Elfenwinter
nehmen. Wirst du ihm das Jagen beibringen, Kalf?«
Der Fischer lächelte freundlich. »Man lernt das Jagen nicht in einem einzigen Winter. Ich nehme ihn gern mit auf die Pirsch… Aber gräme dich nicht. Du wirst dem Jungen noch eine Menge beibringen können, wenn du wiederkommst.« Kalf nahm einen der Spieße vom Feuer und legte ihn vor dem Jarl auf den Tisch. »Diesmal hast du nicht den ersten Salm des Herbstes gefangen, aber es würde mich freuen, wenn du als Erster von der Silberernte kosten würdest.«
Alfadas wusste die Geste zu schätzen. Vorsichtig biss er vom heißen Fisch ab. Er war köstlich saftig. Fett rann dem Jarl von den Mundwinkeln.
Auch Kalf aß nun. »Wird ein gutes Jahr für Fische«, verkündete er auf beiden Backen kauend.
Alfadas nickte stumm. Hatte Kalf die Andeutung mit der Jagd nicht verstanden? Kein Mann am Fjord würde einen anderen darum bitten, seinen Sohn die Kunst der Jagd zu lehren, es sei denn…
Er kam wohl nicht umhin, klare Worte zu sprechen! Andeutungen waren hier fehl am Platz. Er würde keine Ruhe fmden, wenn er sich nicht sicher sein konnte, dass Kalf ihn verstanden hatte.
»Jeder Sieg wird mit Toten erkauft«, sagte er unvermittelt.
Kalf sah ihn einfach nur an und aß weiter.
»Wenn mir etwas zustößt, dann möchte ich, dass du nach meiner Familie siehst! Ich weiß, wenn du meinen Sohn aufziehen würdest, würde er ein guter, aufrechter Mann werden. Asla denkt sicher genauso.«
Kalf legte seinen Fischspieß zur Seite. »Du bist der beste Schwertkämpfer des Fjordlands. Wer sollte dich bezwingen?« »Dort, wo wir hingehen werden, war ich nicht mehr als ein begabter Schüler. Gegen die Trolle in den Krieg zu ziehen, das ist so aberwitzig, als würde ich dir befehlen, eine stürzende Eiche aufzufangen. Ganz gleich, wie geschickt und stark du bist, der riesige Stamm wird dich zermalmen, wenn du ihm im Weg bist. So wird es sein, wenn wir uns den Trollen in den Weg stellen.«
Kalf runzelte die Stirn. »Das musst du dem König sagen.«
»Er weiß es.«
Der Fischer schüttelte den Kopf. »Das macht doch keinen Sinn.«
»Er will mich loswerden, Kaff. Mich und viele andere Krieger.«
»Du bist nie besiegt worden, Jarl. Warum sollte er dich in den Tod schicken? Er würde sich selbst schaden, wenn er dich opfert. Ich bin sicher, du wirst wiederkehren.«
Alfadas seufzte. Kalf hätte allen Grund, nicht unglücklich zu sein, wenn er nicht wiederkehrte. Schließlich war er es gewesen, der das Leben des Fischers aus der Bahn gebracht hatte. Und jetzt versuchte Kalf, ihm Mut zu machen. Er war der richtige Mann! »Ich weiß, dass du Asla noch immer liebst.«
»Was hat das mit deinem Krieg zu tun?«
»Wenn sie Hilfe braucht, dann sei für sie und die Kinder da. Das ist alles, worum ich dich bitten möchte.«
»Das war ich immer schon«, entgegnete er sanft.
Der Tonfall, in dem Kalf das sagte, versetzte Alfadas einen Stich. »Und du hast schon Recht. Ich bin verdammt schwer umzubringen. Vergiss das nicht.«
Der Fischer lächelte entwaffnend. »Nicht ich bin der Mann, den du davon überzeugen musst.«
Alfadas hatte einen Kloß im Hals. Dieser verdammte Mistkerl!
Er hatte doch allen Grund, sich seinen Tod zu wünschen. Der Jarl öffnete den Lederbeutel an seinem Gürtel und legte einen verschrumpelten Vogelfuß, groß wie eine Kinderhand, auf den Tisch. Ein langer Riemen war daran befestigt.
»Was ist das?«, fragte Kalf verwundert.
»Das Geheimnis, warum die Fische bei mir besser beißen als bei dir. Er ist aus Albenmark. Ich habe ihn von meinem Vater. Der hat ihn einem Pferdemann abgeschwatzt. Ich weiß nicht, zu welchem Vogel dieser Fuß gehört, aber er vermag Fische anzulocken. Man muss ihn nur ins Wasser hängen, still stehen und ein wenig warten.«
Kalf nahm den Fuß, drehte ihn zwischen den Fingern und sah ihn sich von allen Seiten an. »Und ich hatte schon mit den Göttern gehadert, weil du auch noch ein besserer Fischer warst als ich. Hoffe nicht darauf, dass ich ihn dir zurückgebe, wenn du im nächsten Frühjahr wiederkehrst.«
Kalfs Zuversicht hatte etwas Ansteckendes. »Ich werde mir einfach einen neuen Vogelfuß aus Albenmark mitbringen. Glaube nicht, dass ich dich kampflos zum König der Fischer werden lasse.« Der Jarl lachte. Aber plötzlich war die Angst wieder da. Wie ein großer Eisklumpen saß sie in seinem Bauch.
REBELLEN, BAUERN UND AUFRECHTE
»Da ist wieder diese Frau«, sagte Ulric leise. Der Junge saß vor Alfadas im Sattel und deutete auf
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