Elfenzorn
ausstreckte, wie um sie festzuhalten. »Oder hast du etwas dagegen?«
Ixchel ließ die Hand fast erschrocken sinken. »Natürlich nicht«, antwortete sie. »Aber es sind noch eine Menge Vorbereitungen zu treffen –«
»Diese Truhe auf ein Packpferd zu binden?«
»– und du würdest nur deine Zeit verschwenden. Im Augenblick scheint niemand zu wissen, wo er sich aufhält.«
»Ich finde ihn schon«, erwiderte Pia lächelnd. »Und wenn nicht, macht es auch nichts. Ein kleiner Spaziergang tut mir bestimmt gut ... vor allem in meinem Zustand, nicht wahr?«
Ixchels Lächeln wirkte jetzt vielleicht nicht mehr ganz so überzeugend, und Pia genoss diesen Anblick noch kurz, ging dann weiter und war selbst ein wenig überrascht, als sie kehrtmachte und wieder zum Tisch zurückging – genauer gesagt zu dem schmalen Schemel daneben, über dem der Waffengurt hing. Noch immer mindestens so verwirrt wie Ixchel, nahm sie ihn auf, schnallte sich Eiranns Zorn um und begegnete nun fast so etwas wie Furcht in Ixchels Augen.
»Verratet Ihr mir, was Ihr vorhabt, Prinzessin?«
»Nur ein paar Schritte gehen«, antwortete sie, folgte dann mit gespieltem Unverständnis Ixchels Blick und spielte dann noch sehr viel übertriebener die Überraschte, als könnte sie sich selbst am wenigsten erklären, wie das Schwert an ihre Seite kam. »Ach, das! Das hat nichts zu bedeuten, Ixchel.«
»Ihr meint die Waffe an Eurer Hüfte, Erhabene?«, fragte Ixchel spröde.
»Tormans Handwerker haben sich solche Mühe gegeben, den Gürtel und diese wundervolle Scheide anzufertigen, da wäre es doch eine Schande, sie immer nur zu verstecken, oder?«
Ixchels Lächeln entgleiste nun endgültig, und Pia ließ die Hand fröhlich auf die Schwertscheide klatschen und marschierte nun schnellen Schrittes aus dem Zelt. Zumindest ihr schadenfrohes Grinsen erlosch, kaum dass sie Ixchel den Rücken zugedreht hatte. Hier stimmte etwas nicht; und sie würde herausfinden, was. Und wenn nicht sie selbst, dann würde Ter Lion es ihr verraten, dafür würde sie schon sorgen!
Pia lächelte flüchtig, als ihr klar wurde, dass sie Jesus gerade das erste Mal auch in Gedanken Ter Lion genannt hatte, runzelte dann aber nur umso tiefer die Stirn und dachte einen Momentlang angestrengt darüber nach, ob sie ihrem selbst ernannten Leibwächter eigentlich jemals das Geheimnis dieser magischen Stiefel verraten hatte. Sie war nicht sicher, aber wenn nicht ... umso besser. Warum sollte sie die Einzige sein, die an diesem Tag eine unangenehme Überraschung nach der anderen erlebte?
Die nächste wartete schon auf sie, kaum dass sie um das letzte Zelt herumgegangen war und das andere Ende des Lagers vor ihr lag.
Pia war weder die Urenkelin eines Sioux-Indianers noch hätte sie den Ehrenwimpel der Pfadfinder bekommen, aber das war auch nicht notwendig, um die breite Spur zu sehen, die nur wenige Schritte vor ihr im Fluss verschwand und am anderen Ufer wieder auftauchte, um sich dann im angrenzenden Dickicht zu verlieren. Mindestens ein Dutzend Trexe, schätzte sie, und dazu mehrere Pferde.
»Kannst du mir verraten, was du vorhast, Liebes?«, fragte Alicas Stimme hinter ihr. »Willst du ganz allein in den Krieg ziehen?«
»Das ging schnell«, antwortete Pia, noch während sie sich herumdrehte. »Hat Mama Ixchel dich geschickt, um mich zur Vernunft zu bringen, oder beobachtet ihr mich abwechselnd?«
»Blödsinn!«, fauchte sie. »Du –«
»Was geht hier vor?«, fiel ihr Pia ins Wort. »Wohin ist Jesus verschwunden, und was passiert hier, wovon ich nichts wissen darf ?«
»Überhaupt nichts«, sagte Alica. »Was ist los mit dir, Süße? Sind das die ersten Hormonschübe?«
»Ja, und die machen aggressiv«, bestätigte Pia. »Und außerdem bin ich die Stellvertreterin Gottes auf diesem Planeten, die oberste aller Elfenprinzessinnen und überhaupt furchtbar wichtig. Und so ganz nebenbei im Moment stinksauer. Also, sag mir lieber, was ich wissen will, oder ich lasse als meine erste Amtshandlung ein gewisses Etablissement in WeißWald wiederaufbauen, und du darfst ein Jahr lang dort Doppelschichten schieben.«
Alica zeigte sich wenig beeindruckt. Sie zündete sich einen ihrer schwarzen Zigarillos an, blies Pia genüsslich eine süß riechende Qualmwolke ins Gesicht und maß sie mit einem Blick, der entweder wirklich mitleidig oder aber perfekt geschauspielert war. »Das müssen die Hormone sein«, sagte sie. »Red ruhig weiter, Liebchen. Umso mehr werde ich es später genießen,
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