Elfenzauber (Mithgar 1)
am Ufer des Argon zum Fluss, wo sie einem überwachsenen Pfad folgten. Eine Viertelmeile weiter erreichten sie flussabwärts die Anlegestelle der Fähre. Vom Pier führte ein ausgetretener Pfad neben dem Fluss weiter nach Süden. Alle stiegen ab und freuten sich, nach dem langen Ritt ein wenig umhergehen zu können; dann zog Vanidar am Glockenseil, um den Fährmann zu rufen.
Nach einer Weile legte die Fähre mit vier Mann an den Rudern vom Inselpier ab. Ein Maultier stand zwischen ihnen. Bei der Überquerung trieb die Strömung die Fähre nach Süden ab. Sie würde unterhalb der Elfen flussabwärts vom Pier anlegen.
»Sollen wir zu ihnen reiten?«, fragte Melor.
Silberblatt schüttelte den Kopf und zeigte auf den Weg am Ufer. »Das Maultier wird die Fähre hierher ziehen, sonst würden wir die Insel auf der Rückfahrt verfehlen.«
Arin hob eine Augenbraue. »Warum sollten wir zur Insel fahren? Wir wollen doch ans andere Ufer und nicht auf die Insel.«
Rissa lachte laut, denn sie hatte diese Fahrt schon einmal gemacht, und Vanidar sagte: »Die Flussleute haben es so eingerichtet: eine Fähre, die uns gegen Bezahlung zur Insel bringt, und eine andere Fähre, die zum anderen Ufer fährt… natürlich gegen eine zweite Bezahlung.« Vanidar fiel in Rissas Gelächter ein.
»Huah! Wasserstraßenraub«, verkündete Ruar, lächelte aber dabei.
Melor knurrte, »Unerhört«, doch Perin und Biren sahen einander an und zuckten die Achseln.
Einige Zeit später kam das Maultier mit der Fähre im Schlepptau über den Pfad getrottet, wobei das Tier von einem Mann geführt wurde, während die anderen drei mit Stangen dafür sorgten, dass die Fähre nicht ans Ufer stieß und irgendwo hängen blieb.
»Ihr könntet uns rudern helfen«, sagte der Flussmann und spie in den Argon, um dann mit seinem stoppeligen Kinn auf die zusätzlichen Ruder zu zeigen. Er und seine Kameraden legten sich bereits in die Riemen.
»O nein, guter Mann«, erwiderte Ruar. »Für die nicht unerhebliche Summe, die wir Euch bezahlt haben, werden wir auf der Überfahrt keinen Finger rühren.«
»Bei dieser Last könnten wir die Insel verpassen, solltet Ihr wissen«, erwiderte der Flussmann. »Und die Bellon-Fälle heruntertreiben und in den Kessel stürzen.«
»Bitte, nur zu«, sagte Ruar fröhlich, denn er wusste ganz genau, dass die gewaltigen Bellon-Fälle hundert Meilen weiter flussabwärts waren, wo der Argon über den Rand des Hohen Abbruchs und tausend Fuß in die brodelnden Tiefen des so genannten Kessels stürzte. »Ich wollte schon immer einmal im Kessel schwimmen.«
Der Flussmann knurrte, sagte aber nichts mehr und legte sich mächtig in die Riemen, denn er wusste, wenn sie tatsächlich die Insel verpassten, würden sie keine doppelte Bezahlung kassieren.
Die Barke landete gut drei Meilen weiter flussabwärts am langen Ufer der Insel Olorin, wo die Elfen ausstiegen, aufsaßen und dem Treidelpfad zur Nordspitze der Insel folgten, wo die zweite Fähre festgemacht hatte.
Während sie am Ufer entlangtrabten, sahen sie Boote vom Inselufer ablegen und in den Strom rudern, wo die Ruderer Treibgut einholten, das auf den Wellen schaukelte.
Vanidar zügelte sein Pferd zu einem langsamen Schritt, erhob sich in den Steigbügeln und schirmte die Augen vor der Mittagssonne ab. Die anderen wurden ebenfalls langsamer.
»Umh«, murmelte Silberblatt. »Das sieht ganz so aus, als sei weiter flussaufwärts ein Schiff gekentert.«
»Die Schnellen?«, fragte Arin.
»Höchstwahrscheinlich«, antwortete er und seufzte dann. »Das ist noch eine Erwerbsmöglichkeit der Flussleute. Sie bestreiten einen Teil ihres Lebensunterhalts mit dem Unglück anderer.« Er spornte sein Pferd wieder zu einem rascheren Tempo an, und seine Begleiter folgten seinem Beispiel.
Nach kurzer Zeit erreichten sie das Nordende der Insel und ritten zwischen den wenigen Wohnhäusern hindurch, größtenteils baufällige Hütten, obwohl hier und da auch ein stabiler gebautes Haus stand. Erwachsene waren nicht zu sehen, aber ein paar kleine Kinder – schmutzig und schlecht gekleidet – standen am Pier und sahen zu, wie die Ruderer das Treibgut aus dem Wasser fischten. Die Kinder drehten sich um und betrachteten die an ihnen vorbeireitenden Elfen. Erst nachdem die Fremden verschwunden waren, wandten sie sich wieder dem Strandgut zu.
Als der Trupp schließlich bei der Westfähre ankam und abstieg, war nur ein Maultier da, um sie in Empfang zu nehmen.
»Wo ist die Besatzung?«, fragte
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