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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unsere Fragen gerne beantworten. Nicht wahr, mein Kind?«
    Toni wedelte feixend mit seinem Messer, und Gonzales schien allmählich zu begreifen, was hier wirklich geschah (oder gestattete es sich auch erst jetzt), und fuhr mit einer heftigen Bewegung zu Peralta herum. »Einen Moment!«, sagte er scharf, während er mit der Hand anklagend auf Jesus’ zerschnittenen Unterarm deutete. »Was geht hier vor? Dazu habe ich mein Einverständnis ganz bestimmt nicht …«
    Peralta machte eine beiläufige Geste, und Claudio versetzte dem Arzt einen Stoß, den er wahrscheinlich nur als freundlichen Schubser betrachtete, der aber trotzdem ausreichte, Gonzales quer durch den Raum und an die gegenüberliegende Wand zu schleudern, wo er mit einem halb erstickten Keuchen zusammensackte. Ein leises Klirren erscholl, und auf seiner Kitteltasche bildete sich ein dunkler Fleck. Der Schatten hinter Claudio bewegte sich, aber er tat es nicht so, wie es der Schatten eines Menschen tun sollte. Etwas … Gieriges regte sich in der Welt des Unsichtbaren.
    Peralta bedachte Claudio mit einem missbilligenden Blick, sprach aber in unverändertem Ton weiter, als wäre gar nichtspassiert. »Du solltest dich wirklich entscheiden, mein Kind. Ich habe nicht alle Zeit der Welt. Obwohl ich zugeben muss, dass diese Geschichte mit jeder Minute interessanter wird.«
    »Sie haben recht«, antwortete Pia, so ruhig sie konnte. »Sie haben nicht alle Zeit der Welt. Sie haben sogar nur noch sehr wenig Zeit.«
    Peralta zog leicht verärgert die Augenbrauen hoch, und Pia trat wie zufällig ein kleines Stück um das Bett herum. Sie vermied es ganz bewusst, auch nur in Tonis Richtung zu blicken, aber sie hatte sich sehr genau gemerkt, wie er dastand, und vor allem, wie er das Messer hielt. Wenn es ihr gelang, ihm die Waffe zu entreißen oder wenigstens aus der Hand zu schlagen, dann hatte sie eine gute Chance. »Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, Senhor Peralta, aber Sie sind auch kein junger Mann mehr und Sie haben nicht mehr allzu viele Jahre vor sich.«
    »Das ist leider wahr«, antwortete Peralta. »Und worauf willst du hinaus?«
    »Zeit schinden?«, schlug Toni vor.
    Das stimmte, wenn auch nicht ausschließlich. Pia machte einen vorsichtigen weiteren halben Schritt und blieb wieder stehen. »Sie sind ein sehr alter Mann, Senhor Peralta«, fuhr sie fort. »Sie haben schon jetzt mehr Geld, als Sie jemals ausgeben können, und dieses Messer allein ist mehr wert, als irgendein Mensch in diesem ganzen Land besitzt.«
    »In den paar Jahren, die mir noch bleiben, meinst du?«
    »Nehmen Sie es und lassen Sie uns gehen.«
    »Und wenn nicht?«, fragte Toni kalt.
    »Dann werde ich euch töten. Und dich zuerst.«
    Toni zog die Augenbrauen zu einem spitzen V zusammen, und Pia setzte zu einem blitzschnellen Sprung an, um ihm die Waffe aus der Hand zu schmettern, und versuchte, ihm am Ende derselben Bewegung das Genick zu brechen. In Claudios riesenhafter Pranke erschien wie hingezaubert eine noch riesenhaftere Waffe, deren Lauf er gegen Jesus’ Schläfe presste.
    Pia erstarrte mitten in der Bewegung. »Nein!«, sagte sie entsetzt. »Nicht! Bitte!«
    Peralta musterte sie kalt. Er sah kein bisschen überrascht aus. Eigentlich nicht einmal verärgert. »Ich nehme an, das musste jetzt wohl sein«, seufzte er. »Aber gut. Nachdem wir diesen Teil hinter uns haben, vermute ich, dass du endlich vernünftig wirst und mir sagst, was ich wissen will. Oder muss ich Toni wirklich die Erlaubnis geben, dieses kostbare Messer an deinem Freund auszuprobieren?«
    Blanke Verzweiflung machte sich in Pia breit. Sie hatte Peralta abermals unterschätzt – oder ihre Cleverness überschätzt –, aber das lief wohl auf dasselbe hinaus.
    »Also gut«, sagte sie. Den niedergeschlagenen Ton in ihrer Stimme musste sie nicht mehr schauspielern. »Ich sage Ihnen alles, was Sie wissen wollen … soweit ich es selbst verstehe, heißt das.«
    Toni fügte Jesus einen weiteren Schnitt zu, diesmal in den Oberarm und aus keinem anderen Grund als dem, dass es ihm Freude bereitete, sein wehrloses Opfer zu quälen. Jesus stöhnte vor Schmerz, aber er wagte es angesichts des Pistolenlaufs an seiner Schläfe nicht, sich zu rühren.
    »Also?«, fragte Peralta. »Ich höre.«
    »Es ist … nicht so einfach zu erklären«, antwortete Pia nervös. Sie versuchte ihre Chancen einzuschätzen, Claudio zu erreichen und ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen, bevor er abdrücken konnte, und gestand sich ein, dass sie

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