Elfenzorn

welches der beiden Mädchen es sich handelte. Sie wechselte ein paar geflüsterte Worte mit Alica, die daraufhin nickte und sich auf eine irgendwie offizieller wirkende Art zu Kukulkan herumdrehte.
    »Schwert Torman, der Heeresführer von Elfenborg und Verteidiger der Freiheit, wünscht die Erhabene Prinzessin Gaylen zu sprechen und ersucht um Eure Erlaubnis«, sagte sie.
    Pia gab ihr Bestes, um sie mit Blicken aufzuspießen, und Alica gab dem Mädchen einen fast genauso unmerklichen Wink, woraufhin es mit raschen Schritten und gesenktem Haupt hinauseilte. Sowohl Eirann als auch der Zwerg (ohne mit Kauen innezuhalten oder wenigstens mit Schmatzen) wandten sich dem Eingang zu. Auch Pia wollte aufstehen (sie fühlte sich ohnehinnicht besonders wohl, als Einzige an der langen Tafel zu sitzen), doch Alica schüttelte schon fast erschrocken den Kopf.
    »Bleib sitzen«, sagte sie rasch. »Es geziemt sich nicht für die Herrscherin von Chicken Pizza, vor ihrem Gast zu stehen wie eine gewöhnliche Sterbliche.«
    Und warum ist dann die göttliche Herrscherin über die Stadt der Großen Schlange nicht hier?, dachte Pia, hütete sich aber, diesen Gedanken laut auszusprechen, oder auch nur einen Schatten davon auf ihrem Gesicht Gestalt annehmen zu lassen. Es wäre ohnehin zu spät gewesen, denn das Mädchen konnte kaum Zeit gefunden haben, den angrenzenden Raum zu durchqueren, da näherten sich auch schon schwere Schritte, und zwei groß gewachsene Elben in auf Hochglanz polierten schwarzen Rüstungen kamen herein. Sie hatten ihre Speere unten bei den Pferden gelassen, trugen jedoch Schild, Schwert und Helm, und Pia war auch nicht die Einzige, die ein wenig überrascht die Stirn in Falten legte.
    Den beiden Kriegern folgten zwei weitere Gestalten, Schwert Torman und Schild Landras, beide ebenfalls in Schwarz gehüllt, aber ohne Helm. Zwei weitere Schattenelben in voller Rüstung bildeten den Abschluss.
    »Eigenartiger Aufzug, für einen Freundschaftsbesuch«, murmelte Alica, straffte dann aber trotzdem die Schultern und trat ihren weißhaarigen Gästen mit einem strahlenden Lächeln entgegen.
    »Schwert Torman«, sagte sie. »Willkommen in der Stadt der Großen Schlange und dem Haus meiner Herrin.«
    Torman reagierte zwar mit einem angedeuteten Nicken, doch sein Gesicht blieb vollkommen ausdruckslos, und sein Blick verharrte für einen kurzen Moment auf Alicas Gesicht und kaum weniger lange auf denen der anderen. Einzig auf Eirann blieb er eine Winzigkeit länger haften und etwas änderte sich in seinen Augen. Pia konnte nicht recht sagen, was.
    Schließlich wandte er sich ganz zu ihr um, und diesmalvergingen etliche Sekunden, in denen er sie so durchdringend ansah, dass sie sich schon nach einem halben Atemzug unbehaglich zu fühlen begann. Ihr fiel erst jetzt auf, dass er den rechten Arm in einer Schlinge trug, und sofort meldete sich ihr schlechtes Gewissen wieder. Aber seine Augen ließen ihren Blick nicht los, und ihre Kehle war mit einem Mal wie zugeschnürt.
    »Prinzessin Gaylen«, begann er schließlich. »Ich bin sehr froh zu sehen, dass es Euch wieder besser geht.«
    »Ich hatte hervorragende Pflege«, antwortete Pia.
    »Wir waren dennoch in Sorge«, sagte Torman, »vor allem, nachdem wir von Eurem Zustand erfahren haben.«
    Für die Dauer eines halben Atemzuges hatte Pia sich nun doch nicht mehr gut genug in der Gewalt, um Alica nicht einen schon fast mörderischen Blick zuzuwerfen, bekam aber nur einen Ausdruck von perfekt gespielter Ahnungslosigkeit zur Antwort.
    »Woher –?«, entfuhr es ihr.
    »Es wurde vorhergesagt, Erhabene«, antwortete Torman, aber dann stahl sich doch so etwas wie ein Lächeln auf seine gestrengen Züge. »Und selbstverständlich war es hilfreich, dass einer unserer Heiler Euch untersucht hat.«
    »Vorhergesagt?«, wiederholte Pia. »Von wem?«
    Jetzt war es Schwert Torman, der ein wenig verwirrt aussah. Er setzte zu einer Antwort an, hob dann stattdessen den Kopf und sah beinahe noch länger Jesus an, der noch immer reglos hinter ihrem Stuhl stand. Durch seine enorme Größe überragte er nicht nur die hohe Lehne, sondern selbst die Schattenelben noch um ein gutes Stück; zumindest Torman und Landras, die ihre Helme nicht aufgesetzt hatten.
    Schließlich räusperte sich Torman unsicher – ein Ausdruck von Verlegenheit, der so wenig zu dem Schwert Torman passte, den sie kannte, dass eine volle Sekunde verging, bevor Pia überhaupt begriff, dass der Laut von ihm kam –, trat einen halben