Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
suchte ein kleines Notizbuch für sich und eine Kladde in Leder für Robert aus und verließ strahlend das Geschäft. Als sie Robert anrief, erreichte sie ihn sofort und erzählte ihm, was sie soeben gekauft hatte.
Robert klang begeistert, fast überdreht. »Ich habe auch tolle Neuigkeiten, Nadja!«, schrie er aus dem Telefon. »Ich habe Anne Lanschie wiedergefunden! Und was das Beste daran ist: Ich habe meinen Roman begonnen!«
»Unmöglich«, entfuhr es Nadja. Und schon wieder gab es einen Stich Eifersucht. Alles entfernte sich von ihr, sie schien nicht mehr der Mittelpunkt des Lebens zu sein.
»Aber es ist wahr! Und es wird eine großartige Sache, ich gehe völlig darin auf! Endlich ist es soweit, Nadja – ich erfülle mir meinen größten Traum. Und das verdanke ich nur dir! Du hast immer zu mir gehalten und mich ermutigt, und nun habe ich nicht nur eine unglaubliche Frau kennengelernt, die sich für mich interessiert, nein, endlich ist die Inspiration über mich gekommen. Und Anne unterstützt mich!«
»Das ist wunderbar«, sagte Nadja ein wenig lahm. Warum konnte sie sich nicht vorbehaltlos mit Robert freuen? Gab es nur noch Misstrauen, vor allem gegen diese mysteriöse Anne Lanschie? Vielleicht hatte die Frau wirklich nur Gutes im Sinn und war genau das, was Robert brauchte. Aber irgendwie konnte Nadja nicht daran glauben, der Zufall erschien ihr zu groß.
Fünfzehn Jahre lang war Robert einsam und voller Trauer gewesen, und dann lernte er in York, kurz nach der Begegnung mit den Elfen, diese Frau kennen. Sie hatte ihn völlig in ihren Bann geschlagen und dazu gebracht, wieder nach York zurückzufliegen. Ausgerechnet Robert, der noch beziehungsscheuer war als Nadja! Da
musste
Elfenzauber im Spiel sein. Aber Nadja wusste, dass es keinen Sinn hatte, Robert das klarmachen zu wollen. Dafür war es noch zu früh, es würde nur ihre Freundschaft gefährden. Vermutlich war er momentan auch nicht in Gefahr –
noch
nicht. Nadja konnte sich nicht vorstellen, welche Absichten Anne Lanschie hegte, und sie hoffte, dass sie es rechtzeitig herausfand.
»Nadja?«
»Ich habe dich gehört, Robert. Pass einfach auf dich auf, ja? Schalte dein Gehirn ein … ich meine, das in deinem Kopf.«
»He, du bist ziemlich derb! Bist du etwa eifersüchtig?«
»Ich will nur nicht, dass dir jemand wehtut«, sagte Nadja leise.
»Schon gut«, antwortete Robert besänftigt. »Es ist lieb von dir, dass du dich um mich sorgst, obwohl du genug um die Ohren hast. Aber ich sage dir: Konzentriere dich auf die Suche nach David. Zum Glück bist du nicht allein, sonst müsste
ich
mir Sorgen machen. Also pass du auch auf dich auf, okay? Und ich verspreche dir, sehr vernünftig zu sein und ausschließlich auf meinen kühlen Verstand und meine Instinkte zu hören. Vertrau mir.«
»Natürlich«, sagte Nadja. »Und du mir auch.«
Und wohin nun?
, dachte sie. Laut Plan ging es immer Richtung Canal Grande. Nadja kramte in ihrer Brieftasche und fand den gesuchten Zettel, auf dem ein Name und eine Telefonnummer standen. Peter, der Redakteur, hatte ihr die Kontaktadresse eines venezianischen Kollegen genannt, an den sie sich wenden konnte. Das Beste wäre, ihn aufzusuchen und sich ein wenig von Venedig zeigen zu lassen. Dadurch fand sie bestimmt schneller heraus, wo sie nach David suchen konnte.
Kurzerhand rief sie die Nummer an und erreichte Giorgio Bezzi, der sofort zugänglich wurde, als er Peters Namen hörte und ihre Bitte, ihr bei Recherchen behilflich zu sein. »Natürlich, natürlich, kommen Sie gleich vorbei! Wir machen einen kleinen Rundgang, und ich erzähle Ihnen ein bisschen was über diese Stadt.«
Er beschrieb ihr den Weg zur Redaktion, die ganz in der Nähe am Canal Grande lag, beim Museo Goldoni. »Treffen wir uns vor der Casa di Carlo Goldoni, das ist nicht zu verfehlen.«
Kurz darauf traf Nadja einen drahtigen kleinen Mann mit schwarzgelocktem Haar und lebhaften mandelbraunen Augen. Er trug Jeans, Shirt und Sakko, und dazu weiße Turnschuhe, die keine Sekunde stillhalten konnten. Unwillkürlich überprüfte Nadja seinen Schatten. Wenn er falsch war, saß er perfekt.
»Freut mich, meine deutsche Kollegin kennenzulernen«, begrüßte er Nadja mit kräftigem Handschlag. »Dein Italienisch ist ausgezeichnet, wie kommt das?«
»Mein Vater ist Italiener«, antwortete Nadja. »Venezianer, um genau zu sein, was ich vor wenigen Tagen erst erfahren habe.«
»Ja, auf Dauer kann kein Venezianer seine Herkunft verleugnen.« Giorgio
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