Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
scharf.
Rian sah sie kühl von oben herab an. »Was ist dein Problem?«
Das hatte David sie auch schon mehrmals gefragt, und in diesem Moment hätte
er
vor Nadja stehen können, was ihre Wut zusätzlich anfachte.
»Mein Problem ist«, begann sie langsam, »dass ich seit einiger Zeit von Dingen ausgeschlossen werde, die auch mich etwas angehen!«
Grog und Pirx kamen mit großen Augen aus der Küche hinzu, da Nadjas Stimme immer lauter wurde.
»Mein Problem ist«, fuhr sie fort, »dass mein Vater mir keine einzige meiner Fragen beantwortet, mir ausweicht und mich wie Luft behandelt, sich aber offensichtlich prächtig mit dir versteht! Ihr beide sprecht die ganze Zeit über Dinge, von denen ich nichts weiß!«
»Das ist Unsinn«, wehrte Rian ab. »Außerdem lasse ich mir von dir nicht vorschreiben, mit wem ich reden darf!«
»Nadja …«, begann Fabio erneut, aber wieder kam er nicht weiter.
»Was ist bloß los mit dir?«, schrie Nadja ihn an. »Ich komme mit meinen Freunden zu dir, und du machst dich gleich bei der erstbesten Gelegenheit an Rian heran?« Sie wandte sich Rian zu. »Oder war es deine Idee? Was an meinem dreiundsechzigjährigen Vater macht dich scharf? Findest du niemanden außerhalb meiner Familie? Musst du dich denn in
alles
einmischen und mein gesamtes Leben an dich reißen?«
Nadja zuckte zusammen, als Grog ihren Arm berührte. »Hör mal …«, versuchte er mit sanfter Stimme zu vermitteln, doch sie war nicht mehr zu halten. Alle aufgestaute Wut brach aus ihr hervor, das Fass war voll, dieser Tropfen hatte es zum Überlaufen gebracht.
»Wieso hintergeht ihr mich und schließt mich von allem aus? Bin ich nur dafür gut, die Laufarbeit zu erledigen und mich um alles zu kümmern, während ihr Tag und Nacht vor der Glotze hockt, euch besauft und den Bauch vollschlagt?«
»Du reißt doch immer alles an dich«, versetzte Rian kalt. »Ständig machst du uns Vorschriften, was wir tun und lassen sollen, bestimmst, was wir unternehmen, und kritisierst uns in einem fort! Was deinen Vater und mich verbindet, geht dich nichts an, verstanden?«
Nadja stand für einen Moment sprachlos da, ungläubig starrte sie vom einen zum anderen. Pirx zupfte an ihrem Hosenbein und sah mit fragenden Knopfaugen zu ihr auf. »Aber du weißt ja nicht …«
Nadjas starre Miene löste sich. »Genau«, zischte sie. »Genau, ich weiß
gar
nichts, weil niemand mit mir redet, und allen voran mein Vater, seit fast fünfundzwanzig Jahren!« Auffordernd sah sie ihn an.
Fabio schwieg.
Sie warf die Hände hoch. »Geht doch alle zum Teufel!«, schrie Nadja. Sie machte auf dem Absatz kehrt, raffte unbewusst die Tüte an sich und stürmte aus dem Haus.
Unterwegs musste sie heftig schlucken, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Keinesfalls würde sie sich jetzt auf der Straße gehen lassen, das wäre zu entwürdigend. Das musste ja nach einem Liebesdrama aussehen, und dann ausgerechnet in dieser Stadt – ein fürchterliches Klischee. Ihr Stolz ließ es nicht zu.
Sie rannte zwei Gassen ohne Ziel dahin, bis sie eine kleine Bar entdeckte, wie es sie hier an fast jeder Ecke gab. Kurzerhand ging Nadja hinein, holte sich einen Espresso und einen Grappa. Das Rauchverbot hatte sich hier drin noch nicht durchgesetzt, die kleine Bude war grau vor Qualm, den ein paar müde Funzeln nur schwach aufhellten. Viel Einrichtung und Leben gab es nicht. Ein paar Tische eng zusammengestellt, zwei Männer an der Bar, an drei Tischen saßen weitere Männer, die mit Lotto- und Totoscheinen hantierten. Über der Theke plärrte ein Fernseher Fußballergebnisse.
Nadja war es gleichgültig, dass sie die einzige Frau war und wie ein Weltwunder angestarrt wurde. Sie setzte sich an einen Tisch weit entfernt von den anderen, schüttete zuerst den Kaffee, dann den Grappa hinunter, und holte sich gleich noch einen. Dann wieder einen Espresso und den nächsten Grappa, und schließlich bestellte sie zwei gleichzeitig.
Der Wirt wedelte abwehrend mit dem Zeigefinger. »Genug für Sie, Signorina.«
»Stimmt, ich muss ja noch fahren.« Nadja hielt inne und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Da fällt mir ein – ich habe gar kein Auto!« Böse funkelte sie den Wirt an. »Und das Beste: Eine Autostraße gibt es hier auch nicht!«
»Beruhigen Sie sich.«
»Ich soll mich beruhigen? Haben Sie vielleicht Angst, dass ich ins Wasser falle und ertrinke?«
»Nein, aber …«
»Sind Sie Wirt? Haben Sie eine Ausschanklizenz? Müssen Sie Miete
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