Elfenzorn
Landras fort. »Eiranns und meine Krieger werden sich um das Lager kümmern, von dem Ihr berichtet habt, aber wenn sie sich in den Berg zurückziehen, können wir ihnen nicht dorthin folgen. Die Hauptlast des Kampfes wird bei Ixchels Kriegern liegen.« Er deutete auf den toten Ork. »Ihr habt diese Bestien im Kampf erlebt, Gaylen. Ihr wisst, wozu sie fähig sind. Für jeden Ork, den wir heute erschlagen haben, werden morgen vielleicht zehn von Ixchels Kriegern nicht sterben müssen.«
Und das war vermutlich noch vorsichtig geschätzt, dachte Pia. Aber diese Rechnung war so alt wie die Geschichte des Tötens, und sie hatte noch nie gestimmt.
Gaylen?«, fragte Jesus.
Sie ging nicht darauf ein, dass er sie mit diesem Namen ansprach, sondern übersetzte einiges – wenn auch wohlweislich nicht alles – von dem, was Landras gesagt hatte, und Jesus reagierte mit genau dem verächtlichen Verziehen der Lippen, das sie erwartet hatte.
»Ja, das passt, sagte er. »Was für ein reizender Zeitgenosse. Wie gut, dass Atombomben hier nicht funktionieren. Ich wette, er würde sich auch noch das andere Ohr abschneiden lassen, um eine zu bekommen.«
»Ich weiß nicht genau, wovon Ihr sprecht, Ter«, sagte er, »aber Ihr habt recht. Ich würde noch sehr viel mehr als nur ein Ohr opfern, um diesen Albtraum zu beenden.«
Pia übersetzte diesmal wortwörtlich, und Jesus schnaubte nur noch verächtlicher. »Ja, und genau diese Antwort habe ich erwartet«, sagte er. »Ich bin gespannt, was Schild Eirann zu deiner Eigenmächtigkeit zu sagen hat, Einohr.«
»Die Meinung dieses Verräters steht hier nicht zur Debatte«, erwiderte Landras kühl.
»Auch nicht, wenn er erfährt, dass Ihr vielleicht alles verdorben habt?«, fragte Pia.
»Verdorben?«
»Sie werden die Wagen erwarten«, antwortete Pia. »Ich weiß nicht, ob Nandes selbst dort oben ist, aber auch wenn nicht, werden sie die Wagen vermissen. Falls sie nicht sogar das Feuer gesehen haben.«
»Der Wagenzug wird ankommen, macht Euch keine Sorgen«, antwortete Landras. »Es ist noch eine halbe Tagesreise bis zu den Bergen, und mehr als eine ganze den Pass hinauf und bis zur Mine. Vor morgen um Mitternacht werden sie nicht mit seinem Eintreffen rechnen. Zeit genug für uns, alle notwendigen Vorbereitungen zu treffen.«
»Was für Vorbereitungen?«, fragte Pia.
Statt ihr zu antworten, wandte sich Landras an Jesus. »Wie viele Männer begleiten Euch, Ter?«, fragte er.
Pia übersetzte, und Jesus antwortete stirnrunzelnd: »Ein gutes Dutzend. Aber sie sind mindestens zwei Stunden entfernt, wenn nicht mehr ... warum?«
»Dann muss ich Euch bitten, zu ihnen zurückzukehren und sie hierherzubringen.« Landras wartete, bis Pia seine Worte übersetzt hatte, und fuhr dann direkt an sie gewandt fort: »Und auch Euch muss ich um Eure Hilfe bitten, Gaylen – genauer gesagt, Euer fliegendes Pferd.«
»Flammenhuf lässt keine Elben auf sich reiten«, sagte Pia, doch Landras fuhr ungerührt fort:
»Zusammen mit Ter Lions Männern können wir unseren Weg fortsetzen, ohne zu viel Zeit zu verlieren. Aber die Zeit reicht nicht, um mit den Wagen zum Lager zurückzukehren und die Passstraße dann noch rechtzeitig zu erreichen. Fliegt zurück und berichtet Schild Eirann, was Ihr hier gesehen habt. Sagt ihm, dass wir am Anfang des Passes auf ihn warten. Er wird wissen, was zu tun ist.«
»Und wenn er nicht damit einverstanden ist?«, fragte Pia. Landras lächelte dünn. »Das spielt keine Rolle, Prinzessin. Sagt ihm einfach, was Ihr hier gesehen habt. Dann bleibt ihm gar keine andere Wahl.«Wie sich zeigte, hatten sie beide recht: Eirann war nicht einverstanden mit dem, was Schild Landras getan hatte, und ihm blieb keine andere Wahl, als das zu tun, was Landras von ihm verlangte.
Es war beinahe Mitternacht, als sie ins Lager am Fluss zurückkehrten, und eine erstaunliche Zeit danach verbrachte Eirann damit, herumzutoben und Landras nicht nur die Pest an den Hals zu wünschen, sondern auch ein Dutzend anderer Krankheiten und noch üblerer Dinge, von denen sie noch nie gehört hatte. Bis zu diesem Moment hatte sie nicht einmal gewusst, dass die stets so unnahbar und beherrscht wirkenden Elben zu solchen Gemütsäußerungen überhaupt fähig waren, aber sie waren es, und Eirann kreierte in dieser Zeit nicht nur ein paar Beschimpfungen und Flüche, die selbst Alica die Schamesröte ins Gesicht trieben (mithin das Zweite in dieser Nacht, was sie noch am vorangegangenen Abend als vollkommen
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