Elfmeter fuer die Liebe
dir extra Cola mitgebracht“, meinte er und hielt mir einen Becher hin. Der war schon total nett, der Titus. Er betrachtete mich von oben bis unten und rief: „Aber du trägst ja das falsche Trikot, meine Liebe! Duygu ist doch gar nicht aufgestellt.“
„Ich hab ihr das von Weizenfeld angeboten“, sagte André, der stand auf der anderen Seite neben mir, „aber das wollte sie nicht. Evelin hat’s wohl lieber schmächtig und feminin. Auch gut, dann kann ich den Tobi ganz für mich alleine haben!“ Er strich liebevoll über sein Trikot.
„Du bist schwul?“ Klang natürlich total blöd. Mir fiel einfach nichts anderes ein in dem Moment. Schwule Fußballfans. Ich dachte, so was gab’s nicht.
André schnalzte mit der Zunge. „Klar. Steh ich auch zu. Der Julian auch. Ich glaub, der einzige, der in der Gruppe nicht für unsere Mannschaft spielt, ist Titus. Oder, Schätzchen?“
Titus grinste bloß breit und zwinkerte mir zu.
„Ich dachte, so was gibt’s gar nicht“, gab ich zu. André lachte nur schallend und gab mir einen Kuss.
„Evelin, Süße, du bist einfach zu goldig. Dich kann man nur lieb haben.“
Titus sagte: „Natürlich gibt es schwule Fußballfans. Es gibt doch auch schwule Fußballer; die machen das nur nicht öffentlich.“
Hä?
„Warum denn nicht?“, fragte ich. Hatte Teflon denn Unrecht? Und Oliver? Der hatte auch mal darüber gesprochen, so ganz allgemein, und uns gewarnt, vorsichtig zu sein.
Titus zuckte mit den Schultern. „Vielleicht aus Angst, weil sie die ersten wären. Die Ersten haben’s niemals leicht – erinnerst du dich an den ersten Türken in der Nationalelf? Oder den Kaiman, den ersten Schwarzen in der italienischen Mannschaft? Es hat eine Weile gedauert, bis die akzeptiert wurden. So eine Bürde will niemand freiwillig tragen, und man kann’s ihnen auch nicht verübeln.“
„Aber es wäre so schön“, seufzte André, „wenn mal jemand eine Lanze für uns bräche.“
Titus prostete ihm gut gelaunt zu, „Träum weiter, Baby.“
Das wurde mir viel zu kompliziert. Warum konnte man denn nicht einfach schwul sein, wenn man wollte und fertig? Die anderen mussten das ja nicht toll finden, aber wenigstens in Ruhe lassen sollten sie einen. Na ja, war nicht meine Sache, das zu ändern. Ich wollte ganz sicher nicht der erste sein, der deswegen einen auf den Deckel bekam. Oliver und Nikola kannten sich schließlich viel besser aus als ich. Wer war ich denn, dass ich mich über das, was die mir sagten hinwegsetzte? Nee, den Ärger wollte ich nicht. Und jemand anderen wollte ich da auch nicht mit rein ziehen. Erst recht nicht Cem. Das hatte er wirklich nicht verdient. Cem…
Ich war froh, als dann Anstoß war und wir uns alle auf das Spiel konzentrierten. Evelin machte ihre Sache auch gar nicht so übel. Gut war sie jetzt nicht direkt, aber sie hielt sich so weit aus allem raus, dass sie jedenfalls die anderen nicht behinderte. Und einmal fiel sie ausversehen auf Bruce Kent, den englischen Stürmer, und konnte sogar ein Gegentor verhindern, bevor sie Gelb für ihre Aktion bekam. Da war ich ein bisschen stolz auf sie – sie hatte sich schon echt verbessert, von der gelben Karte mal abgesehen. Trotzdem versetzte es mir einen ordentlichen Stich, dass ich nicht dabei sein konnte. Ich wollte auf dem Feld sein! Da war mein Platz. Hier vor dem Fernseher war ich doch total nutzlos. Titus merkte wohl, dass ich irgendwas hatte. Er rückte jedenfalls immer näher und irgendwann legte er mir einen Arm um die Schultern. Das war ja bestimmt nett gemeint, aber mir war das unangenehm.
Kapitel 13 – Pfostenschuss
Das Spiel war ein Desaster sondergleichen, und das nicht nur wegen mir. Bereits beim Frühstück legte Morgenrot sich mit Teflon an, der Grund dafür war mir nicht klar. Irgendwelche kurzfristigen Änderungen in der Mannschaftsaufstellung, über die Teflon nicht informiert worden war. Morgenrot meinte, er müsse nicht jede Kleinigkeit mit ihm besprechen, deswegen sei er Trainer und Teflon eben Co-Trainer; Teflon maulte, dann könne er ja gleich zuhause bleiben, ihn nähme hier ohnehin niemand mehr ernst (mit dieser Behauptung traf er allerdings , ohne es recht zu wissen, ins Schwarze). Oliver Brauhaus trat wie der Ritter im strahlenden Trikot dazwischen und schlichtete.
Auf dem Weg ins Stadion blieb auch noch der Bus liegen, weil ein Vorderreifen platzte. Da es keinen Wagenheber zu geben schien, mussten Morten und Robin unter den blitzenden Kameras verzückter
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