Elfenwinter
abzuschaben.
»Die ersten Salme«, stellte Alfadas überrascht fest.
Kalf grinste wie ein kleiner Junge, dem ein Streich gelungen war. »In diesem Jahr sind sie dir durchgegangen, Jarl. Sie kamen mit der Dämmerung den Fjord hoch. Noch sind es nur einzelne. Die ersten Späher des großen Fischzugs.«
Eifersüchtig betrachtete Alfadas die Salme. Die Silberernte hatte begonnen, und er musste fort. Abertausende Salme würden in den nächsten zwei Wochen den Fjord hoch ziehen und weiterwandern, die kleinen Flüsse und Bäche hinauf in die Berge. Sie brachten dem Dorf eine zweite Ernte. Ihr zartes rotes Fleisch würde Firnstayn über den Winter bringen. Schon morgen würden die Feuer in den dunklen Räucherschuppen entfacht werden.
Alfadas ließ sich auf einem Schemel nieder. Es hieß, wer den ersten Salm fing, dem stünde ein gutes Jahr bevor. Er war also bei dem richtigen Mann.
»Geht es gut mit den Kindern?«, fragte Kalf unbeholfen.
»Ja… Nein.« Alfadas rückte seinen Schwertgurt zurecht. Der Griff der Waffe drückte unangenehm in seine Seite. »Es geht den Kindern gut, aber mir geht es schlecht. Ich versuche, es sie nicht merken zu lassen. Ulric werde ich morgen mit mir nehmen, wenn ich nach Honnigsvald reite, um das Heer zu formen. Ich möchte den Jungen noch um mich haben. Kadlin ist zu klein… Und Asla kann nicht fort von hier. Die Salme… Das Dorf braucht in den nächsten zwei Wochen jedes Paar Hände, das arbeiten kann.« Er starrte trübsinnig in das halb herabgebrannte Feuer. »Ich wünschte, ich könnte auch hier sein.«
Kalf nahm sein Messer und zerlegte einen der großen Salme. Er schob die großen Fischstücke auf Spieße und hängte sie über das Feuer. Beide Männer schwiegen. Zischend troff Fett in die Glut.
Alfadas wusste zu schätzen, dass der Fischer ihn nicht mit Fragen bedrängte. Kalf holte einen Kanten altbackenes Brot aus einem Leinenbeutel und legte es auf den Tisch. Dann füllte er einen schlichten hölzernen Becher aus einem Krug.
»Ich bin wegen Asla hier«, brach der Jarl das Schweigen.
Die klaren, blauen Augen des Fischers verengten sich. »So.« Das war alles, was er dazu sagte.
Alfadas wusste, wäre er nicht in jenem Spätsommer vor acht Jahren nach Firnstayn gekommen, dann hätte Asla sich für Kalf entschieden. Der Fischer war damals Jarl. Und Kalf war beliebt im Dorf, obwohl… oder vielleicht auch gerade weil er jemand war, der gemeinhin nicht viele Worte machte.
Der Zauber des Fremden hatte Asla in den Bann geschlagen, als Alfadas mit seinem Vater und den Elfen gekommen war. Nacht für Nacht hatte sie an seinen Lippen gehangen, wenn er am Ufer am Feuer saß und allen Neugierigen von den Abenteuern erzählte, die er mit Mandred und den Elfen erlebt hatte.
Inzwischen war der Zauber des Fremden zu ihrem Fluch geworden, dachte Alfadas bitter. Das war es, was zwischen ihm und seinem Weib stand. Mehr noch als die langen Kriegszüge im Dienste des Königs, die ihn oft für viele Monde in die Ferne führten.
»Wirst du nach Asla sehen?« Alfadas sprach sehr leise. Es kostete ihn große Überwindung, die Worte überhaupt herauszubringen.
Kalf liebte Asla noch immer. Er hätte jede junge Frau im Dorf haben können. Selbst jetzt noch, wo er langsam in die Jahre kam. Seine Beliebtheit war ungebrochen, auch wenn sie ihn nicht mehr zum Jarl wählten. Aber der Fischer hatte es vorgezogen, allein zu bleiben. Alfadas war sich sicher, wenn es Asla nicht gegeben hätte, wären sie beide Freunde geworden. Er empfand großen Respekt vor Kalf, auch wenn er es nicht schätzte, ihn bei seinem Haus zu sehen.
Kalf sah ihn eindringlich an. »Asla ist ein Weib, das sehr gut auf sich allein Acht geben kann, Jarl. Du weißt das.«
»Ich war noch nie im Winter weg.« Alfadas dachte daran, wie er in den letzten Jahren während der dunklen Tage am Feuer gesessen und geschnitzt hatte. Oder wie er mit Ulric über Tische und Bänke getobt war, um wilde Holzschwertduelle auszutragen. Der Winter hatte stets die Wunden des Sommers geheilt. Ganze Nächte hatte er mit Asla im Arm da gelegen und auf das Heulen des Sturmwinds gelauscht. Und sie hatten sich geliebt. Fast jede Nacht. Im Winter hatte er ihr der Mann sein können, den sie sich wünschte.
»Es wird schwer sein für Ulric.« Alfadas' Stimme klang rau wie manchmal morgens, wenn er in der Nacht zuvor zu viel Met getrunken hatte. »Er hat sich auf den Winter mit mir ge-freut. Ich hatte ihm versprochen, ihn mit in die Berge auf die Jagd zu
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