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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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niemand einen Verdacht gegen ihn hatte, musste er sich noch nicht stellen. Auf seine Praxis zu verzichten, sein Leben aufzugeben, war ein so gewaltiger Schritt – solange noch der Hauch einer Chance bestand, sich zu retten, gab er nicht auf. Mankell war schon unterwegs, Bellinzona lag hinter ihm: Savi hatte also keinen riesigen Vorsprung. Vielleicht holte er ihn noch rechtzeitig ein, bevor er Natalia fand, und konnte Schlimmeres verhindern.
    Savi verfolgte das Mädchen mit dem Auto, und das heißt, er kroch ohne Licht dahin und achtete peinlich darauf, außer Sicht zu bleiben. Sie zu finden war überraschend einfach gewesen – sie war tatsächlich auf der Hauptstraße unterwegs, die von Corvesco ins Tal führt. Mankell hatte Recht gehabt: Diese Natalia hielt eisern an ihren Gewohnheiten fest – wenn es Zeit für ihren Spaziergang war, ging sie los, auch bei Platzregen und Sintflut.
    Da war sie also, die Arzttochter, zum Greifen nah, aber Savi konnte sich nicht entschließen. Was sollte er sagen, wie machte er ihr klar, dass sie den Mund halten musste, wenn ihr das Leben lieb war? Er war notfalls zu allem bereit, aber natürlich war es ihm lieber, sie verstünde seinen Standpunkt, das Unrecht, das ihm widerfahren war, und sähe ein, dass er nicht anders handeln konnte.
    Das Mädchen ging, leicht geduckt, durch den Regen, und Savi folgte im Schneckentempo.
    Irgendwann musste er an den Straßenrand fahren, um das Postauto überholen zu lassen, das, vor jeder Kurve hupend, nach Corvesco hinauffuhr. Als es vorüber war, fuhr auch Savi wieder los und sah kurz darauf das Mädchen wieder: Es hatte sich mit ausgebreiteten Armen auf die Straße gestellt, um das Postauto aufzuhalten.
    Der Fahrer hielt an, Natalia stieg ein.
    Dann fuhr er wieder los, Savi hinterdrein. Dass sie sich ihm abermals zu entziehen versuchte, nahm ihm die letzten Zweifel. Er heftete sich an die Stoßstange des Postautos. Mit der Lichthupe nötigte er den Fahrer, ihn vorbeizulassen, und drückte aufs Gaspedal, dass sein Mercedes wie ein Pfeil vorbeischoss.
    Savi raste die Straße bergauf, bis er irgendwann am Straßenrand einen Parkplatz entdeckte, wo er anhielt. Er fuhr seinen Wagen so weit ins Gebüsch, wie es ging, damit möglichst wenig von ihm zu sehen war, und setzte eine Schirmmütze auf, die er sich tief ins Gesicht zog. Dann stieg er aus und stellte sich, unempfindlich gegen den Regen, mitten auf die Straße, um das Postauto zu erwarten.
    Es bog um die Kurve. Der Fahrer bremste und schob das Fenster ein Stück zur Seite. »Probleme?«, fragte er.
    »Der Regen«, sagte Savi. »Darf ich vielleicht mitfahren?«
    »Dafür sind wir da.«
    Savi stieg ein und bezahlte den Fahrpreis bis Corvesco. Mit einem kurzen Blick auf die etwa sechzigjährige Frau in einer weiten roten Windjacke rechts hinter dem Fahrer ging er durch den Mittelgang nach hinten, wo Natalia zum Fenster hinausstarrte, ohne ihn wahrzunehmen.
    Savi setzte sich hinter sie.
    Durch das Fenster sah Natalia den Mercedes, der kurz vorher das Postauto überholt hatte, halb verborgen im Gebüsch am Straßenrand stehen. Der Regen zeichnete Arabesken auf die Fensterscheibe. Natalia versuchte Gestalten darin zu erkennen und zu benennen, als wären es die Übungen, die sie von der Logopädin bekam.
    Allmählich wurde es dunkel, obwohl es noch nicht spät am Nachmittag war; es schien ihr wie ein Vorgriff auf den nahen Herbst. Als sie hinter sich eine Stimme hörte, verstand sie erst nicht, was sie sagte, und bemühte sich auch gar nicht, die Worte zu verstehen, denn sie war sicher, dass es ein Gespräch war, das sie nichts anging. Umso erschrockener war sie, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte und die Stimme sagte: »Dreh dich nicht um.«
    Natalia verstand nicht und wollte sich umdrehen.
    »Keine Bewegung«, zischte die Stimme.
    Schwer lag die Hand auf ihrer Schulter.
    »Wir zwei müssen ein paar Dinge klären. Sag kein Wort und rühr dich nicht von der Stelle, sonst geht’s dir schlecht. Klar?«
    Natalia verstand nicht alles, aber der drohende Tonfall entging ihr nicht. Sie drehte den Kopf, doch die Hand hinter ihr krallte sich fester in ihre Schulter.
    »Ist das klar?«, wiederholte die Stimme. »Du machst keinen Mucks.«
    Natalia nickte.
    Das Postauto fuhr langsam, vor jeder Kurve abbremsend, Richtung Corvesco. Jetzt war es nicht mehr weit, allenfalls noch ein Kilometer.
    »Die Dame dort vorn wird in Corvesco aussteigen«, sagte die Stimme, »aber wir bleiben sitzen. Wir fahren wieder

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