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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dastand und mit lauter Stimme und übertrieben anmutenden Gesten irgendwelche Anweisungen gab.
    Anders als Lion und Alica konnte der Elb sie offensichtlich sehen, denn schon als sie noch zehn Schritte entfernt war, unterbrach er sein Gespräch, schickte die drei Krieger, mit denen er gerade redete (oder die er seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen wohl eher genüsslich zusammenfaltete), mit einer ärgerlichen Geste weg und wandte sich ganz zu ihr um. »Erha-«, begann er, und Pia unterbrach ihn, vielleicht noch ein halbes Dezibel davon entfernt, wirklich zu schreien:
    »Hör mit dem Gesülze auf, Spitzohr! Ich will jetzt auf der Stelle wissen, was hier gespielt wird!«
    »Prinzessin?«, murmelte Eirann. Dieses Mal wirkte seine Hilflosigkeit nicht gestellt.
    »Dort drinnen!« Fordernd deutete sie auf den Stollen. »Was ist da unten? Was bei Kronn verheimlicht ihr vor mir? Und komm mir nicht mit irgendwelchen blöden Ausreden!«
    Das hatte Eirann offensichtlich auch nicht vor. Er sagte gar nichts.
    Pia funkelte ihn so zornig an, wie sie überhaupt nur konnte, bewirkte damit ganz genau gar nichts und trat schließlich noch einige Schritte näher an den Stollen heran, wagte es aber auch nicht, ihn wirklich zu betreten.
    Der Anblick war bei Tage beinahe noch unheimlicher als bei Nacht. Selbst das schon fast unangenehm helle Licht reichte nur wenige Schritte weit in den Stollen hinein, bevor es von einer Barriere aus … irgendetwas einfach aufgesogen wurde. Sie war nicht einmal sicher, ob es wirklich Dunkelheit war, was sie sah, oder vielleicht etwas anderes, für das sie keine Worte fand. Als versuchte sie einen Blick in eine Welt zu werfen, die so vollkommen fremd und einfach anders war, dass ihr Gehirn mit den Bildern einfach nichts anzufangen wusste, die ihre Augen ihm zeigten und die es schlichtweg ausblendete.
    Dieser Gedanke war beinahe noch erschreckender.
    »Ihr solltet nicht zu nahe herangehen, Prinzessin«, sagte Eirann. »Dieser Ort ist gefährlich.«
    Pia lauschte in sich hinein. Sie fühlte sich nicht besonders gut, aber das lag nur an den Anstrengungen der zurückliegenden Tage und an der Wut, die immer noch in ihr brodelte, nicht an diesem Ort. Sie spürte tatsächlich etwas … aber sie konnte nicht einmal sagen, was, und es war ganz und gar nicht das Gefühl einer drohenden Gefahr. Zögernd legte sie die Hand auf den Schwertgriff und vernahm das gewohnte düstere Flüstern tief in ihrer Seele. Aber keine Warnung. Irgendetwas war dort, und es war deutlich mehr als nur ein Labyrinth aus silbergeäderten Stollen. Pia machte einen weiteren Schritt, und Eirann sog erschrocken die Luft ein. Vor ihr schälte sich eine struppige kleine Gestalt mit einem gewaltigen Bart aus der Dunkelheit, die einen nochviel gewaltigeren Grubenhammer über der linken Schulter und eine schon halb erloschene Grubenlampe in der rechten Hand trug. Im allerersten Moment glaubte sie, es handelte sich um den Zwerg, den Alica mit ihrer albernen Namensschöpfung bestraft hatte, aber dann sah sie, wer es wirklich war, und ihre Augen wurden groß.
    »Gamma … Graukeil?«, flüsterte sie.
    Der Zwerg blieb mitten in der Bewegung stehen und sah mindestens genauso überrascht aus wie sie – und ganz eindeutig erschrocken. »Wer …?«, stammelte er. Er hob die Lampe, wie um den im hellen Sonnenschein daliegenden Bereich vor sich zusätzlich auszuleuchten, und sein Blick irrte fast panisch hin und her. Pia trat für eine halbe Sekunde aus den Schatten heraus, erfreute sich für dieselbe Zeit an dem blanken Entsetzen, das in seinen Augen aufglomm, und wurde gleich darauf wieder unsichtbar.
    »Du bist es!«, brachte Graukeil halb erstickt heraus.
    »Ja, treffender hätte ich es auch nicht ausdrücken können«, sagte Pia finster. Graukeils Augen wurden noch ein bisschen größer, und Pia packte ihn mit beiden Händen am Schlafittchen, hob ihn von den Füßen und trug ihn unsichtbar aus dem Stollen heraus und ein gutes Stück zur Seite, ohne auf sein heftiges Beinestrampeln und Kreischen zu achten. Graukeil ließ sein Werkzeug und die Lampe fallen, die klirrend zerbrach und brennendes Öl in alle Richtungen verspritzte. Pia sah aus den Augenwinkeln, wie die zuckenden roten Lichtpfeile der Flammen in die Dunkelheit stachen und ebenfalls aufgesogen wurden, verschwendete aber nicht einmal einen halben Gedanken darauf, sondern schleppte den zappelnden Zwerg weiter und rammte ihn mit solcher Wucht gegen die Wand, dass aus seinem schrillen

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