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Elfenstern

Titel: Elfenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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diesmal lauter und bedrohlicher. Das Haus bebte
unheilverkündend. Stühle
schlitterten über den Boden, kleine
Dekorationsgegenstände fielen von Tischen
und zerbrachen auf dem Fußboden. Wer günstig stand,
hielt sich an etwas fest,
andere verloren das Gleichgewicht und stürzten. Von ihrem
Platz am Fenster sah
Aleatha den grünen, schuppigen Leib die Wasserfläche
durchbrechen.
    Glücklicherweise bemerkte keine der anderen
Frauen das Ungeheuer. Aleatha biß sich auf die Lippen, um
nicht aufzuschreien.
Dann war es verschwunden – so schnell, daß sie sich
fragte, ob sie wirklich
etwas gesehen hatte oder einer aus Furcht entstandenen
Sinnestäuschung erlegen
war.
    Das Grollen verstummte. Die Männer draußen
kamen
zum Haus gelaufen, ihr Bruder an der Spitze. Aleatha riß die
Tür auf und
stürmte die breite Treppe hinunter.
    »Paithan! Was war das?« Sie hielt ihn am
Ärmel
fest.
    »Ein Drache, fürchte ich«,
erwiderte ihr Bruder.
»Und was wird jetzt aus uns?«
    Paithan überlegte. »Wir werden alle
sterben,
nehme ich an.«
    »Das ist nicht gerecht!« empörte
sich Aleatha
und stampfte mit dem Fuß. »Nein, vermutlich
nicht.« In Paithans Augen war das
eine ziemlich merkwürdige Beurteilung ihrer verzweifelten
Situation, aber er
strich seiner Schwester tröstend über die Hand.
»Nun, Thea, verlier bloß nicht
den Kopf, wie die anderen da drin. Hysterie ist
äußerst unattraktiv.«
    Aleatha legte die Handflächen an die Wangen; ihr
Gesicht fühlte sich heiß an. Er hat recht, dachte
sie. Ich muß grauenhaft
aussehen. Sie holte tief Atem, strich sich über das Haar und
ordnete den
Faltenwurf ihrer Röcke. Die fiebrige Röte wich aus
ihrem Gesicht.
    »Was sollen wir also tun?« fragte sie
ruhig.
    »Wir werden uns bewaffnen. Orn weiß,
daß es
hoffnungslos ist, aber wenigstens können wir uns das Ungeheuer
eine Zeitlang
vom Leib halten.«
    »Was ist mit der Garde der
Königin?«
    Am anderen Seeufer konnte man sehen, wie die
Palastwache herausstürzte und die Soldaten zu ihren Stellungen
liefen.
    »Sie schützen Ihre Majestät, Thea.
Sie können
das Gelände nicht verlassen. Ich habe eine Idee – du
nimmst die anderen Frauen und
die Kinder, und ihr geht in den Keller …«
    »Nein. Ich will nicht sterben wie eine Ratte im
Loch!«
    Paithan musterte seine Schwester und versuchte
sich darüber klar zu werden, was er ihr zutrauen konnte.
»Aleatha, es gäbe
tatsächlich etwas für dich zu tun. Jemand
muß zur Stadt hinunter und das
Militär alarmieren. Von den Männern können
wir keinen entbehren, und die
anderen Frauen hier sind nicht in der Verfassung für ein
solches Unternehmen.
Es ist gefährlich. Am schnellsten geht es mit der Gondel, aber
wenn dieses*
Biest uns überrennt …«
    Aleatha stellte sich vor, wie der riesige Kopf
des Drachen vor ihr in die Höhe wuchs, wie die gewaltigen
Kiefer nach den
Haltetauen der Gondel schnappten, und sah sich fallen …
fallen …
    Dann stellte sie sich vor, wie sie mit der
Fürstinmutter zusammen in einem dunklen, feuchten Keller
hockte.
    »Ich werde gehen.« Aleatha raffte die
langen
Röcke.
    »Warte, Thea! Hör zu. Geh nicht zu weit in
die
Stadt hinein; du würdest dich verirren. Am besten versuchst du
dein Glück bei
dem Wachposten an der Varseite. Für das erste Stück
kannst du die Gondel
nehmen, dann mußt du zu Fuß weitergehen, aber du
kannst den Posten schon von
der Station aus sehen. Es ist ein Ausguck im Geäst eines
Karabethbaums. Sag
ihnen …«
    »Paithan!« Lord Durndrun kam mit dem
Kehlbogen
aus dem Haus gelaufen. Er deutete auf den See. »Wer zum
Teufel ist das da
unten? Sind nicht alle mit uns zum Haus gekommen?«
    »Ich war ganz sicher.« Paithan kniff die
Augen
zusammen. Das Sonnenlicht auf dem Wasser blendete ihn, es war
schwierig, etwas
zu erkennen. Doch dann sah er eine Gestalt am Seeufer entlanggehen.
»Gebt mir
den Bogen: Ich werde gehen. In der ganzen Aufregung können wir
ohne weiteres
jemanden vergessen haben.«
    »Dort … dorthin … wo der
Drache ist?« Der Fürst
starrte Paithan fassungslos an.
    Wie bei so vielen anderen Dingen in seinem Leben
war Paithan vorgeprescht, ohne nachzudenken. Bevor er eine andere,
dringende
Verabredung vorschützen konnte, um sich aus der
Affäre zu ziehen, drückte Lord
Durndrun ihm schon den Bogen in die Hand und murmelte etwas von einer
Tapferkeitsmedaille. Posthum, höchstwahrscheinlich.
    »Paithan!« Aleatha

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