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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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zurück, und währenddessen wirst du mir alles über deinen Waldspaziergang erzählen, den du dir am ersten August gegönnt hast …«
    »Wir bleiben sitzen.« Natalia begriff, dass der Mann sie nicht aussteigen lassen wollte. Sie begriff, dass er es war. Jetzt hatte sie es doch nicht geschafft, sich zu verstecken – der Mann hatte ihre Spur gefunden.
    »Kannst du reden, Mädchen?«
    Die ganze Weile, diese lange Weile im Wald … und er hatte sie in einem normalen, friedlichen gelben Postauto aufgespürt, das an einem Regentag die Hauptstraße entlang fuhr.
    »Hörst du? Kannst du reden?«
    Natalia brachte kein Wort heraus. Ihr Gehirn war leer, es fiel ihr nichts mehr ein. Sie war wieder im Wald, sie dachte an die Felsspalte, in der sie die Papiere versteckt hatte – die Papiere, die ihre Mutter gefunden hatte und die etliche Personen belasteten …
    »Also? Mädchen, es ist mir ernst.«
    Die Stimme riss sie aus der Erinnerung. Natalia blickte zu der Frau mit der roten Jacke, die nichts mitbekommen hatte. So wenig wie der Fahrer, der sich ganz auf die Straße konzentrierte. Es war nicht mehr weit bis Corvesco.
    »He, verstehst du, was ich sage?«
    »Ja«, stieß Natalia mühsam hervor.
    »Also, Mädchen.« Die Stimme war leiser geworden, näher gekommen. »Sag mir, was du der Polizei erzählt hast.«

12
Ein altes Chanson
    Giovanni drückte sich eine ganze Weile unschlüssig in der Nähe des Hauses herum. Er sei ein unberechenbarer Typ, dieser Contini, hieß es im Dorf; bei dem wisse man nie, woran man sei.
    Giovanni versuchte durch ein Fenster zu spähen, doch die Läden waren geschlossen.
    Er schlich sich wieder davon, suchte Deckung in einem Haselnussdickicht, von dem aus er die weiße Fassade des Hauses im Regen auftauchen und wieder verschwinden sah. Giovanni trug zwar einen Trenchcoat, dennoch rann ihm das Wasser in den Kragen und triefte von seiner Hutkrempe. Der Boden war eine aufgeweichte Seenlandschaft.
    Schließlich fasste er sich ein Herz, rannte hinüber zum Haus, und sei es nur um eines Unterstands willen, und läutete an der Tür.
    Contini erkannte ihn gleich. »Giovanni Canova«, sagte er. »Alles okay?«
    Giovanni nickte. »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte er.
    »Sie stören nicht. Kommen Sie nur herein.«
    Contini siezte ihn!
    Giovanni war eingeschüchtert, obwohl er ihm eigentlich ganz harmlos vorkam, dieser Exdetektiv mit seiner Kordhose und dem grauen Pullover und den verstrubbelten Haaren wie frisch aus dem Bett. Giovanni folgte ihm ins Wohnzimmer, das einen ziemlich überfüllten Eindruck auf ihn machte – neben einer Vielzahl von Sesseln entdeckte er eine aufgespannte Hängematte in einer Ecke, daneben einen Fahrradrahmen, diverse Kameras, eine Phalanx von Kakteen und, als Wächter an der Tür, einen blauen Keramik-Orang-Utan.
    »Hier ist Chaos«, sagte Contini in einem Tonfall, der nicht um Nachsicht bat, sondern lediglich konstatierte.
    Giovanni zog seinen tropfenden Mantel aus und setzte sich in den Sessel, der dem brennenden Kamin am nächsten stand. Aus dem Lautsprecher hinter ihm kam Musik, ein französisches Chanson. Contini reduzierte über Fernbedienung die Lautstärke und fragte: »Wollen Sie was trinken?«
    »Also wenn … wenn es Ihnen recht ist«, rang sich Giovanni ab, »können Sie mich auch duzen.«
    Contini hob die Brauen. »Meinetwegen«, sagte er. »Duzen wir uns.«
    Sie tranken beide eine Tasse Kaffee ohne Zucker und ohne Milch. Auch Contini setzte sich ans Feuer und wartete ab. Schließlich ermannte sich Giovanni, räusperte sich und sagte: »Sie … das heißt du interessierst dich doch für Natalia, auch wenn Sie kein Detektiv mehr sind. Oder?«
    Contini nickte bloß. Giovanni hatte mit einem Kommentar gerechnet, und als nichts kam, verlor er vorübergehend den Faden. Als er ihn wiederfand, fragte er: »Warst du mit der Familie befreundet, oder …« Er brach wieder ab.
    »Nein«, sagte Contini. »Aber ich habe Natalia im Wald gefunden, oben in Valnedo. Ich fühle mich ein bisschen verantwortlich.«
    »Ich hab sie schon einen Tag vorher getroffen.«
    »Weiß ich.«
    »Ich fühle mich auch verantwortlich. Sollte ich vielleicht nicht.«
    »Warum nicht?«
    Giovanni zögerte. Auch Contini schwieg und sah ihn nur an. Schließlich nahm Giovanni seinen Mut zusammen, zog Kates Brief aus der Hosentasche und reichte ihn dem Detektiv.
    Contini las schweigend. Dann blickte er auf und fragte: »Woher kommt das?«
    »Hat mir Natalia gegeben. Er kam wohl mit der Post nach

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