Elia Contini 03 - Das Verschwinden
Öl ein paar Minuten in der Pfanne. Schließlich mischte er die Peperoni darunter. Es geht doch nichts über pasta ai peperoni , um ein schlechtes Schweigen zu verscheuchen. Er holte eine Flasche Merlot und trug alles hinaus auf die Veranda. Der graue Kater saß bereits wieder im Schaukelstuhl aus Weidenrohr, leckte sich eine Pfote, und nach einem kurzen Blick zum Tisch wandte er sich ab: Dieses Paprikazeug konnte nichts Gutes sein.
Nach dem Essen überlegte Contini, ob er Francesca noch einmal anrufen sollte. Vielleicht war von Anfang an ein Wurm in ihrer Beziehung gewesen. Sie passten einfach nicht zusammen – sie hatte studiert, sie war um einiges jünger als er, sie liebte Bücher, Ausstellungen, Filmfestivals. Contini hingegen las ausschließlich die Göttliche Komödie , und auch das mehr aus Gewohnheit denn aus echter Neigung.
Hatte nicht Beatricens Schweigen, dort im fernen Paradies, auch Dante zum Schweigen gebracht? Ihr Schweigen, ihre neu verklärten Züge / Erschwiegen mir des Wissens Drang – entsprossen / Ihm Zweifel auch und Fragen zur Genüge . Doch aus dem Schweigen entstand Veränderung, Erhöhung. Und schnell, gleichwie ein Pfeil das Ziel durchschossen, / Bevor zur Ruhe noch der Strang gekommen, / Hielt uns der Himmel zweites Reich umschlossen .
Contini dachte wieder an Natalia.
Vielleicht lag in ihr, geschützt von ihrer Stummheit, die Antwort auf die Fragen der Polizei. Was war geschehen in der Nacht des ersten August? Contini war überzeugt, dass Natalia mit dem Mord nichts zu tun hatte. Aber irgendetwas war ihr zugestoßen – nicht ohne Grund war sie in panischer Furcht geflohen. Wer weiß, was diese wirren Worte über Rauch und Mädchen und das Tukan bedeuteten.
Hoffen wir, dass sie sich rasch wieder fängt, dachte er, während er das Buch zuklappte. Er betrachtete die Wolken, die zunehmend bedrohlich über dem Monte Basso hingen, und er musste daran denken, dass irgendwo dort draußen der Mörder von Sonia Rocchi herumlief. Was würde er tun, sobald er erfuhr, dass Natalia wieder sprechen konnte?
4
Rosalba Savi
»An Plätzen, an denen die öffentliche Ordnung und besonders die öffentliche Sicherheit, Sittlichkeit und Ruhe gestört werden könnten, ist die Prostitution verboten.« Artikel drei, Absatz eins des Tessiner Gesetzes über die Ausübung der Prostitution.
Luciano Savi ließ die Papiere sinken und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Er war müde, hundemüde, und er war dieses Versteckspiel mit der Justiz wirklich leid. Hatte er sich etwa der »Zuhälterei« schuldig gemacht, störte er etwa »die öffentliche Sittlichkeit und Ruhe«? Er tat weiter nichts, als das Alter der Mädchen ein wenig zu korrigieren, ihren Strafregisterauszug zu frisieren und ärztliche Atteste notfalls zu schönen. Aber er behandelte sie gut, gab ihnen eine saubere und sichere Unterkunft, zahlte ihnen tausend, ja bis zu zweitausend Franken im Monat. Und fast immer waren diese Gehälter beim kantonalen Steueramt ordnungsgemäß deklariert.
In der vorigen Woche hatte er auf die neuen Mädchen verzichtet, die aus Lettland hätten eintreffen sollen. Für den Sommer hatte er geplant, sich mit vier oder fünf Brasilianerinnen zu arrangieren, die meist aus Brescia kamen, aber vorläufig ging er lieber kein Risiko ein. Bis auf ein paar ungarische Tänzerinnen, die von ihren Beschützern beaufsichtigt wurden, war das Tukan praktisch leer. Und Savi verlor einen Haufen Geld.
Wenn das so weiterging, musste er das Tukan schließen, so viel stand fest: daher seine gigantische Wut auf die Frau des Doktors. Er hatte dann um Hilfe gebeten und die Mädchen vorsichtshalber zurückgeschickt. Aber er wusste auch, dass Fliehen keinen Sinn hat, wenn die Hunde die Beute erwittert haben.
Savi wunderte sich nicht, als er durch den Spion in der Tür ein Polizistengesicht erblickte.
Er ließ den Mann nicht gleich herein. Erst einmal kehrte er in sein Büro zurück, wo er die Ausdrucke mit den gesetzlichen Bestimmungen in einer Schreibtischlade verschwinden ließ. Dann machte er kehrt, schloss die Tür hinter sich und begab sich zum Haupteingang, um den Polizisten zu empfangen.
Der hieß De Marchi und ermittelte in einem Mordfall.
Savi spürte ein Brummen im Nacken und fürchtete einen Schwindelanfall: entsetzliche Vorstellung, er könnte vor dem Polizisten in die Knie gehen! Aber er hatte sich bald wieder im Griff und schaffte es, seinem Gesicht einen den Umständen angemessen verdutzten Ausdruck
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