Elfenwinter
hielt Asla es für zähen Rauch, dann erkannte sie einen Tierkopf. Blut jaulte und kämpfte gegen seine Leine an.
Asla nahm sich Kadlin und wich von der Feuergrube zurück. Ein Wolfskopf, groß wie der Schädel eines Pferdes, erhob sich aus der Glut. Blasses Licht umspielte ihn. Die Reißzähne waren lang wie Dolche. Immer größer wurde das Ungeheuer, das sich aus der Feuergrube erhob. Gleichzeitig erstarb das matte Glühen der Holzscheite. Es wurde dunkler, und eisige Kälte breitete sich aus.
Yilvina griff wie ein Falke im Sturzflug an. Sie wirbelte um die geisterhafte Gestalt herum. Ihre Klingen verschwammen zu funkelnden Lichtbahnen. Wieder und wieder schnitten sie durch den Leib der Bestie, doch die blieb völlig unbeeindruckt.
Mit einem Salto rückwärts wich die Elfe den schnappenden Kiefern aus. Sie landete dicht neben Blut. Ein Schwerthieb zerschnitt das Seil, das den großen Hund zurückhielt.
Mit drohendem Knurren stakste Blut dem unheimlichen Geschöpf entgegen. Seine Schritte waren ungelenk. Er kämpfte gegen die eigene Angst an.
Die Bestie hatte sich nun ganz aus dem Feuer erhoben. Sie war groß wie ein Pferd, und schlank, ja abgemagert. Asla griff nach der schweren Holzkelle im Suppenkessel. Damit bewaffnet fühlte sie sich ein wenig besser, obwohl sie gesehen hatte, wie nutzlos Yilvinas Schwerter gewesen waren. Die Elfe hatte sich bis vor das Lager zurückgezogen, auf dem ihre Königin schlief.
Ein leises Geräusch ließ Asla herumfahren. Ole schob den Vorhang seiner Schlafnische mit seinem Armstumpf zurück. Sein Gesicht war unheimlich blass. Dunkel glänzten seine fiebrigen Augen. »Die Elchkuh!« Stöhnend versuchte er sich aufzurichten. Mit dem Armstumpf tastete er neben sich. »Nehmt die Götterpeitsche. Vertreibt sie!« Die letzten Worte waren ein schriller Schrei. Hektisch suchte er nach der Peitsche. Er konnte die zerschnittenen Lederriemen nicht sehen, die noch immer dicht bei der Feuergrube lagen, dort, wo Gundar die gestohlenen Gaben an die Eisenmänner herausgeschnitten hatte. Es gab keine Peitschen mehr!
Die Kreatur wandte den Kopf in Oles Richtung. Ihre Lefzen zogen sich zurück, was wie ein gieriges Lächeln wirkte. Überraschend schnell war das Geisterpferd bei Oles Schlafnische. Sein Kopf stieß hinab in Oles Brust. Asla hörte ein leises Knistern wie von Pergament. Kurz glaubte sie etwas Goldenes zu sehen. Blut war stehen geblieben.
Asla gab Erek ein Zeichen, ihr zu folgen. Vorsichtig schlich sie in Richtung der Stiefelkammer. Ihr Vater hatte verstanden. Er hielt Halgard fest eine Hand auf den Mund gepresst, damit das blinde Mädchen nicht plötzlich etwas sagte.
Gedankenschnell fuhr die Kreatur herum. Blut sprang sie an und glitt einfach durch den geisterhaften Körper hindurch. Das Wolfspferd versperrte ihnen den einzigen Weg hinaus.
Noch einmal griff Yilvina an. Doch erneut glitten ihre Schwertklingen wirkungslos durch den Leib der Bestie. Eine Stimme drängte sich in Aslas Gedanken. Sie sprach gedehnt. Die Worte waren wie behäbig tropfendes Wachs. »Ich suche das Licht. Es strahlt besonders hell unter deinem Herzen. Bleib stehen. Es tut nicht weh.« Asla wollte die Schöpfkelle heben, doch sie war wie gelähmt. Kadlin begann zu weinen und drückte sich dicht an sie.
Langsam kam das Geisterpferd näher. Blut verstellte ihm den Weg. Mit einem beiläufigen Bissen zerrte die Kreatur etwas Goldenes aus dem großen Hund. Er jaulte auf und krümmte sich zusammen.
Asla hörte ihr Haar knistern, so kalt war es. Jetzt war das Geisterpferd nur noch einen Schritt entfernt.
DER WEG IN DIE TIEFE
»Wir dürfen dich nicht durchlassen.«
Ollowain trat einen Schritt zurück und maß die drei Wachen mit abschätzendem Blick. Die beiden Männer und die Frau trugen nur leichte Leinenrüstungen. Sie strahlten das Selbstbewusstsein erfahrener Krieger aus. »Ihr wisst, wer ich bin?«, fragte Ollowain.
»Der Sohn des Fürsten«, antwortete die Frau.
»Der Befehlshaber aller Truppen in Phylangan«, entgegnete der Schwertmeister scharf. »Ihr werdet euch im Schneehafen melden. Dort wird man euch eine sinnvollere Aufgabe zuweisen, als eine Treppe mitten im Berg zu bewachen.«
»Mit Verlaub, Schwertmeister. Wir gehören zur persönlichen Wache deines Vaters Landoran. Er ist der Einzige, von dem wir Befehle entgegennehmen.«
Ollowain klatschte in die Hände. Hufschlag und kaum hörbare Schritte erklangen weiter oben auf der Wendeltreppe. Orime-des und einige seiner Kentaurenkrieger
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