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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schlingpflanzen, stacheligen Gewächsen und heimtückischen Schatten und seinen krabbelnden, kriechenden und stechenden Bewohnern. Sie war nicht passend für einen Waldspaziergang gekleidet, fand sie – nicht für diesen Wald. Sie saß dennoch ab, band den Zügel ihres Ponys an den erstbesten Ast, den sie sah, und warf noch einen abschließenden Blick in den Himmel hinauf. Ohne besondere Überraschung stellte sie fest, dass die beiden Raben noch immer dort oben kreisten, und obwohl sie sie nur als winzige schwarze Punkte auf dem unnatürlich kräftigen Blau des Firmaments erkennen konnte, zweifelte sie doch nicht daran, dass Tormans scharfen Augen dort oben am Himmel nicht die mindeste Kleinigkeit von dem entging, was hier unten geschah.
    Sie hätte nicht einmal sagen können, was schlimmer war: das Wissen darum, dass der Schattenelb über praktisch jeden Schritt informiert war, den sie tat, oder das Gefühl der Hilflosigkeit, das sie dabei empfand.
    Sie verscheuchte den Gedanken und folgte Alica und ihren Begleitern, und ganz wie sie behauptet hatte, war der Weg tatsächlich nicht mehr besonders weit. Vielleicht ein Dutzend Schritte weit kämpften sie sich durch einen Dschungel, der nicht annähernd so dicht war, wie es den Anschein gehabt hatte (oder vielleicht doch, aber die Krieger bahnten ihr nicht nur mit ihren schweren eisernen Rüstungen einen Weg durch das Unterholz,sondern achteten auch darauf, Äste und dorniges Gestrüpp zur Seite zu biegen. Einmal griff eine der riesigen Gestalten ihr wortlos unter die Achseln und hob sie über ein kniehohes Hindernis aus Wurzeln und moosbewachsenem Stein, bevor sie mühsam darüber hinwegklettern musste), dann blieb Alica wieder stehen und bedeutete ihr mit einer ganz und gar überflüssigen Geste, neben sie zu treten.
    Pia gehorchte, und was sie sah, verschlug ihr so gründlich die Sprache, dass sie in den ersten Augenblicken sogar das Atmen vergaß.
    Vor ihren Füßen brach der Boden nahezu senkrecht ab, fünf, sechs oder mehr Meter tief und entlang einer Linie, die so präzise wie mit einem Lineal gezogen war. Irgendwann vor langer Zeit musste es hier ein Erdbeben gegeben haben (wenigstens hoffte sie, dass es ein Naturereignis gewesen war und nichts Schlimmeres), sodass das gesamte Land jenseits der Bruchkante gute zwei Etagen tief abgesackt war. Auch unter ihr breitete sich der bekannte Dschungel aus, nur dass sich die schier undurchdringliche grüne Masse der Baumkronen jetzt nahezu auf Augenhöhe befand, aber er begann erst gute dreißig oder vierzig Meter entfernt. Dazwischen und sich in beiden Richtungen auf mindestens die doppelte Distanz erstreckend reflektierte der silberne Spiegel eines Sees das Sonnenlicht. Viel erstaunlicher als dieser unerwartete Anblick war die Tatsache, dass er ganz eindeutig künstlich angelegt worden war. Seine Ufer waren keine Ufer, sondern Mauern aus denselben zyklopischen Steinquadern, aus denen auch die Gebäude der Stadt hinter ihnen bestanden. Schon halb überwuchert vom unablässig vordringenden Dschungel erhob sich eine regelmäßige Reihe doppelt mannshoher, flacher Pyramiden dahinter. Nur ein kleines Stück entfernt waren zwei Boote von wirklich sonderbarer Bauweise am Ufer vertäut, und auf der linken Seite mündete der See in einen ebenfalls künstlichen, mindestens fünfzehn Meter breiten Kanal, der seinerseits in einem gewaltigen steinernen Maul verschwand. Etwas daran war beunruhigend, aber sie warviel zu durcheinander und erschlagen von dem unerwarteten Anblick, als dass sie dem Gefühl hätte auf den Grund gehen können.
    »Wie gesagt, der Pool ist noch nicht ganz fertig«, erklärte Alica mit todernster Miene. In ihrer Stimme schwang sogar ein Unterton von schlechtem Gewissen mit. »Aber wir arbeiten daran.«
    »Das ist ... unglaublich«, murmelte Pia, was dem, was sie wirklich empfand, nicht einmal nahe kam.
    »Und du solltest erst mal sehen, was sich im Dschungel da drüben noch verbirgt. Die Erdwühler auf unserer Seite waren entweder nicht gründlich genug, oder diese Stadt hier ist viel größer, als es Chichen Itza jemals war.«
    Pia fragte sich beiläufig, ob Alica sich gerade versprochen oder sie vielleicht die ganze Zeit über auf den Arm genommen hatte, verfolgte diesen Gedanken aber auch nicht weiter, sondern dachte stattdessen angestrengt darüber nach, ob es diesen gewaltigen künstlichen See in dem Chichen Itza, das sie kannte, auch gab. Wenn ja, dann hatte sie noch nie davon gehört.
    »Das ist

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