Elfenzorn
Durchgang und drehte automatisch den Kopf zur Seite, um den Flammen von Alicas Fackel nicht zu nahe zu kommen, die gierig nach ihrem Gesicht zu lecken schienen. Seltsamerweise hatte sie das Gefühl, dass die Fackel durchdringend nach Zigarrenrauch stank.
Vielleicht war es auch der schwarze Zigarillo, den Alica sich praktischerweise gleich mit angezündet hatte.
Pia hustete demonstrativ, wedelte übertrieben mit der Handvor dem Gesicht herum und wich einen Schritt zurück, bis sie gegen harten Fels stieß. Ihr Haar verfing sich in etwas, das mit einem seltsamen Knistern nachgab und sich auf unangenehme Art klebrig anfühlte, als sie mit den Fingern darüberfuhr. Sie blinzelte noch ein paarmal und presste die Lider schließlich für einige Sekunden zusammen, um ihren Augen Gelegenheit zu geben, sich an die veränderten Lichtverhältnisse zu gewöhnen.
Es funktionierte, nur gab es nicht besonders viel zu sehen. Sie befanden sich in einem schmalen Gang, der offensichtlich aus dem gewachsenen Fels herausgemeißelt worden war. Staubverkrustete Spinnweben hingen wie schmutzige Lappen dort von den Wänden und der Decke, wo die Flammen von Alicas Fackel sie nicht weggebrannt hatten, und hier und da schien sich etwas darin zu bewegen, kleine dunkle Dinge, die auf entschieden zu vielen Beinen vor dem tödlichen Licht flohen. So viel zu Alicas Behauptung, dachte sie, dass es hier drinnen nichts gab, was beißen oder stechen oder einem wenigstens über das Gesicht krabbeln konnte.
»Und?«, fragte sie. Ihre Stimme klang belegt.
Statt zu antworten streckte Alica die Hand aus, die die Fackel hielt, wartete ungeduldig, bis sie sie entgegengenommen hatte, und deutete dann mit dem glühenden Ende des Zigarillos tiefer in den Gang hinein. Papiertrockene Spinnweben zerfielen Funken sprühend zu Asche, und irgendwo an der Decke, gerade noch deutlich genug zu erkennen, um unangenehm zu sein, floh etwas Großes, mit noch mehr Augen als Beinen vor dem Licht.
Konzentriert sah Pia in die angegebene Richtung und setzte sich schließlich widerwillig in Bewegung. Etwas blitzte im gelben Schein der Fackel auf und erlosch zu schnell, um es genau zu erkennen. Pia beruhigte sich (oder versuchte es wenigstens) mit dem Gedanken, dass Alica sie gewiss nicht in Gefahr bringen würde, ohne sie vorher zu warnen; oder wenigstens in keine allzu große.
Der Gang führte ein halbes Dutzend Schritte tiefer in mitSpinnweben ausgekleideten Fels und endete vor einer glatten Wand mit einem rechteckigen und nach oben schmaler werdenden Türrahmen. Eine Tür gab es nicht, aber die Dunkelheit dahinter füllte die Öffnung wie etwas Stoffliches aus. Pia hatte kein gutes Gefühl, ging aber trotzdem weiter und duckte sich nach einem unmerklichen Zögern auch unter der niedrigen Tür hindurch.
Der Raum dahinter blieb dunkel, trotz der Fackel, die sie hielt, aber sie spürte, dass er sehr groß und, dem hallenden Echo ihrer Schritte nach zu urteilen, nahezu leer war. Pia fühlte sich mit jedem Moment weniger wohl in ihrer Haut und sie begriff immer weniger, was zum Teufel Alica ihr hier unten eigentlich zeigen wollte.
Ärgerlich wandte sie sich um, um ihre Frage in angemessene Worte zu kleiden, und stellte fest, dass Alica ihr nicht gefolgt, sondern auf der anderen Seite der trapezförmigen Tür stehen geblieben war.
»Was ist hier los?«, fragte sie scharf. »Was soll ich hier?«
»Dich nur ein bisschen umsehen«, antwortete Alica. »Keine Sorge, hier gibt es nichts, was du fürchten müsstest. Aber ich finde, du solltest das hier sehen.«
Sah man einmal davon ab, dass es hier praktisch nichts zu sehen gab, dachte Pia, hob aber trotzdem die Fackel ein wenig höher und trat gehorsam näher an die Wand neben der Tür heran. Wie alles hier drinnen war sie schwarz, seltsamerweise aber frei von Spinnweben oder Staub oder irgendwelchen anderen Anhaftungen. Es war ein sonderbares Schwarz, so matt, dass es das Licht aufsaugte und ihr das Gefühl gab, schwerer Luft zu bekommen, wenn sie die Wand länger als einen Augenblick ansah.
Statt Alica eine weitere Frage zu stellen, auf die sie keine Antwort bekommen würde, blickte sie die Wand nur noch genauer an. Sie war nicht so glatt, wie es im allerersten Moment den Anschein gehabt hatte. Wenn man genau hinsah, konnte man unter dem lichtfressenden Schwarz die eckigen Linien und Umrissederselben brachialen Bilder erkennen, die sie überall in der Stadt gesehen hatte.
Zögernd streckte sie die Hand aus und berührte den
Weitere Kostenlose Bücher