Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin - Schartz, S: Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin
wirklich ein Unglück geschehen. Und gerade deshalb mussten sie aufgehalten werden, vielleicht reichte es schon, sie abzulenken …
Aber Nadja bekam keine Chance dazu. Der Getreue hielt sie fest, die Hand auf ihren Mund gepresst. Sie fing an zu zittern, als sie den Daumen seiner anderen Hand, die immer noch ihre Schulter hielt, plötzlich leicht über ihren Nacken streichen spürte.
»Das ist keinerlei Verhandlungsbasis«, lehnte Fanmór strikt ab. Eine Gewitterwolke verdüsterte seine Stirn. Er wirkte bedeutend furchteinflößender und finsterer als die Dunkle Königin, und das lag nicht nur an seiner Größe von zweieinhalb oder mehr Metern. Gefährlicher aber, und das stand außer Frage, war dennoch Bandorchu. Sie zeigte sich verhaltener, berechnender und setzte mehr auf Taktik denn auf offene Auseinandersetzung. »Du wirst meine Kinder und die Mutter meines Enkels sofort freilassen, ohne weitere Bedingungen. Dann können wir darüber reden, wie deine Zukunft aussehen wird.«
Die Königin warf den Kopf zurück. »Meine Zukunft, Fanmór, ist bereits fest verankert. Denkst du, ich habe all das auf mich genommen, um mich dir zu unterwerfen? Ich habe das
Schattenland
verlassen, Narr, hast du das überhaupt begriffen?«
»Das ist … kaum zu begreifen«, sagte der Herrscher zögernd.
Bandorchu lachte abfällig. »Du hast den Krieg damals mit einer List gewonnen …«
»Und du ihn wegen deiner eigenen List verloren«, unterbrach er.
»Und dennoch bin ich von einem Ort zurückgekehrt, an dem es keine Rückkehr gab! Mächtiger denn je – das Schattenland ist mein, und ich kann mir seine Macht nutzbar machen!«
Fanmór neigte leicht den Kopf, als drückte ihn die Krone nieder. Sein schweres dunkles Haar fiel wie ein Vorhang herab, und die weiße Strähne trat deutlich hervor. »Wir müssen Frieden schließen, Gwynb…«
»
Bandorchu!
«, zischte sie. »Gwynbaen existiert nicht mehr, sie starb vor langer Zeit. Und deinen Frieden kann ich mir vorstellen: Du verlangst meine Unterwerfung, das ist alles! Ich aber werde mir die Seelen der Menschen holen, dann ist die Anderswelt dran – und zuletzt dein Reich. Ich werde dich einkesseln und isolieren, bis dir nur noch die Kapitulation oder die völlige Vernichtung bleibt, alter Mann! Deine Tage sind gezählt, aber meine brechen erst an!«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Das«, sagte sie laut, »sind
meine
Bedingungen. Zieh dich zurück, und den Deinen wird nichts geschehen.«
»Ich werde nicht zulassen, dass du den Menschen Schaden zufügst.«
»Diese Wahl hast du nicht. Sei vielmehr besorgt um dein Reich, das du dir widerrechtlich angeeignet hast!«
Fanmór straffte seine Haltung. »Genug jetzt! Dieses Geplänkel bringt uns nicht weiter. Lass meine Kinder und das Mischblut frei, und ich werde abziehen. Wir setzen den Kampf ein andermal fort und an einem anderen Ort, in unseren Gefilden. Andernfalls werde ich die Geiseln mit Gewalt befreien.«
»Ach ja? Und wie willst du das durchsetzen?«
»Ich habe doppelt so viele Kämpfer wie du, und ich selbst zähle für noch einmal fünfzig.«
Immerhin will er mich auch freibekommen
, dachte Nadja. Von Fabio und Grog hatte der Herrscher nichts gesagt. Wo steckte Pirx überhaupt? Suchend ließ sie den Blick schweifen, soweit es ihr möglich war, doch sie konnte den kleinen Igel nirgends entdecken.
»Soso.« Gelassen schmunzelte Bandorchu und wandte sich dem Getreuen zu. »Jetzt, mein treuer Freund.«
Der Verhüllte löste die Hand von Nadjas Mund und hob sie. Nadja spürte, wie ein magischer Stoß von seinen ausgestreckten Fingern Richtung Observatorium geführt wurde und dort einschlug. Gleich darauf sagte er: »Der Weg ist frei, Gebieterin.«
Und da kamen sie auch schon in Scharen heraus. Wie eine Springflut schwappten sie aus dem Steinhaus, versuchten sich gegenseitig zu überholen, manche setzten über die anderen hinweg. Zerlumpte, abgerissene Gestalten, halb verwelkte Pflanzengeschöpfe, Schimären und viele mehr. Für zwei oder drei war die Freiheit nur kurz, denn in ihrer Freude bedachten sie nicht, dass die unverhüllte Sonne der Menschenwelt tödlich für sie war. Sie vergingen zischend.
Die meisten Wesen aber achteten nicht darauf; für sie konnte nichts schlimmer sein als die zurückgelassene Pein des Schattenlandes. Sie sprangen und kugelten über die Wiesen, umarmten sich lachend und jubelten.
Die Ernüchterung folgte allerdings sogleich, denn die Freiheit war noch nicht ganz errungen, wie sie
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