Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt
und krachte es, und der Getreue wurde kurzzeitig in ein gespenstisches Licht getaucht. Das Wasser lief in Bächen an ihm hinab, doch es störte ihn nicht.
Dann sammelte der Getreue seine Kräfte, hob die Hände, die den Stab umklammerten, hoch – und dann trieb er ihn in eine Fuge zwischen den Steinplatten. Es gab ein kreischendes und knirschendes Geräusch, als der Boden nachgab, wie das Schleifen von Metall, und entsprechend schlugen auch die Funken in die Höhe. Wenn jetzt die Menschen aufmerksam geworden wären, hätte der Getreue nicht mehr innehalten können. Von seiner eigenen Wucht getragen, trieb er den magischen Stab immer tiefer in den Boden hinein, bis er ganz darin verschwunden war und die Platten sich wieder über das Loch schoben. Der Boden glühte immer noch und zeigte den leuchtenden Stab in seinem Inneren, aber das würde nicht mehr lange anhalten. Der Getreue verharrte, einerseits tief erschöpft, andererseits spürte er die ungeheure Kraft, die aus dem Boden drang.
Der Knoten war angezapft, der Stab bildete die Antenne. Keuchend sank der Getreue auf die Knie und sog die Energie tief in sich ein. Nebliger Dunst bildete sich um ihn, der von innen heraus glühte. Seine beiden Helfer stießen ächzende Geräusche aus und wurden neben ihm sichtbar, überwältigt von dem Ausstoß an Kraft.
Nur wenige Augenblicke, dann war der Spuk vorbei. Das Glühen erlosch, und die Quelle wurde geschlossen.
Der erste Stützpunkt war gesetzt. Nun war dieses Gebiet eine Bastion des Schattenlandes. Kein Crain konnte es mehr betreten, andernfalls würden ihm all seine Kräfte abgesaugt – und dem Getreuen zugeführt.
Direkt zugreifen auf den Kraftfeldknoten aber konnte nur noch Bandorchu, sobald sie das Portal öffnete. Die Bastion würde ihr Kraft spenden, vielleicht konnte sie dadurch das Portal länger offen halten. Und ganz sicher würde dies dazu beitragen, ihre Lebensspanne zu verlängern.
Der grimmige Mann erhob sich. Das erste Werk war vollbracht. Seine Gebieterin würde zufrieden sein. Er wünschte, er könnte bei ihr sein, um ihr das Geschenk persönlich zu überreichen. Schaudernd erinnerte er sich an ihr gemeinsames Gemach.
Aber noch war es nicht so weit. Es gab zu viel zu tun, und das Öffnen des Portals beanspruchte zu viel Kraft von Bandorchu. Er musste sich gedulden, doch eines Tages würden sie das Vermisste gewiss ausführlich nachholen.
»Geh, Cor!«, befahl er. »Kau, für dich habe ich eine andere Aufgabe.«
Seine Gehilfen frohlockten.
»Was darf ich tun, Herr?«, fragte der Kau.
»Die dürre Frau und die Lieder. Bring sie mir!«
14 Recherchen
Am nächsten Tag erwachte Nadja und tappte müde in ihr privates Bad. Die Jagd auf Schatten und das Weingelage mit den Elfen steckten ihr in den Knochen, sie fühlte sich völlig übermüdet.
Als sie zurückkam und auf die Uhr schaute, sah sie, dass es erst sieben war. Noch fast in der Nacht, wenn man bedachte, dass sie sonst nicht vor neun Uhr aufstand! Sie konnte sich gar nicht mehr erinnern, wann sie ins Bett getorkelt war – es war wohl gegen Mitternacht gewesen.
Nachdem sie am Nachmittag irgendwann mit dem Schreiben in Fluss gekommen war, hatte sie Stunde um Stunde gearbeitet und gar nicht gemerkt, wie die Zeit verging. Zwischendurch hatte Robert oder einer der Elfen nach ihr gesehen, Wein und etwas zu essen gebracht.
Nadja hatte alles zu sich genommen, ohne es richtig wahrzunehmen, einsilbige Antworten gegeben, von denen sie nicht wusste, ob sie in einem Zusammenhang standen, und wie in Trance geschrieben. Stunde um Stunde, bis ihr Verstand leer war. Ohne nach den Gästen zu sehen, war sie ins Bett gefallen und sofort eingeschlafen.
Nachdem Nadja fertig angezogen war, schaute sie auf ihr Handy und sah, dass eine SMS eingegangen war. Sie stammte von Charles.
Kannst du heute vorbeikommen? In Sébastiens Suite. Ab acht Uhr
.
Still für sich nickte sie. Ja, ein guter Moment. Sie weckte den schlummernden Laptop und druckte den Text aus, den sie geschrieben hatte, packte ihn in ihre Tasche und verließ leise das Zimmer. Dann warf sie einen Blick ins Wohnzimmer.
Hatte sie es sich doch gedacht: David lag in tiefem Schlaf auf dem Sofa. Der Tisch war voller Essensreste, schmutziger Gläser und leerer Flaschen. Und als Krönung stand auf alledem ein überquellender Aschenbecher. Der Gestank nach kaltem Rauch, Weindunst und kalter Pastete war überwältigend. Aber wenn sie jetzt ein Fenster öffnete, würde die frische Luft David garantiert
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