Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin
glaubte Robert, dass der Kerl als Nächstes aufspringen und ihm seine verfaulten transsilvanischen Reißer in den Hals schlagen würde. Dann fiel ihm zu seiner Erheiterung ein, dass seine Begleitung das sicher nicht kampflos zulassen würde.
Auf Roberts Gesicht machte sich ein Grinsen breit. Irritiert blickte Jarosh ihn an. Anne hingegen schüttelte missbilligend den Kopf.
Ich bin verdammt noch mal angesoffen
, dachte Robert, unterdrückte ein Kichern und blickte angestrengt auf seine Armbanduhr. Innerhalb der letzten Stunde hatte er mindestens drei Runden Bier und Schnaps geschafft und fühlte sich allmählich auch so. Er war das überhaupt nicht mehr gewohnt. Der Sliwowitz wirkte wie eine inwendige Sauna, während der Goldfasan im Glas träge durch seine Adern blubberte und in seinem Kopf ein Lager voller Wattebäusche anlegte.
Anne schien den mittäglichen Alkoholexzess wegzustecken, als hätte sie nur ein Tässchen Kaffee zum Kuchen genommen.
»Also, was ist nun mit dieser Gräfin? Spukt die hier herum?«, fragte Robert, da ihm dämmerte, dass sein maximaler Pegel bald erreicht sein würde.
Ein Eimer Eiswasser über den Kopf hätte keine schlimmeren Auswirkungen auf die Anwesenden haben können. Die Mienen der Männer gefroren zu Steinmasken. Jarosh, der redselige Alte, umfasste seine Bierflasche so krampfhaft, als wollte er sie zerquetschen. »Darüber Witz machen, ist nich’ gut«, sagte er steif.
»Okay, Mann, hast ja recht«, versuchte Robert die Situation zu retten. »Dann zeigt uns wenigstens das Museum, das hier angeblich sein soll. Zu einer Bergbesteigung bin ich ohnehin nicht mehr fähig.« Er kicherte, und als der Wirt plötzlich neben ihn trat und die Rechnung auf den Tisch knallte, fiel er vor Schreck beinahe vom Stuhl.
»Alle Achtung! Ganz schön zackig für so einen Tattergreis«, flachste Robert und griff ungeschickt nach seiner Brieftasche.
Die Männer rückten auf. Drohend vorgebeugt, das Kinn gesenkt und visionäre Hörner auf ihr Opfer gerichtet.
»Genug!« Ein Wort aus Annes zart geschwungenem Mund reichte, um sie zurückprallen zu lassen. In der nächsten Sekunde erhob sie sich, legte ein paar Euroscheine auf den Tisch, packte Robert am Arm und zwang ihn aufzustehen.
»Die Lady will gehen«, kommentierte der Fotograf und machte einen unfreiwilligen Ausfallschritt zur Seite.
Sie waren gerade an der Tür angekommen, da rief Jarosh: »Das Museum ist linksrum in der Straße.«
Als Robert mit Anne draußen stand, fühlte er sich, als wirbele die geballte Ladung frischen Sauerstoffs sein Gehirn durcheinander. »Schlechter Plan, ganz schlechter Plan«, murmelte er.
»Das denke ich auch«, gab Anne zurück. »Je länger die Reise dauert, desto tiefer rutschst du in alte Verhaltensmuster ab. Faulenzen, Schnaps am Mittag … Was kommt als Nächstes?«
Er lächelte schief. »Du hättest mich aufhalten können.«
»Ja, hätte ich.« Sie zog die Brauen zusammen, schmunzelte aber. »Andererseits hat es der Arbeit am Buch gedient, irgendwie. Als Muse muss man eben mit beidem hantieren: Zuckerbrot und Peitsche.« Sie gab ihm einen ordentlichen Streich auf sein Hinterteil. »Ich denke, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die zusätzliche Spazierrunde zu absolvieren. Und wenn ich die Beschreibung in der Broschüre richtig in Erinnerung habe, dauert der Aufstieg zur Burg nur eine knappe Stunde.«
Robert stöhnte auf.
Zwei Drittel der Wegstrecke marschierten sie eine schmale Teerstraße entlang bis zu einem verlassenen Besucherparkplatz. Von dort ging es über einen unbefestigten Pfad bis hinauf zum Gipfel, auf dem die Reste der Burg Čachtice aufragten wie bröckelige Zähne im Mund eines Riesen.
Robert keuchte. Trotz des bedeckten Himmels drückte die Hitze jeden noch so kleinen Tropfen Schweiß aus ihm heraus. Der Alkohol in seinem Blut schien sich in Blei verwandelt zu haben und machte jegliche Bewegung zu einer Kraftanstrengung. Und auch sein Geist kämpfte mit seltsamen Sinneseindrücken. Immer wieder dachte Robert, aus den Augenwinkeln eine Bewegung zu sehen, eine schattenhafte Figur, die wie ein Tier auf allen vieren seine Wanderung verfolgte. Sogar die Krähen waren wieder da, kreisten über den Felsen oder hockten als gespenstische Wächter auf den knorrigen Bäumen, die vereinzelt zwischen den stachelbewehrten Sträuchern standen.
»Jetzt glaub ich bald wirklich, dass diese Gräfin hier rumspukt«, rief er Anne zu, die mit einigem Vorsprung das Ziel fast erreicht hatte.
Sie
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