Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin - Schartz, S: Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin
vermutlich hätte es bei der Überzahl ohnehin keinen Unterschied gemacht, ob sie wach waren.
Bevor sie recht wussten, wie ihnen geschah, wurden sie alle aus den Betten gerissen und in Schach gehalten. Sie hatten keine Chance zur Gegenwehr. Unter strenger Bewachung durften sie sich immerhin anziehen, und dann ging es auf dem schnellsten Weg zum Ganggrab. Wie Vieh wurden sie getrieben.
Keiner der Gefangenen sagte etwas; sie hatten damit rechnen müssen, aber keine andere Wahl gehabt. Wo hätten sie sich in der Nacht noch verstecken sollen? Ihre einzige Hoffnung blieb, dass Pirx endlich zurückkehrte.
Als sie beim Hügel eintrafen, flackerte noch einmal Widerstandswille auf, und es entstand ein Tumult, als Nadja ihrem Bewacher in einem günstigen Moment in die Weichteile trat. Das lenkte die anderen ab, und so setzten auch David und Fabio sich zur Wehr und ebenso Rian und Grog, jeder auf die Weise, die er am besten beherrschte.
Sie schlugen sich tapfer, doch es blieb völlig aussichtslos gegen die Übermacht. Aber das spielte keine Rolle, sie wollten sich nicht einfach ergeben.
Da erschien der Getreue, finster und eisig wie je, ohne ein Zeichen von Schwäche. »Schluss!«, rief er schlicht und bestimmend. »Es ist so weit. Nehmt teil an diesem großartigen Moment!«
13 Die Ankunft
Alles verharrte und stand still, als ein gleißendes Licht aus dem Tumulus herausstrahlte. Nur die dunklen Krieger nutzten den Moment und entwaffneten die Zwillinge, Fabio und Grog.
»Nein …«, flüsterte Nadja bleich.
Der Getreue stellte sich hinter sie, legte seine Hände auf ihre Schultern und hielt sie so fest, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. »Hier kommt sie«, sagte er mit einem feierlichen, aus seinem Mund absolut seltsam wirkenden Klang in der Stimme.
Das Licht begann zu flackern und wurde immer wieder verdeckt, als ob sich jemand hindurchbewegte.
Niemand rührte sich, alle blickten gebannt auf das uralte Ganggrab.
Dann glühten die Linienmuster des Eingangssteins auf und verströmten ebenfalls Licht, wohingegen der Fels diffus wurde und sich aufzulösen schien. Ein Glitzer- und Flimmereffekt trat ein, wie bei einer Fata Morgana. Luft wallte, die Konturen verwischten sich, und Nadja hatte für einen Augenblick das Gefühl, als würde der Boden schwanken. Als hätte soeben ein Titan seinen Fuß abgesetzt. Selbst der Himmel über ihnen wurde plötzlich noch dunkler, und Sterne blinkten auf.
Dann bildete sich ein Schemen in dem gleißenden Licht, der langsam näher kam und immer festere Konturen annahm. Durch das glühende Linienmuster des Steins schritt die Königin des Schattenlandes und betrat den Boden der Menschenwelt, majestätisch und von solch blendender Schönheit, dass ein Seufzen durch die Reihen der Krieger ging.
Sie war groß, Nadja schätzte sie auf mindestens einen Meter fünfundachtzig, und goldfarbenes, perlendurchwirktes Haar fiel ihr bis auf die Hüften herab. Ihre Haut war so makellos wie Alabaster, und ihre Augen funkelten wie grüne Diamanten. Sie trug ein schlichtes weißes Gewand, das ihren schlanken Körper wie eine zweite Haut modellierte, gehalten von einem Hüftgürtel. Der Rock wurde zum Boden hin weit und fließend, mit einer kleinen ausgestellten Schleppe. Die weißen Schuhe glänzten wie Seide. Eine wie Perlmutt schimmernde Aura umgab Bandorchu, die Dunkle Königin, die in diesem Augenblick alles andere als dunkel wirkte.
Nadja fühlte Trockenheit in ihrem Mund, und sie konnte nichts anderes tun, als dieses erhabene Wesen anzustarren. Sie wusste nicht, was sie sich unter der Dunklen Frau vorgestellt hatte – dieses lichte, wunderschöne Wesen jedenfalls nicht. So musste Gwynbaen ausgesehen haben … und äußerlich entsprach sie ihr vielleicht auch noch. Aber innerlich … lauerte vermutlich die Finsternis.
Alle sanken auf die Knie, bis auf die Gefangenen und deren Wächter. Die Wächter verbeugten sich und zwangen die Gefährten, dasselbe zu tun, nur noch tiefer. Nadja registrierte, dass sich sogar der Getreue leicht verneigte. Sie selbst hatte das Gefühl, soeben um zwei Köpfe geschrumpft zu sein.
»Ich grüße Euch, erhabene Gebieterin«, sprach der Getreue mit tiefer, klangvoller Stimme, ganz anders als sonst. »Willkommen in der Welt der Menschen, Eurem künftigen Reich.«
Bandorchu verzog die tiefroten Lippen zu einem Lächeln. »Ich grüße dich, mein Freund, in Freiheit nach all dieser Zeit, und ich danke dir.« Sie hob den Kopf und atmete tief ein. »Wir treffen uns
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