann plötzlich übertönte die Stimme des Befehlshabers das aufgeregte Durcheinander. »Liadan!«, rief er immer wieder. »Liadan!«
Marinel und Elrohir tauschten
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