Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin - Schartz, S: Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin
den Köpfen der Elfen inzwischen erloschen, sie erinnerten sich nicht mehr an ihn. Nachdem er ins Schattenland geflohen war, hatte Bandorchu die Verfolgung abgeblasen und ihn seinem Schicksal überlassen. Was nicht bedeuten musste, dass sie nicht trotzdem rachsüchtig auf seine Rückkehr wartete und ihm eine Falle stellte.
Doch die Sorge war unbegründet.
Vielleicht hatte Gwynbaen einmal mehr die Vorherrschaft errungen und dafür gesorgt, dass Ainfar fortan unbehelligt blieb. Immer gab es Hoffnung. Und genau deswegen würde er weiterkämpfen.
Unbehelligt erreichte Ainfar das Schlafgemach der Königin. Wehmütige Erinnerung regte sich in ihm. Einmal nur wieder bei ihr sein, ihre Hand auf sich fühlen … ihren Duft einatmen …
Aber nein, er hatte jetzt Eledula. Sie war die passende Gefährtin, Verwandte noch dazu. Beim Baum konnten sie sich ein neues Leben aufbauen, wenn alles vorüber war. Wer weiß, vielleicht würden sie sogar eine Familie gründen, bevor ihre Tage endeten, und so ein Vermächtnis hinterlassen. Es wurde Zeit, an den Frieden und eine neue Zukunft zu denken.
Ach, verdammt!
Ainfar hatte sich zu sehr von seinen Gedanken ablenken lassen, daher traf es ihn unvorbereitet und wie ein Schock.
Vor dem Bett lag Melemida. Sie schien nicht mehr als eine ausgetrocknete Hülle zu sein, völlig leer und in sich zusammengesunken, die Borke trocken und rissig. Kein Blatt war mehr an ihr, und viele zarte Zweige waren gebrochen.
Vor der offenen Tür zum verbotenen Raum stand der Getreue, mit dem Rücken zu Ainfar. Seine breiten Schultern verdeckten die Sicht auf das Zimmer dahinter.
»Was ist geschehen?«, rief Ainfar in aufkeimendem Zorn. Dieses Ende hatte die Dryade nicht verdient, die stets treu und liebevoll für ihre Königin gesorgt hatte!
»Ich weiß, die Königin wird zornig sein«, erklang die tiefe, leicht abwesende Stimme des Getreuen. »Doch ich hatte keine Wahl, ich brauchte ihre Lebenskraft.«
Er wandte sich Ainfar halb zu, und Lichtstrahlen schossen an ihm vorbei ins Gemach, stachen dem Tiermann in die empfindlichen Augen.
Das Portal
, dachte er.
»Schick mir noch ein Dutzend Diener, die leicht entbehrlich sind!«, befahl er. »Ich brauche mehr. Erst dann habe ich genug Kraft, um den Weg zu öffnen.«
»Ich soll Euch Elfen schicken, damit Ihr sie tötet?«, stieß Ainfar empört hervor.
»Es ist notwendig, denn wenn ich nicht mehr bestehe, bleibt deine Königin für immer verloren. Ist das dein Ziel?« Eiskalt glitzernde Augen richteten sich auf den Tiermann.
Ainfar erschauerte bis ins Mark. »Nein«, sagte er leise.
Weil Gwynbaen noch in Bandorchu existiert, und sie vertraut darauf, dass ich sie befreie! Wir haben einen Pakt
…
»Dann befolge meine Befehle.«
»Ich … kann das nicht.«
»Ein Elf mit Skrupeln.« Die Stimme des Getreuen klang amüsiert. »So tief ist das Volk inzwischen gesunken.«
»Dieses Land ist der Boden des Abgrunds, tiefer geht es nicht mehr«, erwiderte Ainfar mit bebender Stimme. »Ich mag verurteilt und verbannt sein, aber ich habe meine Ehre nicht aufgegeben!«
»Das ist mein Vorteil euch gegenüber, ich habe keine Ehre.« Der Getreue schwieg kurz und senkte leicht den Kopf, als müsse er nachdenken. »Also gut«, sagte er dann. »Gib einer Zofe den Befehl, Dienerschaft herzuschicken, die sauber machen soll. Dann hat keiner von euch die Wahl getroffen. Kannst du damit leben?«
»Ich muss es wohl.«
»Gewiss. Sonst ist es damit nämlich vorbei, mein Freund. Verstehen wir uns?«
Ainfar schluckte. »Ja, Herr.« Er wandte sich zum Gehen, doch der Getreue hob die Hand.
»Ich war noch nicht am Ende. Sobald ich mich ausreichend gestärkt habe, werde ich in die Menschenwelt zurückkehren und alles dafür vorbereiten, einen neuen Ausgang zu schaffen, durch den ihr dann gehen werdet, sobald ich euch rufe. Halte deine Soldaten ständig auf Abruf bereit. Wie viele hast du?«
»Derzeit fünfzig, Gebieter.«
»Die genügen vorerst. Aber weitere sollen sich vorbereiten, es kann unter Umständen schnell gehen.«
Erregung stieg in Ainfar auf. »Dann … werden wir das Schattenland bald verlassen?«
Der Getreue nickte. »Sehr bald.«
»Und wohin werden wir gehen?«
»Nach Irland«, lautete die Antwort. »Ich werde das Zeitgrab in Newgrange öffnen, um von dort aus die in der Zeit verschollene Königin zu holen.«
Ainfar verschlug es für einen Moment die Sprache. Doch dann begriff er die Zusammenhänge, alles klärte sich. »Verstehe. Ich werde alles
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