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Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig

Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig

Titel: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schartz
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Mischlinge diskriminierten und ausgrenzten. Stur klammerte man sich an die Tradition und an Rollenverhalten, anstatt es zu begrüßen, wenn jemand zwei Kulturkreise in sich vereinte und Volksgruppen einander näherbrachte – was immerhin eine Weiterentwicklung bedeuten könnte. Die Elfen, die ohnehin einen erheblichen Standesdünkel pflegten, würden sich da kaum von den Menschen unterscheiden.
    In erster Linie
, dachte Nadja trotzig,
bin ich immer noch ein Mensch. Und den Menschen wird die Wahrheit nie bekannt werden. Also sollte ich mich nicht zu sehr runterziehen lassen, ich kann immer noch mein gewohntes Leben führen
.
    Theoretisch, sicher. Aber was wollte sie sich vormachen? Sie konnte bereits jetzt nicht mehr weiterleben wie bisher. Für die Menschen in Nadjas Umgebung mochte sich von außen betrachtet nichts verändert haben. Aber etwas war trotzdem anders:
sie
.
    Nadja war sich nun selbst fremd. Schlummerten denn auch in ihr magische Kräfte? Was lag im Verborgenen? Würde sich ihre Lebenseinstellung eines Tages von Grund auf ändern?
    Vor allem steckte sie jetzt in einem engen Korsett, das ihr die Ungebundenheit raubte. Sie konnte nicht mehr frei entscheiden, was sie als Nächstes tun würde. Vor ihr lag eine klar umrissene Aufgabe, die jedoch nicht mehr als ein Mythos war. Möglicherweise jagten sie dem Quell jahrelang hinterher, bis sie erkennen mussten, dass es ihn nicht gab.
    Schluss
, rief sie sich selbst zur Ordnung.
Ich darf mich nicht verrückt machen
.
    Nadja war sehr diszipliniert, was ihre Arbeit anging. Sie konnte sich beherrschen und jegliche emotionale Anteilnahme ausschalten. Doch jetzt gelang es ihr nicht. Sie musste ständig an ihren Vater denken.
    Auf dem hell erleuchteten Markusplatz flanierten die Menschen. Eile gab es jetzt zum Tagesausklang nicht mehr. Die ewigen Tauben hatten sich auf ihre Schlafplätze zurückgezogen, stattdessen waren Rosenverkäufer und Amüsement-Anwerber unterwegs; nicht minder lästig und aufdringlich.
    Die Basilika hatte noch geöffnet, und die Besucher waren in beiden Richtungen zahlreich unterwegs. Erneut musste Nadja feststellen, dass dieser Prachtbau für sie eines der schönsten Gebäude der Welt darstellte, einen Abglanz des einstigen byzantinischen Reiches, das heute noch voller Mythen war und mehr Legende denn Historie. Ehe sie sich versah, war sie ebenfalls auf den Weg hinein, obwohl sie normalerweise selten eine Kirche zweimal betrat. Anders als heute Mittag herrschte nun eine feierliche Ruhe. Viele Kerzen brannten in den Sakristeien, das künstliche Licht war auf einen weichen Schimmer gedimmt. Nur die Schritte hallten, ansonsten war es still.
    Nadja setzte sich auf eine Bank in der Nähe des Altars und ließ die Erhabenheit des Gebäudes auf sich einwirken. Egal, ob man gläubig war oder nicht – hier fand man einen Ort, um zu ruhen, nach innen zu lauschen und neue Kraft zu schöpfen. Der Gedankensturm in Nadjas Kopf ebbte allmählich ab. Einige Augenblicke lang fand sie sich völlig leer, wie in einer Blase. Ohne Wünsche oder Sehnsüchte, Probleme oder Überlegungen. Sie wollte einfach nur dasitzen und, wie Robert es gern nannte, »Seifenblasen produzieren«. Ein Moment der völligen Entspannung, der fast meditativ war.
    Als sie langsam wieder zu sich fand, sah Nadja sich um und beobachtete einige Menschen im Gebet; viele aber saßen genauso in sich gekehrt wie sie selbst da. Jeder war ohne Ablenkung nur mit sich beschäftigt, eine gewiss seltene Erfahrung.
    Nadja atmete einmal tief durch und verließ die Basilika. Als sie vor der Löwensäule stehenblieb, merkte sie, dass ihr die Füße wehtaten. Seit heute Vormittag war sie auf hartem Pflaster unterwegs; außerdem machte sich allmählich das frühe Aufstehen bemerkbar, da Fabio unbedingt schon um halb sechs losfahren wollte. Als ob er etwas versäumen könnte! Aber natürlich hatte er Recht gehabt. Immerhin war Freitag, und die Straßen laut Verkehrsfunk schon zwei Stunden später heillos verstopft gewesen. Glücklicherweise hatten sie da schon fast den Brenner erreicht.
    Weil dieser Tag so schön begonnen und so schrecklich geendet hatte, entschloss sich Nadja, etwas Verrücktes zu tun – sie wollte sich von einer Gondel nach Hause bringen lassen. Ganz allein, einfach so. Zielstrebig ging sie auf den Anleger zu. Viel war nicht mehr los, kein Wunder zu dieser Jahreszeit. Doch zumindest für einen Mann sollte sich das Ausharren lohnen. Mit Strohhut und gestreiftem Shirt unter der blauen Jacke

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