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Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig

Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig

Titel: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schartz
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unmittelbarer Nähe die perfekt gestalteten Mosaikbilder. Kaum zu glauben, dass das gesamte gewaltige Gebäude, innen wie außen, damit ausgestattet war – Ausdruckskraft und Glanz, die ihresgleichen suchten. Welche Geduld die Erbauer bewiesen haben mussten, um die gerade fingernagelgroßen Stücke so präzise anzuordnen!
    Giorgio quittierte Nadjas Bewunderung mit Stolz und Belustigung und spendierte ihr einen überteuerten Espresso im Café Florian, umschallt von Wiener Schrammelmusik. Das, so erklärte er, gehöre zum guten Stil und sei unerlässlich, wenn man Venedig besuche. Allerdings musste Nadja zugeben, dass die Seidenapplikationen der Wände mit Liebesszenen aus aller Welt einen gewissen Charme verströmten, wie auch die rot gepolsterten Sitzmöbel.
    »Dich bedrückt etwas, ich sehe es dir an«, sagte Giorgio, während er an einem Amarettini knabberte. »Ja, diese Stadt ist morbid und melancholisch, selbst bei strahlendem Sonnenschein. Lass dich davon nicht zu sehr beeindrucken.«
    »Thomas Mann tat es«, murmelte Nadja. »Und Daphne du Maurier …«
    »Gewiss, und Lord Byron. Das ist die vielgerühmte
tristezza
, die vom langsamen Verfall und Sterben der Stadt herrührt. Doch im krassen Gegensatz zu ihr stehen die einzigartigen Feste und großen Liebesgeschichten.« Giorgio musterte sie aus funkelnden braunen Augen. »Wonach bist du auf der Suche?«, fragte er. »Einem Mörder oder einem Freund?«
    »Freund«, antwortete Nadja unbehaglich. »Ist das eine Redewendung bei euch?«
    »Der Tod spielt immer eine Rolle, Nadja. Venedig ist
seine
Stadt. Manche begegnen ihm, noch bevor er sie holt.«
    Sie fuhr sich durch die kastanienbraunen Haare. »Kann man hier auch ohne Depressionen leben?«
    »Wahrscheinlich nicht«, lachte Giorgio.
    Das ist die Magie dieser Stadt
, dachte Nadja.
Sie beherrscht die Menschen, nicht umgekehrt. Egal, wie sehr man sich anstrengt, das Hochwasser ist nicht zu vermeiden, ebenso wenig das Absacken des Grundes. Wer hier lebt, muss sich anpassen. Venedig gestattet lediglich den Aufenthalt, doch die Dauer kann man nicht festlegen. Im Dschungel oder in der Antarktis können keine anderen Regeln herrschen
.
    »Leben hier eigentlich überwiegend Menschen oder Feen?«, fragte sie schmunzelnd. Irgendwie musste sie das Thema zur Sprache bringen, das sie so sehr beschäftigte, ohne etwas preiszugeben.
    Doch Giorgio fand es keineswegs amüsant. »Von Anbeginn Menschen«, antwortete er ernst. »Es heißt, dass die Feen die ursprünglichen Gründer der Stadt waren, die das Fundament für die Menschen errichteten, weil die in den schwankenden Boden gerammten Holzpfähle andernfalls niemals gehalten hätten. Diesen Gefallen werden die Feen eines Tages zurückfordern. Das ist der Tag, den wir fürchten müssen, denn dann wird Venedig untergehen.«
    Nadja war verdutzt und ein wenig verlegen. Sie hätte nicht geglaubt, dass Giorgio dem Aberglauben so verhaftet war. Schließlich konnte er nicht wissen, dass es die Elfen tatsächlich gab und dass einer von ihnen hier irgendwo gefangen gehalten wurde. Noch mehr störte sie die Tatsache, dass sie diese Legende nicht zum ersten Mal hörte.
    »Ich sollte jetzt zurückgehen, die anderen werden auf mich warten«, sagte sie. »Vielen Dank für die
Highlights in fünf Minuten;
jetzt kann ich mir schon jede Menge Notizen machen. Darf ich mal eure Redaktion besuchen, falls ich noch weitere Fragen habe?«
    »Jederzeit, cara«, versicherte Giorgio. Sie tauschten Handynummern aus, und der kleine Italiener nahm Nadja das Versprechen ab, noch am Wochenende zu kommen: »Ich bin auch Samstag und Sonntag von elf bis eins im Büro, denn die Ereignisse schlafen nie.«
    »Hast du keine Frau?«
    »Doch, und dazu Zwillinge, ein halbes Jahr alt.« Giorgio grinste. »Ab und zu gönne ich mir ein bisschen Ruhe.« Auf dem Rückweg deutete Giorgio auf Nadjas Tüte. »Kaum hier, schon hast du dich in einen Touristennepp ziehen lassen?«
    Nadja zeigte ihm die Maske, und er betrachtete sie einen langen Augenblick schweigend. »Was ist?«, fragte sie beunruhigt. »Ist sie so schlecht gemacht?«
    »Nein«, antwortete er düster. »Zu gut. Das ist eine Antiquität.«
    »Unmöglich. Ich habe sie aus einem ganz normalen Laden, an der Calle del Magazen. Sie war auch nicht teuer.«
    »Ich kenne mich damit aus, Nadja, weil mein Schwager in seiner kleinen Fabrik Masken anfertigt. Diese Verarbeitungsart ist schon lange nicht mehr üblich. Die Maske ist perfekt und sehr alt.«
    Nadja wurde blass.

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