Elfenstern
Gesundheit und die seiner Familie, auf die Paithan in gleicher Weise
antwortete.
»Welche Ladung führst du?«
erkundigte sich
Gregor und leerte seinen Krug auf einen Zug. Er rülpste
zufrieden und reichte
dem Farmer seinen Krug zum Nachfüllen.
»Spielzeug«, erwiderte Paithan grinsend.
Verständiges Gelächter und wissendes
Augenzwinkern.
»Dann bist du unterwegs nach Norinth«,
sagte ein
Mensch, der ihm als Hamish vorgestellt worden war.
»Ja, in der Tat«, nickte Paithan.
»Woher weißt
du das?«
»Da oben hat man Bedarf an
›Spielzeug‹, hört
man«, antwortete Hamish.
Das Lachen erstarb und machte bei den Menschen
bedrückten Mienen Platz. Die Elfen wunderten sich und
verlangten zu erfahren,
was der Stimmungswechsel zu bedeuten hatte.
»Krieg mit den Seekönigen?«
fragte Paithan und
reichte seinen leeren Krug zurück. Diese Nachricht
würde Calandra in Entzücken
versetzen; er mußte bei nächster Gelegenheit einen
Botenvogel nach Hause
schicken. Wenn irgend etwas seine Schwester in fröhliche
Stimmung brachte, dann
ein Krieg unter den Menschen. Er sah schon vor sich, wie sie die
Profite
durchrechnete.
»Nein«, sagte Gregor. »Die
Seekönige haben ihre
eigenen Schwierigkeiten, wenn es stimmt, was man erzählt.
Fremde, die in primitiven
Schiffen über das Flüsternde Meer kamen, wurden an
die Küste der Seekönige
getrieben. Anfangs haben die Seekönige die
Flüchtlinge gastlich aufgenommen,
aber es kommen immer mehr, und inzwischen fällt es ihnen
schwer, sie alle
unterzubringen und zu ernähren.«
»Sie können sie behalten«, meinte
ein anderer
Mensch, der ebenfalls Händler war. »Wir in Thillia
haben genug Probleme, ohne
daß wir uns noch
fremde Hungerleider ins Land holen.«
Die umsitzenden Elfen lächelten. Sie lauschten
dem Gespräch mit dem selbstgefälligen Behagen jener,
die nicht betroffen sind,
außer vielleicht in Bezug auf ihre Geschäfte. Ein
Anwachsen der Bevölkerung in
der Region bedeutete unzweifelhaft bessere Umsätze.
»Aber … woher kommen diese Fremden
überhaupt?«
wollte Paithan wissen.
Seine Frage löste eine hitzige Debatte unter den
Menschen aus, die erst ein Ende fand, als Gregor sagte: »Ich
weiß es. Ich habe
selbst mit einigen gesprochen. Sie behaupten, sie kämen aus
Kasnar, einem Reich
weit im Norinth, jenseits des Flüsternden Meeres.«
»Warum fliehen sie aus ihrer Heimat? Herrscht
Krieg dort?« Paithan überlegte, ob es schwierig sein
würde, ein Schiff zu
chartern und mit einer Ladung Waffen zu diesem neuen Reich zu segeln.
Gregor schüttelte den Kopf; der rote Bart strich
raschelnd über den mächtigen Brustkorb.
»Kein Krieg«, erklärte er dumpf.
»Zerstörung. Totale Vernichtung.«
Tod und Verderben.
Paithan spürte, wie jemand über sein Grab
schritt; seine Hände und Füße prickelten
seltsam. Das mußte der Vingin sein,
sagte er sich und stellte hastig den Krug ab.
»Sind es Drachen? Ich kann es kaum glauben.
Seit wann greifen Drachen Ortschaften an?«
»Nein, sogar die Drachen fliehen vor dieser
Bedrohung.«
»Ja, was denn für eine Bedrohung?«
Gregor sah mit düsterem Blick in die Runde.
»Tytanen.«
Paithan und die anderen Elfen holten tief Luft,
schauten sich an und begannen prustend zu lachen.
»Gregor, du alter Schwindler! Du hast mich
tatsächlich drangekriegt!« Paithan wischte sich die
Lachtränen aus den Augen.
»Die nächste Runde geht auf mich.
Flüchtlinge und Schiffswracks!«
Die Menschen schwiegen. Ihre Gesichter waren
finster und verschlossen.
Paithan sah, daß sie grimmige Blicke tauschten,
und mäßigte seine Heiterkeit.
»Komm schon, Gregor, ein Scherz ist ein Scherz.
Du hast mich drangekriegt. Ich gebe zu, ich habe in Gedanken schon das
Geld
gezählt.« Er winkte in die Richtung seiner
Landsleute. »Und nicht nur ich – wir
alle. Also laß es genug sein.«
»Ich fürchte, es ist kein Scherz, meine
Freunde«, sagte Gregor. »Ich habe mit diesen
Menschen gesprochen. Das Entsetzen
stand ihnen auf den Gesichtern geschrieben, und man hörte es
aus ihrer Stimme.
Riesenhafte Kreaturen mit dem Körperbau und den Zügen
unserer Rasse, aber
größer als die höchsten Bäume,
kamen aus dem Norinth herunter in ihr Land. Ihre
Stimmen allein vermögen Felsen zu spalten. Sie
zerstören alles in ihrem Weg.
Sie ergreifen Menschen und zerschmettern sie oder zerquetschen sie in
ihren
gewaltigen Fäusten. Keine Waffe vermag sie aufzuhalten.
Weitere Kostenlose Bücher