Elfenwinter
Wichtigtuer vom Mordstein zusammentrifft. Du wirst mir auf ihn aufpassen!«
Das Trollweib mit der Maske schnaubte. »Orgrim konnte bisher gut auf sich allein Acht geben.«
»Missverstehe mich nicht, Birga. Ich bitte dich nicht, dass du gehst. Ich erwarte es von dir.«
»Aber diese Elfe«, die Schamanin deutete zu Lyndwyn. »Ich glaube, sie ist von Bedeutung. Es wäre klüger, es nicht zu überstürzen mit ihr. Sie kann mir sicher…«
»Sieh zu, dass du all deine Antworten bis zur Stunde der Dämmerung bekommst. Jetzt, da der Königsstein auf immer verloren und der Passweg nach Carandamon versperrt ist, gibt es nur noch wenige Dinge von Bedeutung, die uns deine Elfe erzählen könnte. Wenn sie eine Adelige wäre, vielleicht… « Das alte Weib zuckte mit den Schultern. »Mach mit ihr, was immer du willst, aber schnell!« Mit diesen Worten ging die Alte davon.
Die Schamanin murmelte etwas vor sich hin, was Lyndwyn nicht verstehen konnte. Dann ging sie hinüber zu der Haut mit den Messern. Sie wählte eine dunkle, leicht gekrümmte Steinklinge.
»Bist du durstig?«, fragte das Trollweib unvermittelt.
»Nein.« Die Zauberweberin war nicht neugierig herauszufinden, was sie hier zu trinken bekäme.
»Es tut mir Leid, dass nun alles in großer Eile geschehen muss. Dafür will ich mich entschuldigen.« Das riesige Weib richtete sich auf. Sie strich Lyndwyn mit ihren bandagierten Händen durchs Gesicht. Die fleckigen Stoffstreifen stanken nach Verwesung. »Eine schöne Haut hast du. Ihr Elfen habt von allen die vollkommenste Haut. So zart… «
Die Schamanin stand so dicht vor ihr, dass Lyndwyn ihren Atem auf dem Gesicht fühlte. Sie stank nach saurer Milch.
»Ich weiß, dass du eine mächtige Zauberweberin bist. Etwas hat dich erschöpft… Aber du wirst dich bald erholen. Vielleicht sollte ich dir die Zunge herausreißen und dich blenden, um mich zu schützen.« Das Trollweib beugte sich vor und schnupperte an ihr. Lyndwyn wünschte, sie hätte hinter ihre Maske sehen können, um in ihrem Gesicht zu lesen.
»Sehr schön, mein Elflein. Du beginnst nach Angst zu riechen. Nun sag mir, wie bist du auf den Berghang gekommen?«
»Durch Zauberei.«
»Das glaube ich nicht. Du siehst nicht so aus, als wärst du so dumm, dich auf die falsche Seite des Berges zu zaubern. Anfangs versucht ihr immer, mich zu belügen. Aber ich werde es dir leichter machen, dich für die Wahrheit zu entscheiden.« Sie griff nach Lyndwyns rechter Hand und spreizte ihr den kleinen Finger ab. Die Elfe bäumte sich auf, doch gegen die Kraft des Trollweibs vermochte sie nicht anzukommen. »Ich heiße Birga. Man redet besser miteinander, wenn man die Namen kennt. Wirst du mir verraten, wie du heißt?«
»Lyndwyn.«
»Ein hübscher Name.« Die Schamanin hob das Messer. »Ich werde dir jetzt ein wenig wehtun. Es ist keine große Sache. Ich möchte nur, dass du dir besser vorstellen kannst, was ich dir noch alles antun könnte.« Vorsichtig ritzte sie mit dem Messer die Haut des kleinen Fingers. Dabei achtete sie darauf, dass Lyndwyn alles genau sehen konnte. Der Schnitt ging von der Fingerkuppe bis dorthin, wo der Finger aus der Handfläche wuchs. Hier machte die Schamanin einen zweiten Schnitt, der sich wie ein dünner, blutiger Ring einmal um die Fingerwurzel zog. Lyndwyn wurde schlecht. »Ich bin nicht durch Zauberei auf den Berghang gekommen.« So viel konnte sie verraten. Das war kein Geheimnis!
»Das weiß ich doch.« Die Stimme der Schamanin klang freundlich. »Darüber werden wir gleich weiterreden. Es dauert nicht mehr lange.« Vorsichtig schob sie die schmale Steinklinge unter die Haut des Fingers und begann sie vom Fleisch zu lösen.
Lyndwyn wand sich, doch es war unmöglich, dem eisernen Griff des Trollweibs zu entkommen.
»Zapple nicht so, Kleines.« Mit einem Ruck zog sie die gesamte Haut des kleinen Fingers ab. »Sieh nur, wie gut man deine Sehnen und Muskeln sehen kann. Es blutet kaum. Es erfordert einige Übung, um so sauber eine Haut abzuziehen.« Die Scha-manin nahm ein Knochenmesser und spießte den kleinen Hautstreifen damit auf den gegenüberliegenden Schild, sodass Lyndwyn ihn gut sehen konnte.
Der Elfe war übel. Ihr Finger brannte, als halte man ihn in eine Flamme. Sie wagte es nicht, ihn anzusehen. Du kannst das durchstehen, ermahnte sie sich in Gedanken. So wirst du Ollo-wain retten!
Birga strich ihr mit der bandagierten Hand über das Gesicht. Ein wenig frisches Blut schimmerte auf dem Stoff. »Du ahnst nicht, was
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