Elfenwinter
sah zu ihm auf Ihre Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst, als kämpfe sie gegen einen jähen Schmerz an. Dann strich sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn, straffte sich und blickte den Wehrgang entlang. Fast die Hälfte der Verteidiger war schon die Leitern hinab oder einfach in den Schnee gesprungen.
»Was seid ihr Männer nur für ein seltsames Volk!«, rief sie und rieb ihre Hände. »Es ist das erste Mal seit zwei Wochen, dass ich nicht friere, und ihr habt nichts Besseres zu tun, als von hier wegzukommen und diesen lauschigen Platz den Trollen zu überlassen. Ich verstehe euch nicht! Was mich angeht, ich werde noch etwas bleiben.« Sie hob ihr Schwert und wich einer Flammenzunge aus, die dicht neben ihr durch die Bretter schlug. Etliche der Flüchtenden hielten beschämt inne. Auch viele der Kämpfer, die die Palisade schon verlassen hatten, drehten sich um und sahen zu ihr hinauf. In ihrem schweren Kettenhemd, das Schwert erhoben, von Rauch und Flammen umspielt, sah sie aus wie eine von Norgrimms Schwertmaiden oder gar Svanlaug selbst.
Ein Eisklumpen streifte Asla und riss ihr den Helm vom Kopf. Sie strauchelte. Kalf griff nach ihr, doch sie schob ihn zurück. Schon hatte sie sich wieder in der Gewalt.
Mit lautem Krachen brach ein Balken der Palisade. Die Trolle grölten.
»Geh hinunter und sorg dafür, dass sich jeder eine blutige Nase holt, der seinen Kopf durch die Bresche steckt«, befahl sie Kalf. Dann wandte sie sich an die übrigen Männer. »Jeder Einzelne von uns wird sterben. Heute, morgen oder in fünfzig Jahren. Luth allein weiß, wann unsere Stunde gekommen ist. Aber ein wenig liegt es auch an uns, auf welche Weise wir unsere letzte Reise antreten. Ich weiß, dass ich lieber hier oben verbrennen werde, als dass ich mich von einem Troll auf der Flucht erschlagen lasse. Doch diese Wahl muss jeder von euch selbst treffen.«
Kodran, der schon an einer Leiter stand, trat auf den Wehrgang zurück. »Asla hat Recht. Ich lass mir von den Trollen doch nicht die Gelegenheit vermiesen, mir hier oben meinen Hintern ein wenig aufzuwärmen.« Er eilte zurück zu seinem Platz auf dem Wall. Andere folgten ihm.
Das Geräusch splitternden Holzes übertönte den Gesang der Flammen. Kalf zögerte noch einen Augenblick. Erst als er sich sicher war, dass sein vermeintlicher Rückzug die Stimmung nicht wieder umschlagen ließ, sprang er vom Wehrgang.
»Bogenschützen zu mir!«, rief er aus Leibeskräften.
Die ganze Rückseite der Palisade war ein Flammenmeer. Fast genau in der Mitte des hölzernen Walls hatten die Trolle ihre Bresche geschaffen. Sie arbeiteten verzweifelt mit ihren Steinäxten, um die Lücke zu verbreitern. Einige Knaben mit Bögen kamen herangelaufen. Die Ältesten von ihnen hatten vielleicht vierzehn Sommer gesehen. Sie waren das letzte Aufgebot.
»Schießt in die Bresche!«, befahl Kalf. »Sigvald! Bring die letzten Reisigbündel zur Bresche. Wir wollen doch mal sehen, was unsere Freunde sagen, wenn sie nach dem Wall aus Holz vor einer Feuerwand stehen.«
Die Jungen machten ihre Sache gut. Mit einigen gezielten Schüssen hatten sie die Trolle aus der Bresche vertrieben. Die Flammen schlugen inzwischen weit über die Brustwehr hinaus. Die dicken Stämme, aus denen der Verteidigungswall gefügt war, begannen zu brennen. Die Flammenwand würde die Trolle für Stunden aufhalten.
Besorgt blickte Kalf zum Wehrgang hinauf. Ein Mann sprang schreiend in den Schnee hinab und schlug noch im Fallen auf seine brennende Hose ein. Asla ging immer noch auf ihrem Abschnitt des Walls auf und ab. Scheinbar seelenruhig, so wie ein Wachtposten in einer lauen Sommernacht mitten im Frieden. Ihr Gesicht war von Ruß geschwärzt.
Der Fischer fluchte. Kannte sie denn keine Gnade mit sich? Sie beugte sich über die Brustwehr und blickte zu den Feinden hinab. Dann endlich winkte sie ihren Männern. »Runter hier, bevor uns die Schuhsohlen braten!« Selbst jetzt wartete sie noch, bis die anderen den Wehrgang verlassen hatten. Flammen versperrten ihr den Weg zur nächsten Leiter. Kalf begann zu laufen. Sie durfte nicht springen! Nicht mit dem Kind im Bauch! Asla schwang sich hinab. Kalf konnte sehen, dass sie hart aufkam. Die Hitze des Feuers hatte den Schnee dicht beim Wall schmelzen lassen. Der Boden war steinig. Schwankend kam Asla hoch.
Er griff ihr unter die Arme, um sie zu stützen. Ihr Gesicht war schwarz wie Rabenfedern, das schöne blonde Haar von der Hitze versengt.
»Lass mich!«,
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