Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs
still.
Der Weg führte zwischen den Häusern hindurch, tiefer in die Stadt hinein. Robert sah Ratten über den Weg huschen.
»Sollen wir den Ort umgehen?«, fragte er.
Anne schüttelte den Kopf. »Nein. Jenseits des Weges ist es zu gefährlich.«
»Warum?«, fragten Robert und Nadja beinahe gleichzeitig.
»Weil wir den Weg vielleicht nie wiederfinden würden.« Anne strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Wie ich schon sagte: Dies ist kein guter Ort.«
Robert betrachtete die Häuser auf beiden Seiten. Die meisten Fenster waren blind, die Türen geschlossen. Auf einer Veranda sah er einen Schaukelstuhl, auf dem eine weiße Katze lag. Sie sah nicht auf, als er an ihr vorbeiging. Ihre grünen Augen waren ins Nichts gerichtet, als würde sie in den Tag träumen.
Die Häuser rückten enger zusammen, je weiter sie in die Stadt hineinkamen, aber es gab keine weiteren Straßen, nur Lücken zwischen den Hauswänden. Es war still. Außer den eigenen Schritten und einem gelegentlichen Rascheln hörten sie nichts.
Der Weg verbreiterte sich und wurde zu einem Platz. Ein gemauerter Springbrunnen stand in seiner Mitte. Das Becken war leer; kein Wasser floss aus dem Maul des großen Steinlöwen, der festgehalten von Eisenstangen darüber hing.
Zwei- und dreistöckige Gebäude umgaben den Platz. Schilder hingen über ihren Türen: Lederwaren, Schneiderei, Silberschmied. Es gab noch andere, die Robert nicht lesen konnte.
»Gehen die Toten einkaufen?«, fragte er.
»Wir dachten, das wäre möglich.« Anne klang steif.
»Und wo sind sie?« Nadja drehte den Kopf. »Die Stadt ist nicht verfallen. Jemand muss hier leben ...« Sie unterbrach sich. »... existieren.«
»Die Stadt säubert sich selbst.«
Robert hatte den Eindruck, dass Anne sich mit zunehmender Nähe zum Palast des Priesterkönigs an immer mehr erinnerte. »Aber für wen? Für die Geister?«
»Was für Geister?«, fragte sie.
»Du sagtest doch, dass dies die Stadt der Toten ist«, erklärte Nadja. »Also der Geister. Oder eben Schatten wie in Annuyn.«
Anne schüttelte den Kopf. »Nein, hier ist es anders. Wie du schon sagtest, Nadja, ist das nicht Annuyn.« Sie zeigte auf einen Hauseingang. »Es gibt nur sie.«
Robert hörte ein Stöhnen, dann schlurfte eine zerlumpte Gestalt aus den Schatten der Schneiderei. Sie bewegte sich langsam, wie unter starken Schmerzen und abgehackt. Als sie in das graue Licht trat, blickte Robert in weiße, blinde Augen und ein von Verwesung zerstörtes Gesicht. Er wich zurück.
»Ein Zombie?«, fragte er ungläubig.
Anne hob die Schultern. »Bevor die Zeit einbrach, sah er wahrscheinlich besser aus. Eben nicht wie ein Schatten, sondern noch fast lebendig. Ein Schritt vor Annuyn.«
Sie hielten sich in der Mitte des Marktplatzes, möglichst weit von den Geschäften am Rand entfernt. Durch die offen stehende Tür einer Taverne konnte Robert einige Zombies sehen. Sie schlurften ziellos umher, stießen gegen Bänke und Tische. Einer stand hinter der Theke und rührte sich nicht.
Sie hatten den Marktplatz gerade hinter sich gelassen, da hörte Robert Nadja aufatmen. »Aber wie ist das möglich?«, fragte sie. »Ich dachte, in diesem Reich sollte nie jemand sterben?«
»Trotzdem geschieht es.« Anne seufzte. »Auch hier gab es Unfälle, Lebenskräfte versiegten. Manche Wesen waren zu feige, sich der Tatsache zu stellen, dass sie eines Tages dem Tod begegnen. Für sie erschuf Johannes diesen Ort.«
Nadja erkannte schneller als Robert, was sie damit meinte. »Sie ließen sich freiwillig in Zombies verwandeln? Aber das ist Irrsinn!«
»Verzweiflung und Irrsinn sind enge Verwandte.« Anne sah zum Marktplatz zurück, als wolle sie sichergehen, dass ihnen niemand folgte. »Wenn man verblutend auf dem Schlachtfeld liegt, kann man das eine vom anderen nur schlecht unterscheiden. Und auch hier kam es schließlich zum Krieg, wie ihr von Ceana gehört habt. Sie brachten sich aus Langeweile gegenseitig um. Und manche ... kamen auch von außerhalb, so wie wir.«
Sie räusperte sich. Es schien ihr unangenehm zu sein, über die Ängste der Elfen zu reden. »Nur wenige ließen sich darauf ein, aber Johannes wollte auch für sie etwas schaffen. Im Land des Priesterkönigs sollte es einen Platz für jeden geben.« Sie runzelte die Stirn. »Ich höre ihn das sagen. Ich erinnere mich an seine Stimme.«
»Weil deine Erinnerung zurückkehrt.« Robert drehte den Kopf und stutzte. »Diese Zombies ... stehen die auf frisches Fleisch?«
»Nein«,
Weitere Kostenlose Bücher