Elfenzeit 12: Ragnarök - Schartz, S: Elfenzeit 12: Ragnarök
hier aus der Gegend jedes Jahr an diesem Tag zusammen und genießen die letzten schönen Sonnenstunden. Und du bescherst uns auch noch bestes Wetter!«
»Oh, nun ja, ich hörte, es soll ein Sturm kommen …«, wandte Nadja ein.
»Ach was, das ist nur ein Zwischenspiel.« Der Isländer winkte ab.
»Drekka«, sagte Sigriður Heida und machte eine Bewegung, als würde sie ein Glas ansetzen.
»Ja, darauf sollten wir trinken«, sagte Nadja lächelnd, »aber für mich nur Saft oder Wasser, bitte.«
»Das lässt sich machen.« Jón ging zum Getränketisch und kam gleich darauf mit drei mit klarer Flüssigkeit gefüllten Gläsern wieder. Er gab Nadja ein Glas, das zweite Sigriður Heida, dann stießen an sie und kippten das Getränk auf ex.
Nadja hatte Wasser, war aber ziemlich sicher, dass die anderen beiden etwas tranken, was nur so aussah. Ihre Nasenspitzen wurden rot, die Äuglein glänzten, vor allem die ältere Frau strahlte.
»Goður, goður.« Sigriður kicherte und hielt Jón das leere Glas hin, der sich freudig bereit erklärte, Nachschub zu besorgen.
Das verstand Nadja bereits, es hieß »gut«. Zu Jón sagte sie, was sie noch gelernt hatte: »Takk fyrir, nóg – Danke, genug.« Nun wollte sie endlich essen.
Die Isländer quittierten ihren Appetit mit Applaus und Gelächter und schienen sich zu freuen, dass eine Städterin »vom Kontinent« sich in Gesellschaft der einfachen Bauern wohlfühlte.
Während Nadja aß, redeten sie weiter auf sie ein, und sie hatte jede Menge Unterhaltung, auch wenn sie zumeist nur die Hälfte verstand. Aber das spielte überhaupt keine Rolle, sie amüsierte sich prächtig. Vor allem Jón und Sigriður Heida schienen einen Narren an ihr gefressen zu haben und erzählten ihr jede Menge Schwänke, die sie annehmen konnte oder nicht. In einem Land, in dem die Menschen ernsthaft an Elfen glaubten, war die Wahrheit nicht leicht zu ergründen.
Schließlich kam ein weiterer Nachbar und Freund Ingolfirs zu ihr, ein langer, dünner Mann mit viel zu großen Händen und Füßen, der sich als Mikael Dagurson vorstellte. »Ist der, der dir den Bauch beschert hat, wenigstens ein anständiger Kerl?«, wollte er ganz unverblümt wissen. Er schien nicht begreifen zu können, dass Nadja ohne Begleitung gekommen war.
»Já«, antwortete sie lächelnd auf Isländisch.
»Und ist er auch stark? Hat er Muskeln, oder ist er so ein typischer städtischer Hänfling mit Schlips und Kragen?« Seine graublauen Augen blitzten spitzbübisch.
»Er ist jedenfalls bodenständig«, sagte Nadja nach kurzem Überlegen. David war hochgewachsen, aber eher dünn, elfisch-ätherisch eben. Allerdings verfügte er über enorme Körperkräfte und war durchtrainiert.
»Dann hol ihn her. In fünf Tagen veranstalten die Jungs bei Svinafell ein traditionelles Glíma.«
»Was ist das?«
»Ringen. Die Gegner packen sich bei den Gürteln und versuchen sich gegenseitig aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sehr traditionell, lange verboten, aber jetzt lebt es langsam wieder als sportlicher Wettkampf auf. Der Sieger kriegt den Grettisbeltið, benannt nach Grettir dem Starken. Weißt du, wer das war?«
Nadja musste passen, nicht zum ersten Mal. Sie wusste gar nichts über Island, außer dass es heiße Quellen, Gletscher und Vulkane besaß und ein scheußlich kalter und zumeist dunkler Ort war.
Mikael erklärte erstaunlich knapp: »Er war der stärkste Mann Islands, schon von frühester Kindheit an. Ein dichtender Wikinger, der viele Heldentaten beging, bis er für vogelfrei erklärt wurde und als Räuber leben musste. Dann wurde er mit List ermordet. Seinen Geburtsort, den Hof Bjarg, gibt es bis heute.«
Sigriður Heida schaltete sich in das Gespräch ein, und Jón übersetzte ihre Anmerkungen. »Wenn dein Mann was draufhat, sollte er daran teilnehmen, damit du stolz auf ihn sein kannst.«
»So lange werde ich nicht hier sein.« Nadja schmunzelte. »Aber ich werde es ihm sagen.«
»Hat er wenigstens Grips?«, wollte die ältere Frau, durch Jón gedolmetscht, wissen. »Dann soll er zum Schachturnier antreten. Wir haben viele berühmte und gute Schachspieler wie Bobby Fisher!«
Nadja sah Jón verwirrt an. Der grinste. »Fisher hat die isländische Staatsbürgerschaft erhalten.«
»Ich glaube, Schach spielt er nicht so gern, er ist eher sportlich«, antwortete sie; die Erwähnung des Schachspiels weckte eine ganz andere Erinnerung in ihr, die sie schaudern ließ.
In Annuyn hatte sie den Grauen Herrn Samhain dazu
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