Elfenstern
Schaffenszeit fast
verstrichen war und es
bald Mittzyklus sein würde. Nachdem er seinen Platz an der
Spitze der Karawane
eingenommen hatte, gab Paithan dem Aufseher das Zeichen zum Abmarsch.
Quintin
schwang sich auf das Leittyro und setzte sich in den Sattel zwischen
den
Hörnern.
Die Sklaven überredeten mit vielen
Schmeicheleien und Koseworten die anderen Tyros, sich hinter dem
Anführer
einzureihen, und dann setzte sich die Karawane in Bewegung. Bald war
sie im
Dschungel verschwunden und ließ die Zivilisation weit hinter
sich.
Paithan legte ein rasches Tempo vor, und man kam
gut voran. Die Verbindungswege zwischen den Ländern der
Menschen und Elfen
werden mit großer Mühe instand gehalten, trotzdem
gibt es schwierige Strecken.
Der Handel zwischen den Reichen ist ein lukratives Geschäft.
Die Menschen
liefern die Rohstoffe – Teakholz, Klingenholz, Drahtranken,
Nahrungsmittel. Die
Elfen sind geschickt in der Weiterverarbeitung dieser Materialien zu
begehrten
und leicht verkäuflichen Gebrauchsgütern. Es herrscht
ein reger Warenverkehr
zwischen den Reichen.
Die größte Gefahr für die
Handelskarawanen waren
Straßenräuber, Raubtiere und die gelegentlichen
Abgründe, die sich in den
Moossteppen auftaten. Die Tyros waren allerdings in schwierigem
Gelände
besonders brauchbar – der Hauptgrund, weshalb Paithan sich
für sie als
Lasttiere entschieden hatte. (Viele Treiber, besonders Menschen,
verstehen mit
dem sensiblen Tyro nicht umzugehen. Die Tiere pflegen sich zu einem
Ball
zusammenzukugeln und zu schmollen, wenn man ihre Gefühle
verletzt.) Das Tyro krabbelt
über die Moossteppen, klettert Bäume hinauf und
überwindet Abgründe, indem es
ein Netz spinnt und hinüber turnt. Diese Netze sind
dermaßen stabil, daß man
einige zu ständigen Brücken umfunktioniert hat, die
von den Elfen gewartet
werden.
Paithan war nicht das erste Mal auf dieser Route
unterwegs. Er kannte die Gefahren und war darauf vorbereitet, folglich
machte
er sich keine großen Sorgen. Mit einem Überfall
durch Straßenräuber war kaum zu
rechnen. Seine Karawane war groß und mit Elfenwaffen
ausgestattet. Räuberische
Menschen zogen es vor, einsamen Reisenden aufzulauern, insbesondere
Angehörigen
ihrer eigenen Rasse. Falls die Wegelagerer allerdings herausfanden, was
er
transportierte, würden sie einiges riskieren, um in den Besitz
der Waren zu kommen.
Bei den Menschen stehen Elfenwaffen hoch im Kurs – besonders
die ›denkenden‹
Waffen.
So ähnelt der Kehlbogen der bei den Menschen
gebräuchlichen Armbrust – es handelt sich um eine
Pfeilwaffe, bestehend aus
Bogen, Sehne, Schaft und Kolben, mit einem Mechanismus zum Spannen und
Lösen
der Sehne. Das Geschoß ist ein durch Magie mit Intelligenz
ausgestatteter
Pfeil, der die Fähigkeit besitzt, ein Ziel wahrzunehmen und
selbständig
eventuell erforderliche Richtungsänderungen vorzunehmen. Die
magische Bolzenschleuder,
eine erheblich kleinere Version des Kehlbogens, trägt man in
einem Holster an
der Hüfte; zum Feuern genügt eine Hand. Weder die
Menschen- noch die
Zwergenmagie ist geeignet, intelligente Waffen zu produzieren; wer
diese Ware
auf dem Schwarzen Markt anbietet, kann den Preis diktieren.
Paithan hatte Vorkehrungen getroffen, um die
Gefahr eines Überfalls auf ein Minimum zu reduzieren. Quintin
(ein Elf, der
schon für die Familie gearbeitet hatte, als Paithan noch ein
Säugling war)
hatte die Körbe mit eigener Hand gepackt, und nur er und
Paithan wußten, was
unter den Puppen, Segelschiffen und Kastenteufeln verborgen lag. Die
Menschensklaven, deren Pflicht es war, sich um die Tyros zu
kümmern, ahnten
nicht, daß ihre Schützlinge außer dem
Spielzeug für Kinder auch das tödliche
Spielzeug der Erwachsenen auf dem Rücken trugen.
Insgeheim hielt Paithan all diese
Vorsichtsmaßnahmen für
überflüssiges Brimborium. Quindiniar-Waffen waren von
allerfeinster Qualität, nicht zu vergleichen mit den Produkten
sonstiger Hersteller.
Zu einem Quindiniar-Kehlbogen gehörte ein bestimmtes Codewort,
das der Besitzer
kennen mußte, um die magischen Eigenschaften zu aktivieren.
Über die
entsprechenden Informationen verfügte nur Paithan, der sie an
den Käufer
weitergab. Doch Calandra huldigte unbeirrt der Überzeugung,
daß jeder Mensch
ein Dieb war, ein Spion und ein Mörder, der nur darauf wartete
zu rauben und zu
morden, zu plündern und zu schänden.
Einmal
Weitere Kostenlose Bücher