Elfenwinter
Späher den Menschen nachgesetzt hatte. Und das zweite Mal waren es ein Elfenweib und dessen drei Kinder gewesen. Inmitten des Schneetreibens, als die Trolle den Elfenzug überfallen hatten, war er auf ihren Schlitten gesprungen und hatte sie gemordet. Kinder zu töten, war eine besondere Freude. Ihr Licht war reiner.
Vor den Menschen hütete er sich jedoch. Jeder von ihnen führte Eisen mit sich, und wenn es nur ein Messer war oder die Spitze eines Speeres. Etwas in der Art, wie sie das Metall verarbeiteten, war zutiefst widernatürlich. Es störte den Fluss der Magie. Shahondin hatte eine der Waffen berührt, die auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben waren. Vorsichtig, mit ausgestreckter Pfote. Und er hatte mit sengendem Schmerz bezahlt, so als habe er ins Herz einer blauen Flamme gegriffen. Es hatte etwas von der Essenz gestohlen, aus der sein magischer Leib bestand. Das Eisen der Menschen könnte ihn töten. Er musste sich vor ihm hüten! Zum Glück konnte er es schon von Weitem spüren. Es hinterließ eine Disharmonie im Gefüge der Welt. Alles in Albenmark war von Magie durchdrungen. Ihre unsichtbaren Muster waren gestört, wo ein Mensch mit seinen Eisenwaffen entlang ging. Shahondin wunderte sich darüber, dass die Elfen es nicht bemerkten. Vielleicht waren seine Sinne in jenem Leib, in den Skanga ihn gezwungen hatte, auch unendlich feiner. Er war ein Geschöpf der Magie und in weitaus stärkerem Maße mit dem magischen Teil der Welt verbunden, als er es als Elf gewesen war. So konnte er sich vor den Waffen der Menschen hüten, solange er die Bestie in sich in Schach hielt. Er ahnte, dass diese Kreatur in ihrer Gier zu morden jede Vorsicht fahren lassen würde.
Shahondin dachte an den Anführer der Trolle. Ein erstaunlich fähiger Wilder! Der Fürst erinnerte sich, dass Orgrim Zeuge gewesen war, als Skanga ihn verwandelt hatte. Die Trolle waren keine Bedrohung. Sie verabscheuten Waffen aus Eisen, ja aus jeglichem Metall. Dennoch waren sie gut darin, Menschen niederzumachen.
Der Blick des Elfenfürsten wanderte über die himmelragenden Felswände. Die Trolle würden mit sehr viel Blut bezahlen, wenn sie versuchten, Phylangan zu erstürmen. Vielleicht konnte er ihnen helfen? Es sollte ein Leichtes für ihn sein, Angst in die Herzen der Verteidiger zu tragen.
Er ging auf den Fels zu, und sein Leib glitt in den Stein hinein. Dunkelheit umfing ihn. Er ließ sich vom Netz der magischen Muster leiten und spürte, wie es weit über ihm verzerrt war. Die Normirga brachen sich nicht mit Gewalt ihren Weg durch den Stein. Sie hatten ihn auf magische Weise verformt, wo sie Tunnel und Kammern in den Berg getrieben hatten.
Shahondin ließ sich durch das Felsgestein nach oben treiben und erkundete die verborgene Festungsanlage. Parallel zum Gletscher war ein langer Tunnel in den Berghang gegraben, der den Eisstrom flankierte. Die breiten Felsnasen, die sich aus dem Steilhang schoben, waren wie Türme mit mehreren übereinander liegenden Stockwerken versehen. Schießscharten, die man mit Holzläden verschlossen hatte, waren zur Tarnung außen mit einem Grobputz bestrichen, der dem gewachsenen Fels zum Verwechseln ähnlich sah.
Auf den verschiedenen Ebenen der Türme in den Felsvor-sprüngen standen sogar Katapulte bereit, die hinab auf das Eis zielten. Ein einziger Tunnel verband die Stellungen miteinander. Shahondin entdeckte Zugvorrichtungen, die es erlaubten, Abschnitte des Tunnels mit dicken Granitplatten zu blockieren. An anderer Stelle waren Vorräte aus Bruchstein und Steinmehl angelegt. Rührte man das Steinmehl mit Wasser an und vermengte es dann mit Bruchgestein, entstand ein leicht zu verarbeitendes Baumaterial, das schnell aushärtete. Über Nacht konnte man damit Tunnelabschnitte verfüllen. Sich dort hindurchzuarbeiten, wäre nicht weniger mühsam, als sich gleich einen Weg durch den gewachsenen Fels zu schlagen.
Der Elfenfürst glitt in seiner geisterhaften Tiergestalt aus dem Felsen heraus und betrachtete eingehend die Steilwand auf der anderen Seite des Tals. Im letzten Abendlicht entdeckte er regelmäßige Schatten im Gestein. Auch diese Seite war also mit Verteidigungsanlagen versehen. Wenn die Trolle den Gletscher hinaufstürmten, würden sie schon lange, bevor sie das Tor zum Schneehafen erreichten, in ein mörderisches Kreuzfeuer geraten. Skanga sollte das wissen! Ein unbedachter Sturmangriff würde hunderte, ja vielleicht sogar tausende Tote fordern. Selbst der Verbindungstunnel, der dicht unter
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