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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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die schlanke Gestalt, die ein Stück voraus halb verborgen im Schatten einer Birke stand. Alfadas und Ulric hatten Honnigsvald fast erreicht. Den ganzen langen Weg über war ihnen Silwyna gefolgt.
    »Wie kann sie so schnell sein wie wir auf einem Pferd?«
    »Sie ist eine Maurawani«, erklärte Alfadas. »Silwyna gehört zu einem Elfenvolk, das in den Wäldern lebt. Sie hat viel Geschick darin, Abkürzungen zu finden, und wir haben uns ja auch nicht gerade beeilt.«
    »Diesmal läuft sie nicht fort, Vater. Was will sie von uns?«
    »Das werden wir sie fragen.« Die Elfe wartete, an den bleichen Birkenstamm gelehnt. Ihr schwerer Zopf lag ihr wie eine Schlange um den Hals. Sie trug jetzt eine Hose und ein Hemd aus hellem Hirschleder. Die zerrissenen Kleider, mit denen sie ins Fjordland gekommen war, waren verschwunden. Wehmütig dachte Alfadas daran, dass sie ihm einst auch einmal ein Lederhemd geschenkt hatte. Es hatte Fransen gehabt, die verhinderten, dass Wasser durch die Nähte drang. So unendlich lange schien es her zu sein, dass sie gemeinsam durch die Wälder Albenmarks gestreift waren.
    »Du hältst dich gut im Sattel, Junge«, sagte die Elfe freundlich.
    »Mein Vater wird mir ein Pony schenken, wenn wir in Hon-
    nigsvald sind«, erklärte Ulric stolz. »Warum folgst du uns? Und warum bist du nicht bei deiner Königin wie Yilvina?«
    »Ich werde deinem Vater helfen, wenn er die Krieger aussucht, die mit ihm gehen. Außerdem sollen sie schon einmal eine Elfe gesehen haben, bevor sie in mein Land kommen. Und was die Königin betrifft, ist eine Leibwächterin mehr als genug für jemanden, der im Haus eines Freundes ruht. Wir würden deine Eltern beleidigen, wenn stets bewaffnete Wachen um die Königin stünden. Schließlich sind wir hier doch nicht unter Feinden.«
    Ulric nickte kurz. »Warum kämpfen bei euch die Frauen? Bei uns gibt es so etwas nicht.«
    Für einen Augenblick wirkte die Maurawani brüskiert. »Unter uns Elfen gibt es so wenige Männer, dass sie ohne die Hilfe der Frauen nicht siegen können«, antwortete sie schließlich spitz.
    »Führt ihr denn viele Kriege?«
    »Es reicht, Ulric. Es ist unhöflich, jemanden so auszufragen.«
    »Lass ihn nur. Dein Sohn möchte mich halt kennen lernen.« Silwyna ging mit langen Schritten neben ihnen her, während sie weiter einem schmalen Wildwechsel durch den Wald folgten. Die Bäume hatten ein Feuerwerk der Farben entfacht. Jeder Luftzug ließ tausende Blätter herabregnen. Rot, Purpur und Gold umspielte sie. Der Wald feierte ein letztes Fest, bevor die lange Zeit der Dunkelheit und der Stürme begann.
    Alfadas war überrascht, wie geduldig Silwyna auf alle Fragen seines Sohnes antwortete. Sie hatte sich verändert. Äußerlich merkte man ihr nichts an… Oder war er es, der sich verändert hatte? Sah er sie mit anderen Augen? Es gab eine Zeit, da hatte er sie gehasst. Sie hatte ihn gelehrt, was es hieß zu leiden. Und trotz allem war sie noch immer seinem Herzen nahe. Sie zu sehen reichte, um all die lang begrabenen Gefühle wiederzubeleben.
    »Mein Großvater erzählt, es gebe Elfen, die wie Eichhörnchen auf den Bäumen laufen können«, sagte Ulric. »Stimmt das?«
    »Mein Schwiegervater ist ein geschwätziger Greis«, entschuldigte sich Alfadas.
    »Mir scheint, der Junge weiß mehr von Albenmark als du, obwohl er die Wunder meiner Welt nie gesehen hat.« »Ja, Großvater kennt so viele Geschichten!«, bestätigte Ulric begeistert. »Wenn Vater nicht zu Hause ist, kommt er jeden Abend und erzählt uns von der Königin und Elfen, von Großvater Mandred, den Pferdemännern und von Trollen.«
    Er musste mit Erek reden, dachte Alfadas wütend. Es hatte einen Grund, wenn er selbst seinen Kindern nie von Albenmark berichtete, so sehr sie ihn auch bedrängten. Er wollte nicht die Sehnsucht nach dieser fernen Welt in ihre Herzen pflanzen. Sie sollten nicht so wie er immer wieder zum Steinkreis auf dem Hartungskliffblicken und von einer Welt träumen, die sie aus eigener Kraft nicht erreichen konnten.
    »Möchtest du erleben, wie es ist, auf den Wipfeln der Bäume zu laufen, Ulric?«, fragte Silwyna.
    »Du würdest mich mitnehmen?«
    »Wenn du dir zutraust, auf meinem Rücken zu reiten. Dein Vater muss es natürlich erlauben.«
    Alfadas seufzte. Wie sollte er es jetzt noch verbieten! Die Mau-rawani sah ihn mit ihren Wolfsaugen an. Er hatte den Eindruck, dass es ihr viel bedeuten würde, mit seinem Sohn in die Bäume zu steigen. Ob sie Asla um ihre Kinder beneidete?

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