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Elfenstern

Titel: Elfenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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mausgrauen Gewand. Ein
komischer, schäbiger Hut mit eingedrückter Spitze
saß schief auf seinem Kopf.
Und er schien – unglaublich! – gerade eben aus dem
See gestiegen zu sein! Ohne
die Gefahr zu ahnen, stand der alte Mann am Ufer, wrang seinen Bart
aus,
schaute aufs Wasser und murmelte etwas vor sich hin.
    »Irgend jemandes Sklave, vermutlich«,
bemerkte
Paithan zu sich selbst. »Kriegt einen Vogel, läuft
ins Blaue hinein und verirrt
sich. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, weshalb jemand einen so
alten
und klapprigen Sklaven in seinem Dienst behalten sollte. Heda! Alter
Mann!«
Paithan schlug alle Vorsicht in den Wind und rannte den Hügel
hinunter.
    Der alte Mann schenkte ihm keine Beachtung. Er
hob einen langen hölzernen Wanderstab, der eindeutig schon
bessere Tage gesehen
hatte, vom Boden auf und begann damit im Wasser herumzustochern!
    Paithan sah den monströsen Schuppenleib beinahe
aus den blauen Tiefen emporwachsen. Die Brust wurde ihm eng, seine
Lungen
brannten. »Nein! Alter Mann! Väterchen!«
rief er in der Menschensprache, die er
fließend beherrschte. »Väterchen! He,
laßt das sein!«
    »Ha?« Der alte Mann drehte sich um und sah
Paithan mit kurzsichtigen Augen an. »Was? Bist du das,
Sohnemann?« Er ließ den
Stock fallen und breitete so vehement die Arme aus, daß er
ins Taumeln geriet.
»Komm an meine Brust, Sohn! Komm zu deinem Vater!«
    Paithan versuchte, rechtzeitig seinen Schwung zu
vermindern und stehenzubleiben, um den alten Mann festzuhalten, der am
Rand des
Wassers schwankte. Doch der Elf rutschte auf dem feuchten Moos aus,
schlitterte
auf den Knien weiter, und der alte Mann stürzte mit heftig
rudernden Armen
hinterrücks in den See.
    Ein geifernder Rachen, der in die Höhe
schoß und
sie beide zerriß … Paithan watete hinter dem Alten
her, bekam ihn irgendwie zu
fassen – vielleicht am Bart, vielleicht bei einem mausgrauen
Ärmel – und
schleifte ihn ans Ufer.
    »Verdammt liebenswürdige Art für
einen Sohn,
seinen betagten Vater zu behandeln!« Der alte Mann
hörte auf zu spucken und zu
prusten und schaute Paithan böse an.
»Stößt mich in den See!«
    »Ich bin nicht Euer Sohn, Va … ich meine,
Sir.
Und es war ein Unfall.« Paithan zog den alten Mann hinter
sich her, den Hügel
hinauf. »Und jetzt sollten wir schleunigst von hier
verschwinden! Da ist ein
Drache …«
    Der Alte blieb so unvermittelt stehen, daß der
ahnungslose Paithan beinahe hingefallen wäre. Er zerrte an dem
knochigen Arm,
um seinen störrischen Begleiter zum Weitergehen zu bewegen,
aber der Alte stand
fest wie ein Wortelbaum. »Nicht ohne meinen Hut«,
sagte der alte Mann.
    »Zum Orn mit Eurem Hut!« Paithan knirschte
mit
den Zähnen. Er blickte angstvoll über die Schulter,
weil er jeden Moment damit
rechnete, daß das Wasser zu brodeln begann.
»Trottel, der Ihr seid! Da ist ein
Dra …« Er drehte sich zu dem alten Mann herum,
starrte ihn an und meinte
schließlich aufgebracht: »Euer Hut sitzt auf Eurem
Kopf!«
    »Lüg mich nicht an, Sohn«, sagte
der Alte
beleidigt. Er bückte sich nach seinem Stock, und der Hut
rutschte ihm über die
Augen. »Mit Blindheit geschlagen, mein Gott!«
flüsterte er überwältigt und
streckte tastend die Hände aus.
    »Das ist Euer Hut!« Paithan sprang auf ihn
zu
und riß ihm den Hut vom Kopf. »Hut! Hut!«
schrie er und wedelte dem alten Mann
damit vor dem Gesicht herum.
    »Der gehört nicht mir«,
behauptete der Alte und
begutachtete die Kopfbedeckung mißtrauisch. »Du
hast ihn vertauscht. Meiner war
in viel besserem Zustand …«
    »Kommt jetzt mit!« rief Paithan, der
Mühe hatte,
ein irres Lachen zu unterdrücken.
    »Mein Stock!« zeterte der alte Mann,
stemmte die
Füße gegen den Boden und rührte sich nicht
vom Fleck.
    Paithan spielte mit dem Gedanken, den Verrückten
einfach stehenzulassen, bis er Wurzeln geschlagen hatte; aber er war
doch nicht
fähig, tatenlos zuzusehen, wie jemand von einem Drachen
verschlungen wurde –
auch wenn es sich um einen Menschen handelte. Paithan lief
zurück, holte den
Stab, drückte ihn dem Alten in die Hand und schleppte ihn mit
sich zum Haus.
    Der Elf befürchtete, der betagte Mensch
könnte
auf halbem Weg erschöpft liegenbleiben, denn der Weg war lang
und führte
hügelauf. Paithan hörte seine eigenen schweren
Atemzüge, und die Beine begannen
ihn zu schmerzen; aber der alte Mann schien über eine
unglaubliche

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