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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schritte wurden schneller, ohne dass sie irgendetwas dagegen tun konnte, und sowohl die Übelkeit als auch der stechende Schmerz in ihrem Leib machten sich mit doppelter Kraft bemerkbar. Zweifellos war es nur Einbildung, ein kleiner Gruß ihrer außer Rand und Band geratenen Fantasie, aber unglückseligerweise unterschieden sich eingebildete Schmerzen kaum von echten. Alles in allem brauchten sie weniger als zwei Minuten, um die Tür zu erreichen, unter der der Zwerg stand, aber ihr Atem ging so schnell, als wäre sie meilenweit gerannt, und in dem schmalen Gang hinter Gamma Graukeil angekommen, musste sie sich beherrschen, um sich nicht erschöpft gegen die Wand sinken zu lassen. Kalter Schweiß bedeckte ihre Stirn, und sie zitterte am ganzen Leib.
    Einmal aus der Kammer heraus, wurde es allerdings rasch besser. Übelkeit und Schmerz lösten sich fast so schnell auf, wie sie gekommen waren, aber ein sehr sonderbares Gefühl vonUnbehagen blieb zurück; wie Sonnenbrand, ohne dass ihre Haut wirklich wehtat. Gamma Graukeil maß sie schweigend, aber mit unübersehbar besorgten Blicken, und auch Alica atmete so schwer, als hätte sie einen Marathonlauf hinter sich. Im weißen Licht der Grubenlampe wirkte ihr Gesicht so blass wie das einer Toten.
    »Irgendwie unheimlich, nicht?«, fragte sie. »Ging mir genauso, als ich das erste Mal hier war.«
    »Wie groß ist dieser ... Tempel?«, fragte Pia. »Oder was immer es ist.«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, antwortete Alica. »Es gibt noch ein paar Nebenräume, glaube ich, aber ich war bisher nur einmal hier drin, und das war für meinen Geschmack genau einmal zu viel. Der Laden ist mir unheimlich.«
    Das konnte Pia verstehen. Ihr selbst erging es ja nicht anders. »Und warum schickst du dann nicht deinen Freund Eirann hinein oder einen seiner Krieger?«, fragte Pia.
    Alica starrte sie an, als hätte sie sie allen Ernstes gefragt, ob sie noch an den Weihnachtsmann glaubte. »Eirann?«, wiederholte sie.
    »Eirann«, bestätigte Pia. »Oder hat er Angst vor der Dunkelheit?«
    »Nein, aber vor Silber«, antwortete Gamma Graukeil an Alicas Stelle. Sein Blick tastete immer noch besorgt über ihr Gesicht. Nicht dass sie das nicht verstehen konnte nach ihrem eigenen Aufenthalt in dieser unheimlichen Kammer.
    »Sie haben Angst vor Silber?«, vergewisserte sie sich.
    Jetzt starrte der Zwerg sie an, als verdiente sie den Preis für die dümmste Frage des Jahres. Mindestens. »Nein«, antwortete er nach kurzem Zögern. »Sie haben keine Angst vor Silber. Es bringt sie nur um.«
    »Es … bringt sie um?«, vergewisserte sich Pia.
    »Augenblicklich und mit tödlicher Sicherheit«, bestätigte Alica. »Silber ist tödlich für Elben. Jetzt erzähl mir bitte nicht, dass du das nicht weißt!«
    Pia fragte sich, ob das ernst gemeint oder nur Gamma Graukeils ganz spezielle Art von Humor war, aber sie hätte auch nicht sagen können, welche Antwort ihr lieber gewesen wäre. Sie deutete ein Lächeln an, das der Zwerg mit dem schlechtesten Gebiss zweier Welten beantwortete.
    »Aber aus diesem Grund habe ich Euch nicht hergebeten, Erhabene«, fuhr er in verändertem Ton fort, schickte noch ein gewichtiges Lächeln hinterher und wandte sich dann direkt an Alica. »Wir sind durchgebrochen. Du hattest recht.«

XVII
    P ia gab es irgendwann auf, sich die Frage zu stellen, wie Gamma Graukeil sich hier zurechtfand. Seine Schultern waren mindestens doppelt so breit wie die ihren und Alicas, und der Gang wurde ein paarmal so schmal, dass selbst sie kaum noch hindurchpasste und mehr als einmal gegen einen plötzlichen Anfall von Klaustrophobie ankämpfen musste. Das Licht einer Grubenlampe hüpfte vor ihnen auf und ab; zwei- oder dreimal, wenn er hinter irgendeinem besonders massigen Hindernis verschwand oder um eine Ecke bog, erlosch es sogar gänzlich, sodass sie in einem Kokon aus erstickender Dunkelheit gefangen war. Als wäre das alles noch nicht genug, um ihr das Leben schwer zu machen, mussten sie schließlich noch ein gutes Stück klettern; zuerst über eine Schutthalde, aus der sich bei jedem Schritt kleinere oder größere Steinchen lösten, um polternd in der Dunkelheit unter ihnen zu verschwinden (einmal hörte sie Gamma Graukeil ein schmerzerfülltes Zischen ausstoßen, und einen ganzen Schwall von Flüchen, die sie mit einem unverhohlen schadenfrohen Grinsen quittierte), und schließlich über eine wackelige Konstruktion, von der vermutlich nicht einmal der Zwerg behauptet hätte, es

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