Elfenstern
schlagt Ihr vor, das wir tun sollen?«
fragte Lord Durndrun.
»Ich … ich …«,
stotterte Paithan und musterte
ratlos die Gruppe von dreißig Angehörigen des
Elfenadels, »ich meine, ganz
bestimmt wißt Ihr …«
»Ziert Euch nicht, Quindiniar«, schnappte
Lord
Durndrun.
»Ihr seid der einzige von uns, der in der
Außenwelt gewesen ist. Ihr seid der einzige, der sich mit
einer solchen
Situation auskennt. Wir brauchen einen Anführer, und der seid
Ihr!«
Und wenn etwas schiefgeht, könnt ihr es mir in
die Schuhe schieben, dachte Paithan, doch natürlich sprach er
es nicht aus,
auch wenn ein kleines wissendes Lächeln um seine Lippen
zuckte.
Wieder begann das Grollen, und der Boden geriet
so heftig in Bewegung, daß einige Elfen auf die Knie fielen.
Man hörte das
Weinen und Schreien der Frauen und Kinder, die man zur Sicherheit ins
Haus
geschickt hatte. Aus dem Dschungel ertönte das Krachen und
Bersten splitternder
Äste, gefolgt von dem heiseren Krächzen erschreckter
Vögel.
»Seht doch! Dort! Im See!« schrie ein
nobler
Elf.
Alle drehten sich um und schauten in die
angegebene Richtung. Die sonst glatte blaue Wasserfläche
kochte und brodelte,
aus der Mitte sah man einen glitzernden, schuppenbedeckten, gewaltigen
Leib
emporwachsen und schlangengleich wieder untertauchen.
»Aha, das hab’ ich mir gedacht«,
murmelte
Paithan.
»Ein Drache!« rief Lord Durndrun. Er
packte den
jungen Elf an den Schultern. »Mein Gott, Quindiniar! Was
sollen wir tun?«
»Ich würde vorschlagen«, sagte
Paithan mit einem
Lächeln, »daß wir alle hineingehen und
unseren voraussichtlich letzten Drink
nehmen.«
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Kapitel 5
Equilan,
Enthial-See
Aleatha bedauerte augenblicklich, daß sie sich zu
den Frauen gesellt hatte. Angst ist eine ansteckende Krankheit, und im
Salon
hing der Geruch von Angst schwer in der Luft. Die Männer
hatten vermutlich
ebenso große Angst wie die Frauen, aber sie wahrten tapfer
den Schein – wenn
schon nicht vor sich selbst, dann wenigstens vor den anderen. Die
Frauen
hingegen waren fähig, ihren Gefühlen freien Lauf zu
lassen, man erwartete es
sogar von ihnen. Doch selbst die Furcht hat ihre gesellschaftlich
bedingten
Abstufungen.
Die verwitwete Fürstin – Lord Durndruns
Mutter
und alleinige Herrin des Hauses, da ihr Sohn noch unverheiratet war
– besaß das
absolute Vorrecht auf Hysterie. Sie war die Älteste, die
Ranghöchste, und es
war ihr Haus. Keine der übrigen anwesenden Damen hatte deshalb
das Recht, im selben
Maß vom Entsetzen übermannt zu werden wie die
Fürstin. (Eine simple Herzogin,
die in einer Ecke ohnmächtig geworden war, fiel der
allgemeinen Mißbilligung
anheim. )
Die Fürstin lag kraftlos auf dem Diwan
hingestreckt, neben ihr kniete die weinende Zofe, badete ihre
Schläfen mit
Lavendelwasser und betupfte den stattlichen, heftig wogenden Busen mit
Rosenöl.
»Oh … oh … oh!«
stöhnte die Fürstin und griff
sich ans Herz.
Um sie herum hatten sich die anderen Ehefrauen
versammelt, rangen die Hände oder fielen sich gegenseitig
leise schluchzend in
die Arme. Ihre Angst griff auf die Kinder über, die auf die
merkwürdigen
Vorfälle anfangs mit mäßiger Neugier
reagiert hatten, jetzt aber ein
gemeinschaftliches Heulkonzert veranstalteten und jedermann im Weg
waren.
»Oh … oh … oh!«
japste die Fürstin und lief blau
an.
»Gebt ihr eine Ohrfeige«, schlug Aleatha
vor.
Die Zofe schien nicht abgeneigt zu sein, aber
die Frauen erwachten lange genug aus ihrer Panik, um schockiert
auszusehen.
Aleatha wandte sich mit einem Schulterzucken ab und ging zu den hohen
Fenstern,
die sich wie Doppeltüren zu der weitläufigen Veranda
öffneten, von der aus man
einen ungehinderten Ausblick auf den See hatte. Hinter ihr wurde das
krampfhafte Atmen der Fürstin leiser, und das Ächzen
verstummte. Vielleicht
hatte sie Aleathas Vorschlag gehört und gesehen, wie die Hand
ihrer Zofe
unwillkürlich zuckte.
»In den letzten paar Minuten war alles
still«,
flüsterte die Frau eines Grafen. »Vielleicht ist es
vorbei.«
Ein unbehagliches Schweigen antwortete ihr. Es
war nicht vorbei. Aleatha wußte es und auch jede andere Frau
im Zimmer. Im
Augenblick herrschte Stille, aber es war eine lastende,
furchteinflößende
Stille, in der Aleatha sich nach dem Jammern der Fürstin
sehnte. Die Frauen
rückten zusammen, die Kinder weinten.
Wieder ertönte das Grollen aus der Tiefe,
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