Elfenwinter
Gestalten auf dem Eis nicht genau erkennen können. Es mussten die Trolle sein! Sie zogen weiter nach Süden, um sich neue Opfer zu suchen.
Eigentlich hatte Ulric erwartet, dass Yilvina als Elfe selbst bei Nacht noch auf eine Meile Entfernung ein Perlhuhn von einem Schneehasen unterscheiden könnte. Aber die Elfe sagte, ihr sei so schwindelig, dass sie kaum ihre eigenen Füße sehen könne. Deshalb hatten sie entschieden, einen Bogen um die Gestalten auf dem Eis zu machen.
Wenn er nur nicht so müde wäre, dachte Ulric verzweifelt. Gut, dass Blut ihnen einen Weg in den tiefen Schnee pflügte. Ulric hätte nicht die Kraft dazu gehabt. Sobald er die Spur verließ, versank er bis über die Knie im Schnee. Er würde wahrscheinlich keine Meile weit kommen. Es war besser, sich auf die Kraft des Hundes zu verlassen.
Halgard hielt sich an Bluts Schwanz fest. Zuerst hatte Ulric sich Sorgen gemacht. Er wusste, dass Hunde es eigentlich nicht mochten, wenn man sie am Schwanz zog. Aber Blut hatte es über sich ergehen lassen. Vielleicht spürte er ja, dass Halgard keine andere Wahl hatte. Manchmal stützte sie sich sogar auf den Hund auf. Ohne ihn wäre ihre Flucht schon lange gescheitert.
Gestern hatten sie einen Hof gefunden, der niedergebrannt und ausgeplündert war. Ulric hatte gelernt, dass es keinen Unterschied machte, ob man zwischen vier Wänden ohne Dach übernachtete oder zwischen ein paar Felsen, die sie vor dem Wind schützten.
Der Junge blickte zu Yilvina. Man konnte sehen, wie sie die Zähne zusammenbiss. Sicher hatte sie große Schmerzen. Dunkles Blut sickerte durch ihren Verband. Alle paar Schritt fiel ein dicker, roter Tropfen in den Schnee. Aber bei der breiten Fährte, die der Hund legte, mussten sie sich darum nicht mehr scheren. Man musste kein geübter Fährtenleser sein, wenn man sie verfolgen wollte. Es genügte, Augen im Kopf zu haben. Selbst bei Nacht war die tiefe Furche im Schnee unübersehbar.
Yilvina blickte zurück. Sie stützte sich gegen einen schneeüberzogenen Birkenstamm und blinzelte. Wütend schüttelte sie den Kopf.
Der Junge stutzte. War da ein Geräusch? Ulric schaute sich die Augen aus dem Kopf, konnte aber nichts erkennen. Schon nach wenigen Schritt verschwammen die dicht an dicht stehenden Baumstämme mit der Nacht zu einer undurchdringlichen schwarzen Mauer. Knirschten da Schritte im Schnee? Oder war es nur ein Geräusch von Ästen? Wer sollte ihnen folgen?
Ulric dachte an den Kampf im Trolllager. Yilvina und Blut waren mitten in der Nacht erschienen. Die Elfe hatte nur ihn und Halgard holen wollen. All die anderen Gefangenen hatten sie nicht gekümmert. Das war nicht gerecht! Er hatte dagegen aufbegehrt. Dadurch erst waren andere aufmerksam geworden. In Dunkelheit und Kälte war jeder mit sich beschäftigt gewesen. Die meisten hatten geschlafen. Manche hatten steif dagelegen. Erfroren.
Ulric wusste jetzt, wie man die Toten von den Schlafenden unterschied. Bei den Toten blieb Schnee in der feinen Linie zwischen den Lippen liegen.
Als er verlangt hatte, dass die Elfe sie alle rettete, hatten die anderen Gefangenen sich um sie geschart und mitgenommen werden wollen. Und dann waren die Wächter gekommen. Zwei Trolle mit Steinäxten. Yilvina hatte weniger Zeit gebraucht, sie zu töten, als Mutter benötigte, um ein Huhn zu schlachten und auszunehmen. Ulric wünschte sich, dass er auch einmal so kämpfen könnte. Die Elfe bewegte sich schneller, als seine Augen ihr zu folgen vermochten.
Als die Trolle tot im Schnee gelegen hatten, hatte Yilvina ihn und Halgard gepackt. Unter den anderen Gefangenen war daraufhin ein Tumult ausgebrochen. Wer immer die Kraft gehabt hatte, noch ein paar Schritte zu gehen, hatte versucht, die Gunst der Stunde zu nutzen und zu entkommen. Ein heilloses Durcheinander war entstanden. Weitere Wächter waren herbeigelaufen, doch irgendwie hatte es Yilvina geschafft, ihnen zu entgehen.
Sie hatten das Lager schon ein gutes Stück hinter sich gelassen, als plötzlich dieser Kerl aufgetaucht war. Ein Krieger, der selbst unter Trollen ein Riese war. Seinen nackten Bauch hatte er mit den Abdrücken blutiger Hände geschmückt. Er hatte eine frisch geschnittene Keule in der Hand gehabt und war aus einem Wald heraus geradewegs auf sie zugekommen.
Yilvina hatte sie beide in den Schnee fallen lassen und den Troll aus dem Lauf heraus angegriffen. Eine ihrer Klingen hatte ihn getroffen. Der verwundete Troll hatte wie ein brünstiger Elch geschrien und war in die Knie
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