Elfenwinter
versucht hatte, Emerelle zu töten? Hatte er die Verkleidung durchschaut? Oder glaubte er, dass die Königin auf ihrer Prunk-Liburne aus dem Hafen geflohen war?
Ollowain spürte etwas Warmes über seine Hand rinnen. Die Wunde in der Brust der Königin blutete wieder. »Im Palast werden wir dir helfen«, flüsterte er und stützte ihren Kopf. Sie konnte ihn nicht hören, sagte ihm seine Vernunft, und dennoch hoffte er, dass er ihr auf irgendeine Weise beistand. Er fühlte sich weniger hilflos, solange er mit ihr redete.
»Es ist nicht mehr weit. Landolin wird dich heilen. Niemand webt so kunstvolle Heilzauber wie er.« Jetzt erst bemerkte Ollo-wain, dass die Kentauren angehalten hatten. Sie waren auf dem runden Platz auf der Kuppe des Hügels angelangt. Die Paläste waren Gartenanlagen gewichen. Hier hatten die Feuerkugeln kaum noch Schaden angerichtet. Von der Kuppe konnte man weit hinaus auf das Meer sehen, und man überblickte auch einen großen Teil der Stadt. Der Hafen, die Lagerhallen und der Palastturm des Fürsten von Reilimee, der am Ende eines steinernen Piers stand, waren ein Raub der Flammen geworden.
In den Vierteln, die weiter entfernt vom Meer lagen, gab es nur wenige Brände. Doch Ollowain konnte sehen, wie der heiße Wind das Feuer weiter landeinwärts trieb in Richtung einer einzelnen, großen Flammensäule: Emerelles Palastturm! Dem Schwertmeister stockte der Atem. Der Turm lag weit außer Reichweite der Katapulte, und der Funkenflug hatte das Feuer noch längst nicht so tief in die Stadt hineingetragen. Jemand musste den Turm der Königin in Brand gesetzt haben! Die Verschwörung gegen Emerelle war noch umfassender, als er befürchtet hatte.
»Was nun, Schwertmeister?«, fragte Orimedes müde. Der Kentaur gab seinen Männern ein Zeichen, die Sänfte abzusetzen. »Wohin gehen wir jetzt?«
Der Elf starrte noch immer fassungslos auf den brennenden Turm. War es möglich, dass Emerelle eine so groß angelegte Verschwörung verborgen geblieben war? Oder hatte sie um all das, was kommen würde, gewusst? Jetzt erinnerte er sich wieder an die Art, wie sie Matha Murganleuk angesehen hatte, den riesigen, beseelten Baum im Magnolienhof. Sein Gefühl hatte ihn nicht getrogen…
Emerelle hatte Abschied genommen. Sie musste um das Schicksal des Palastes gewusst haben.
»Ollowain!« Orimedes stand nun vor ihm. »Wohin gehen wir?«
Der Schwertmeister sah sich hilflos um. »Wir können es nicht wagen, sie in der Sänfte dort hinunterzubringen. Wer auch immer den Palast in Brand gesetzt hat, wartet nur darauf, die Königin in seine Gewalt zu bekommen.«
»Unsinn!«, murrte der Kentaurenfürst. »Das ergibt keinen Sinn. Durch den brennenden Palast sind wir doch gewarnt. Es wäre viel einfacher gewesen, uns dort in einen Hinterhalt zu locken.«
»Vielleicht fühlen sie sich so überlegen, dass ihnen das gleich ist. Sie wissen, dass wir ihnen nicht mehr entkommen können.«
»Sie. Sie. Sie!« Orimedes' Schweif peitschte wütend durch die Luft. »Wer soll das sein? Wer beschießt die Stadt? Wer hat den Palast in Flammen gesetzt? Vielleicht gibt es auch eine ganz einfache Erklärung für den brennenden Turm. Funkenflug. Oder eine umgestürzte Lampe…« Seine Stimme verebbte. Auch ihm musste klar sein, dass keine Lampe dieses Feuer verursacht haben konnte.
Gondoran war aus dem Nachen geklettert und zu ihnen hinübergekommen. Er stieg auf eine Marmorbank und blickte hinab zum Palast. »Sie hat dies geahnt, als sie uns befahl, die Sänfte zu zimmern.«
Ollowain blickte auf. »Sag das noch einmal!«
»Was?«
»Die Königin hat euch beauftragt, diese Sänfte zu bauen?« Wie waren Emerelles Worte kurz vor dem Aufbruch gewesen? Habe ich dir schon Gondoran vorgestellt, den Bootsmeister meines Palastes? Es war seine Idee, diesen Nachen zur Sänfte umzubauen. »Habt ihr die Sänfte der Königin nicht zum Geschenk gemacht?«
»So war es«, bestätigte der Bootsmeister. »Aber sie hatte sich eine Sänfte wie diese gewünscht. Sie hat mir aufgetragen, ein Boot der Muschelfischer aus den Mangroven auszusuchen.«
»Aber sie sagte doch… «
Der Anführer der Holden unterbrach Ollowain. »Ich weiß, was sie auf dem Magnolienhof sagte. Auf eine gewisse Weise war es tatsächlich meine Idee. Ich habe diesen Nachen unter einem Dutzend ausgesucht. Aber dass überhaupt ein Boot zur Sänfte umgebaut wurde, geschah auf ihren Wunsch hin. Vielleicht wollte sie uns mit dem, was sie auf dem Magnolienhof sagte, einen Hinweis
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