Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel - Schartz, S: Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel
Nachmittag fanden sich alle in der Küche ein, wo Natalia eine üppige Mahlzeit vorbereitet hatte. Der schwere Eichentisch bog sich fast unter all dem, was sie auftischte. Nach den gegenseitigen Vorstellungen griffen alle hungrig zu, und dann erzählten Rian und David abwechselnd von ihrem Abenteuer. Die Oresos lauschten gebannt und unterbrachen sie kaum einmal, um eine Verständnisfrage zu stellen. Natalia und Antonio, denen die Geschehnisse und Begegnungen der beiden Elfen völlig fremd sein mussten, verhielten sich so lässig und ruhig, als hörten sie derartige Berichte jeden Tag. Nur wer sie wirklich gut kannte, sah das faszinierte Glitzern in ihren Augen, das selbst das überzeugendste Pokerface nicht verleugnen konnte.
Mit all den Erzählungen und der Wiedersehensfreude verging die Zeit schnell; es wurde Abend, und draußen war es längst dunkel. Die Freunde unterhielten sich noch eine Weile, bevor sie alle miteinander entschieden, frühzeitig schlafen zu gehen. Es war an der Zeit, sich zu erholen. Sie hatten alle sehr viel Kraft verbraucht.
Nadja fiel plötzlich der Ausdruck in Fabios goldbraunen Augen auf, als er zu Letitia blickte: eine kaum verhaltene Gier, die ihr einen Schauer den Rücken hinunterjagte. Fiomha der Elf schien dort zu sitzen, einmal mehr, ein Mann auf ruheloser, ewiger Suche. Seine Erzählung kam ihr wieder in den Sinn, lebendiger denn je.
»Es wird Zeit für mich.« Letitia machte Anstalten, aufzustehen.
»Tochter, du fährst heute auf keinen Fall mehr zum Waisenhaus!«, sagte Nonna Natalia streng. »Dein Heim ist hier.«
»Aber wo soll ich denn schlafen, Mama?«, wandte sie ein.
»Wo wohl …« Irrte sich Nadja, oder hatte ihr Vater gerade tatsächlich
geknurrt?
Als Letitia sich ihm langsam zuwandte, machten alle schleunigst, dass sie davonkamen. »Gute Nacht! – Schlaft gut! – Vergesst nicht, das Licht auszumachen!« Und fort waren sie, die Küche war plötzlich leer und verlassen. Bis auf Nadjas Eltern.
»Das ist nicht dein Ernst«, echauffierte sich Letitia nach einer Weile ungemütlichen Schweigens.
»Und ob«, erwiderte er, packte sie mit festem Griff am Handgelenk und zerrte sie hinter sich her, die Treppe hoch.
»Du nutzt meine gute Erziehung aus, weil das ganze Haus voll ist und ich mich vor meinen Eltern geniere«, zischte sie erbost. »Sonst würde ich dich anschreien und treten, wohin es dir ganz bestimmt keinen Spaß macht!«
»Hilft dir auch nichts«, sagte er unbeeindruckt, schubste sie ins Schlafzimmer und machte die Tür hinter sich zu.
»Fabio Oreso …«, begann sie, doch weiter kam sie nicht. Er schlang die Arme um sie, zog sie heftig an sich, und dann küsste er sie, dass ihm schwindlig wurde. Das hatte er so intensiv schon sehr lange nicht mehr getan, und für einen Moment musste er nach Atem ringen. Aber er kam schnell wieder in Übung und holte noch einiges nach, bevor er seine Frau endlich wieder freigab. Sie war allerdings nicht minder atemlos, und er kam dadurch erst richtig in Fahrt.
»Julia Oreso, ich will mit dir schlafen. Jetzt sofort.« Sein heißer Atem fiel auf ihr Ohr, und Fabio begann ungeduldig und ungeschickt an ihren Sachen zu zerren.
»Dummkopf, ich bin faltig und alt und …«
»Na und? Wenn dich das stört, mache ich eben das Licht aus. Dafür ist der Lichtschalter doch da.«
In ihren Augen glänzten plötzlich Tränen, als sie zu ihm aufsah. »Und was ist mit den vergangenen Jahren? Können wir die etwa auch einfach so ausschalten?«
Seine Hand fuhr durch die Luft, und glitzernder Staub sank sacht herab. »Da rieseln sie schon in die Bedeutungslosigkeit, siehst du? Für mich wirst du immer meine wunderschöne junge Julia sein, der ich zum ersten Mal vor zweitausendeinhundertundnochwas Jahren begegnete. Was zählen da schon ein paar Jahrzehnte der Trennung?«
»Aber du kannst nicht noch einmal nach mir suchen …«
»Verdammt noch mal, Julia – du bist
jetzt
hier! Und ich will endlich mit dir ins Bett. Ich bin am Leben, entgegen besserem Wissen, und das will ich jetzt in vollen Zügen spüren. Wie du ganz richtig bemerkst, bin ich ein sterblicher Mensch. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich überhaupt noch in der Lage bin, umzusetzen, wonach mir im Moment der Sinn steht. Und darum werde ich keine Sekunde mehr länger warten. Kommst du freiwillig mit oder nicht?«
Er zog die Luft scharf ein, als sie ihm daraufhin unverblümt zwischen die Beine griff.
In ihre Augen trat ein Funkeln. »Unter
diesen
Voraussetzungen … also
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