Elfenzeit 12: Ragnarök - Schartz, S: Elfenzeit 12: Ragnarök
entschloss sich für einen direkten Angriff. »Und wie steht’s mit den Elfen?« Er grinste boshaft, als Darby sich daraufhin am Bier verschluckte. »Der Glaube an die Elfen existiert doch heute noch bei euch, nicht wahr?«
»Genau wie die Elfen.« óli nickte. »Die ministeriale Elfenbeauftragte war natürlich eine Zeitungsente, der ihr Europäer aufgesessen seid. So etwas gibt’s nicht, genauso wenig wie das Elfenparlament. Warum sollten die das ausgerechnet bei uns abhalten? Unsere Welten sind schließlich voneinander getrennt. Aber es gibt noch Verbindungswege und durchlässige Grenzen, weswegen wir sogar Straßen um Elfenhügel umleiten, das gehört sich so. Wir lassen sie in Frieden, sie lassen uns in Frieden. Schließlich sind wir hier oben sehr nahe an den Göttern und der Anderswelt … Vermutlich sogar immer noch ein Teil von ihr.«
Darby brummte etwas, und sein Haar leuchtete feuerrot. Es schien ihm ganz und gar nicht zu gefallen, wie unbefangen der Isländer mit dem Thema umging. Saul bildete sich ein, kurzzeitig den Umriss eines Geweihs über dem Kopf des falschen Schotten sehen zu können.
»Wohin müsste ich gehen, wenn ich nach Elfen suchen wollte?«, fuhr er an den Isländer gerichtet fort.
»Ah, du findest sie überall. Ein paar leben außerdem unter uns.« óli sah seinen leeren Krug derart unglücklich an, dass Tanner sich erbarmte und eine weitere Runde bestellte.
»Aber gibt es nicht einen besonders markanten Ort, an dem sie sich aufhalten?«, insistierte der Amerikaner, nachdem sie angestoßen hatten.
»Hunderte!«, erklärte óli begeistert, und dann kam das Unvermeidliche, weswegen er sich offensichtlich überhaupt erst zu ihnen gesetzt hatte. »Wisst ihr was? Mein Schwager ist professioneller Touristenführer. Er wird euch alles zeigen, und das zu einem Preis, der weit unter den üblichen Tarifen liegt!«
»Danke, kein Interesse«, brummte Tanner. »So viel Zeit haben wir nicht.«
»Was heißt …«, fing óli verdutzt an. »Für Island
muss
man sich Zeit nehmen! Weswegen seid ihr sonst hier?«
Plötzlich beugte Darby sich vor und legte eine Hand auf ólis Arm. »Wir sind auf der Suche nach jemandem«, sagte er mit völlig veränderter, tief nachhallender Stimme, die nichts Menschliches mehr an sich hatte.
Tanner sah sich beunruhigt um, aber keiner an den übrigen Tischen schien etwas merkwürdig zu finden. Alle Gäste waren in Unterhaltungen vertieft. Die Bedienung brachte die nächste Runde Bier und das Essen, blutiges Steak und Kartoffeln, mit in Speck eingewickelten grünen Bohnen. Als er den Bratensaft austreten sah, gelüstete es Tanner nach dem Fleisch.
Fast schon wie ein Vampir
, dachte er ironisch. Bevor er zubiss, kippte er noch den zweiten Whisky, um den sich regenden Schmerz wieder einzuschläfern.
»Ist dir in letzter Zeit etwas zu Ohren gekommen?«, fuhr Darby mit seiner Elfenstimme fort. Tanner glaubte, ein feines Gespinst zwischen ihm und dem Isländer hin- und herwabern zu sehen. »Irgendetwas, das ungewöhnlich ist?«
»Hier … hier ist alles ungewöhnlich«, murmelte óli. Der Blick seiner blauen Augen war verschleiert.
»Eine hochschwangere Frau, die möglicherweise desorientiert war«, drängte Darby weiter. »Mit braunen Haaren und bernsteinfarbenen Augen, Mitte zwanzig. Eine von der Sorte, die man nicht gleich vergisst.«
»Nicht hier, Kumpel. Das wüsste ich, bin jeden Tag hier und am Flughafen. Eine Touristin allein kommt selten vor.«
»Dann hör dich um! Und setze mich sofort in Kenntnis, wenn sich etwas ändert.«
»Und wo finde ich dich?«
»Du wirst es wissen, sobald es so weit ist. Und jetzt lass uns allein.«
Darby ließ ólis Arm los, und der Isländer stand mit verwirrtem Gesichtsausdruck auf, nahm seinen Krug und kehrte nach einem kurzen Kopfnicken an die Theke zurück.
Das Essen verbrachten sie schweigend. Beim Kaffee lehnte Tanner sich zurück. Er hätte gern geraucht, aber selbst auf Island hatte sich das Rauchverbot in Gaststätten durchgesetzt.
»Also«, begann er schließlich. »Warum sind wir auf dieser gottverlassenen Insel?«
»Nadja Oreso ist hier.«
»Sagst du. Das hast du bereits in Bratislava behauptet, und deswegen habe ich meinen Jet statt nach München hierher fliegen lassen. Aber worauf begründet sich deine Vermutung?«
Darby zog die buschigen Brauen finster zusammen. »Auch wir haben unsere Kommunikationswege«, sagte er knurrend. »Nadja verschwand während der Kämpfe in Irland. Es gab die Vermutung, du
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