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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einen respektvollen Bogen um die nervösen Reitechsen, von denen mehr als nur eine drohend in ihre Richtung schnappte oder auch den Boden mit den schrecklichen Klauen an ihren Hinterläufen aufriss, ging aber dennoch zielsicher auf Jesus zu, der auf dem einzigen Pferd saß und seine liebe Mühe hatte, das bockende Tier unter Kontrolle zu halten.
    »Du hättest mir sagen können, dass du einen Ausritt planst, Jesus«, sagte sie lächelnd. »Ich wäre vielleicht mitgekommen. Du weißt doch, dass Mama Ixchel mir Bewegung verordnet hat.«
    »Was zum Teufel tust du hier?«, keuchte Jesus. Sein Pferd scheute immer heftiger, versuchte mit den Hinterläufen auszuschlagen und hätte seinen Reiter um ein Haar abgeworfen. Irgendwie gelang es Jesus, das Pferd zumindest so weit zu beruhigen, dass er wenigstens aus dem Sattel gleiten und das Zaumzeug mit beiden Händen ergreifen konnte.
    »Ich frage dich noch einmal: Was tust du hier?«, knurrte er. »Weißt du eigentlich, wie gefährlich dieser Dschungel ist?«
    »Ich kann schon ganz gut auf mich aufpassen.« Pia schlugdemonstrativ mit der flachen Hand auf die Schwertscheide an ihrer Seite. »Ich bin schon ein großes Mädchen, weißt du? Und wenn das nicht reichen sollte, dann habe ich ja immer noch einen noch größeren Leibwächter, der aufpasst, dass selbigem nichts passiert.«
    Jesus brachte das Pferd mit einem eindeutig zu brutalen Ruck zur Räson und funkelte sie zornig über die Schulter hinweg an, und Pia fügte hinzu: »Obwohl ich mich allmählich frage, ob er seine Aufgabe eigentlich ernst genug nimmt. Immerhin hat er mich ganz allein in diesem schrecklichen Lager gelassen. Stell dir nur vor, ein hilfloses Mädchen wie ich unter all diesen Männern, und keiner da, der auf mich aufpasst.«
    »Alica war doch da, oder?«, knurrte Jesus.
    »Das stimmt«, sagte Pia. »Aber nur umso schlimmer. Wer passt jetzt auf, dass den armen Männern nichts passiert?«
    »Das ist nicht witzig!«, fauchte Jesus. »Zum dritten Mal: Was tust du hier?«
    »Komisch, aber dasselbe wollte ich dich auch gerade fragen«, erwiderte Pia. »Gibt es irgendeinen Grund, aus dem ich von diesem Ausflug nichts wissen darf ?«
    »Es hat nichts mit dir zu tun«, sagte Jesus.
    »Sondern?«
    Jesus ließ das Zaumzeug los, wandte sich ihr ganz zu und druckste einen Moment herum. »Schild Landras«, sagte er schließlich.
    »Du hast eine heimliche Verabredung mit Landras?« Pia riss übertrieben die Augen auf. »Aber das hättest du mir doch sagen können! Ich meine, wir sind doch aufgeschlossene moderne Menschen, und schließlich leben wir nicht mehr im Mittelalter, sondern im einundzwanzigsten Jahrhundert. Mein Geschmack wäre er zwar nicht, aber –«
    »Eirann hat mich gebeten, ihn zurückzuholen«, unterbrach sie Jesus. »Dieser Irre ist dabei, alles zu verderben. Und er hat etliche Stunden Vorsprung. Je länger du uns also aufhältst, desto schwieriger wird es für uns, ihn noch einzuholen.«
    »Um ihn woran zu hindern?« Pias Lächeln erlosch wie abgeschaltet.
    »Er hat vor, den Wagenzug anzugreifen«, antwortete Jesus. »Und jetzt frag mich nicht, warum. Ich habe keine Ahnung, was in seinem durchgeknallten Schädel vorgeht. Vielleicht will er Eirann und Ixchel auf diese Weise zum Handeln zwingen, oder er hat einfach mal wieder Lust auf ein bisschen Blutvergießen ... aber wenn wir ihn nicht aufhalten, dann geschieht etwas wirklich Schlimmes. Also, flieg zurück und lass uns weiterreiten.«
    Pia überlegte kurz. »Wie groß ist sein Vorsprung?«, fragte sie dann.
    Jesus hob die Schultern. »Mindestens zwei Stunden, wenn nicht mehr. Und wenn es dunkel wird, dann wird es noch schwerer, seiner Spur zu folgen. Also flieg zurück ins Lager … bitte.
    »Ich habe eine bessere Idee«, sagte Pia, indem sie auf Flammenhuf deutete. »Was ich dich immer schon einmal fragen wollte: Bist du eigentlich schwindelfrei?«

XXV
    S ie kamen zu spät. Flammenhuf war trotz Jesus’ zusätzlichem Gewicht so schnell geflogen wie noch nie zuvor, doch es war schon nach wenigen Augenblicken dunkel geworden, und Pias Hoffnung, den Weg schon irgendwie zu finden, hatte sich nicht erfüllt. Die Nacht war so dunkel, als hätte sich nun auch die Natur selbst auf Schild Landras’ Seite geschlagen. Nicht nur dadurch, sondern vor allem aus so geringer Höhe betrachtet, sah alles vollkommen anders aus, als sie es in Erinnerung hatte.
    Schließlich war es der Feuerschein, der sie zu ihrem Ziel führte. Obwohl es nur ein einziger Wagen war,

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