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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ertastete sie etwas Hartes, sah genauer hin und zog überrascht die Stirn kraus.
    »Der sieht aus wie deiner«, sagte Lion.
    Damit hatte er recht – auch wenn Pia ganz sicher war, ihm niemals von dem schweren Siegelring erzählt zu haben, den sie in dem Kästchen in Estebans Schreibtisch gefunden hatte, und den sie ihm schon gar nicht gezeigt hatte. Aber der Ring sah nicht nur genauso aus. Es war ganz eindeutig der Ring, der den Sith gerufen hatte.
    »Sie muss ihn genommen haben«, sagte sie.
    »Und warum?«
    »Vielleicht hat er ihr einfach gefallen.« Warum sagte sie ihm nicht einfach die Wahrheit? Weil dieser Ring nicht einfach nur ein Ring war, sondern über die Macht der Magie gebot. Eine Macht, deren Existenz sie tief in sich immer noch nicht anzuerkennen bereit war, auch wenn sie ihr Wirken schon so oft miterlebt und am eigenen Leib gespürt hatte. Sie hob nur die Schultern.
    »Wir beerdigen sie anständig«, sagte Lion in plötzlich versöhnlichem Ton. »Sobald wir hier raus sind.«
    Falls sie hier herauskamen , hieß das. Pia ließ Ixchels Hand fast schon zärtlich sinken, straffte dann die Schultern und zwang sich, ihren Blick nach vorne zu richten. Die Drakkensang hatte sich noch nicht allzu weit vom Ufer entfernt, sich dabei aber weiter gedreht, sodass der trotzig emporgereckte Drachenkopf nun genau auf das gegenüberliegende Ende des unterirdischen Sees deutete. Das Licht dort hatte sich verändert, aber sie konnte nicht genau sagen, wie.
    Ein neuer Farbton war hinzugekommen, etwas ... Frischeres, das angenehm und fröhlich sein sollte, es aber nicht war. Da war etwas wie eine unterschwellige Warnung in diesem Licht, ihm nicht näher zu kommen, sondern hierzubleiben, im Schutz dieses Berges, der sein Geheimnis ein Millennium lang bewahrt hatte.
    Pia sah noch einmal zum Ufer zurück und relativierte zumindest den Begriff Sicherheit , als sie die doppelte Reihe schwarz gepanzerter Gestalten sah, die dort standen und zu ihnen herüberstarrten. Einige von ihnen waren auf die Knie gesunken, und mindestens die Hälfte der Krieger schien Mühe zu haben, sich überhaupt noch auf den Beinen zu halten. Lion hatte recht, dachte sie bedrückt. Eirann hatte seine Krieger in den sicheren Tod geschickt. Keiner dieser Männer würde das Tageslicht wiedersehen, und wie viele Schattenelben allein den Weg hierherunter mit dem Leben bezahlt hatten, wagte sie sich nicht einmal vorzustellen. Und das alles nur wegen eines alten Schiffs?
    »Schau mal«, sagte Lion plötzlich. Pia folgte seinem Blick, begriff im ersten Moment nicht, was er wollte, und zog dann überrascht die Augenbrauen hoch. Lion war zu Ixchels Mörder hinübergegangen und hatte ihm den zerschlagenen Helm abgenommen. Der Schädel darunter war zerbrochen, und das Gesicht blutüberströmt, aber sie erkannte es trotzdem.
    Sie sollte erschrecken oder auch zornig werden, doch stattdessen ergriff plötzlich ein Gefühl von Bitterkeit von ihren Gedanken Besitz. Sie fühlte sich schuldig.
    »Wieso ausgerechnet er?«, wunderte sich Lion. »Ich dachte, er wäre so etwas wie dein Freund.«
    Das hatte sie auch gedacht. Aber sie hatte auch geglaubt, Ixchel wäre ihr Feind, und das Schicksal hätte sie auf diese Welt verschlagen, damit sie den Menschen hier Frieden brachte. War denn alles, was sie geglaubt hatte, falsch?
    »Ich bin nicht einmal sicher, dass er sie töten wollte«, antwortete sie. Ixchel war so zerbrechlich gewesen, so unendlich verwundbar. »Ich glaube, er hatte nur Angst vor ihr.« Und wenn man es genau nahm, dann hatte sie Farlan umgebracht, schon in dem Augenblick, in dem sie seinen Trex getötet hatte.
    »Das ist unsere Gaylen, wie wir alle sie lieben«, sagte Lion spöttisch. »Immer das Gute sehen, nicht wahr? Selbst wenn der Kerl dir gerade das blutige Messer aus dem Rücken zieht.«
    Pia lächelte schmerzlich. Ihre Hand strich wieder über Ixchels Stirn, berührte fast zärtlich ihre Wangen und glitt dann wieder zu ihrer Hand hinab, die vom Gewicht des schweren Siegelrings niedergedrückt wurde. Was ist dein Geheimnis, alte Frau? Warum hast du es nur nicht gesagt?
    Die Drakkensang näherte sich der Mitte des unterirdischen Sees und wurde allmählich schneller, und bald sah sie, was mit der vermeintlichen Wand nicht stimmte: Es war keine Wand, sondern ein nahezu undurchdringlicher Vorhang aus Lianen und Wurzelwerk und tausend Jahre altem Staub, durch den nur hier und da ein verirrter Sonnenstrahl sickerte, gerade genug, um die Höhle so weit zu

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