Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs
den Augenwinkeln sah er, wie Fionn Ceana in der Nähe der Mauer hinter einen Felsen stieß. Die Pfeile, die für sie bestimmt gewesen waren, bohrten sich in seine Brust. Er starb stumm.
Die Ordensritter versuchten an ihre Feinde heranzukommen, die aber versteckten sich hinter den Felsen, waren kaum zu sehen. Robert wusste, dass Dubhagans Leute früher oder später siegen würden, ihre Übermacht war einfach zu groß. Doch es würde kein einfacher Sieg werden. Schon in den ersten Minuten war eine Handvoll Ritter gefallen.
Er sah sich um. Niemand schien auf die Tür zu achten. Die Elfen waren damit beschäftigt, sich gegenseitig umzubringen. Robert sprang auf, war mit drei Schritten an der Tür und drückte gegen den Griff.
Nichts.
Ein Pfeil schlug neben ihm ins Holz. Erschrocken riss er den Kopf zur Seite und zog. Die Tür schwang auf. Robert wurde vom eigenen Schwung zurückgetragen und verlor das Gleichgewicht.
Dicht über ihm zischte ein Pfeil hinweg.
Hinter der Tür befand sich ein gepflasterter Weg in einer bräunlich grauen Herbstlandschaft. Nadja und Anne liefen bereits hinein, als Robert wieder auf die Beine kam.
»Die Tür!«, schrie jemand.
Ceana fuhr herum. Robert winkte ihr zu. »Komm!«, rief er, halb im Tal, halb in der Herbstlandschaft stehend.
»Schließ die Tür.« Anne zog an seinem Arm, aber er tat so, als habe er sie nicht gehört.
Ceana lief auf die Tür zu. Zwei Elfen deckten sie mit Schilden, die sie toten Ordensrittern abgenommen hatten. Pfeile flogen durch die Öffnung, und Robert duckte sich. Nadja und Anne wichen zurück.
An der Tür blieb Ceana stehen. »Du bist also der Vampir«, sagte sie.
Robert streckte ihr die Hand entgegen. »Darüber können wir später reden.«
Er sah, dass die Ordensritter im Tal vorrückten. Sie versuchten, ihren Gegnern den Weg zur Mauer abzuschneiden. »Komm.«
Ceana legte die Hand auf den Türgriff. »Nein. Es ist besser so.«
Mit einem Ruck schlug sie die Tür zu.
Robert starrte auf das Holz. Die plötzliche Stille hallte in ihm nach. Nur wenige Zentimeter trennten ihn von dem Kampf auf der anderen Seite, dennoch hörte er nichts. Es gab keinen Griff an der Tür. Er drückte dagegen, aber sie bewegte sich nicht.
»Warum hat sie das getan?«, fragte er, ohne eine Antwort zu erwarten.
»Weil es in dieser Welt nichts mehr für sie gibt«, sagte Nadja.
»Weil sie dumm ist.« Anne legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wir sollten uns beeilen. Das ist kein guter Ort.«
Robert drehte sich um. Auf dieser Seite erstreckte sich die Mauer bis zum Horizont. Ein gepflasterter Weg führte von der Tür durch die herbstliche Landschaft. Laub bedeckte das Gras, und die Bäume streckten kahle Äste in die Luft. Die Farben wirkten seltsam blass, so als lägen sie unter einem ständigen Dunst. Die Luft war kühl. Auf der anderen Seite der Mauer war es Abend, aber auf dieser herrschte ein graues Licht, das zu keiner Tageszeit zu passen schien. Die Sonne sah Robert nicht.
»Wo sind wir?«, fragte er.
»In der Stadt der Toten«, sagte Anne.
Er sah sich um. »Ich sehe weder eine Stadt noch Tote.«
»Das wirst du. Die Stadt liegt am Weg, sofern sich das nicht auch geändert hat.«
»Auch?«, fragte Nadja. Sie drehte sich, schien etwas zu suchen.
Anne betrachtete die Mauer. »Die gab es zum Beispiel nicht, als das Reich erschaffen wurde.«
Mit raschen Schritten ging sie den Weg hinab. Nadja folgte ihr, aber Robert blieb einen Moment stehen, die Hand auf das Holz gelegt. Ceana und Artair gingen ihm nicht aus dem Kopf. Was sie erlebt hatten, war tragisch, gab ihm aber Hoffnung. Wenn zwei Elfen so besessen voneinander sein konnten – er wagte es nicht, das Wort Liebe zu verwenden, nicht einmal in seinen eigenen Gedanken –, vielleicht steckte dann auch in Annes Innerem mehr, als er ahnte.
Und mehr, als sie ahnt
, dachte er.
»Wo ist der Olymp?«, hörte er Nadja fragen. Sie und Anne hatten sich bereits einige Meter von ihm entfernt. »Woher wissen wir, dass wir in die richtige Richtung gehen, wenn wir ihn nicht sehen können?«
»Es gibt nur einen Weg.«
Robert schloss zu ihnen auf. »Und wo führt der hin?«
»Zum Palast des Priesterkönigs, wie alle Wege des Reichs letzten Endes zu ihm führen. Dieser hier ist nur etwas kürzer als die meisten.«
In der Ferne tauchten strohbedeckte Dächer aus dem Dunst auf, dann die ersten Häuser. Sie bestanden aus grauem Stein. Gemauerte Schornsteine ragten aus dem Stroh auf, doch aus keinem entwich Rauch. Es war
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