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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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diesem zwielichtigen Nachtclub. Seine Kollegen in der Redaktion wären ausgerastet, wenn sie davon erfahren hätten. Er rückte dem Mädchen ein Stück näher, bis nur noch wenige Zentimeter ihre Gesichter trennten und er ihren nackten Arm streifte – als seien sie im Begriff, einander zu küssen.
    »Ich möchte Kate helfen, und wenn du ihre Freundin bist …«
    »Ich hab nichts damit zu tun.«
    Ellen stand abrupt auf; ihre Wangen waren, trotz Make-up, sichtlich gerötet. Contini begriff, dass er verspielt hatte.
    »Na komm, Ellen, jetzt trinken wir Champagner, ja?«
    »Trink ihn allein. Ich bin weg.«
    Contini rückte mit dem Sessel zurück, um sie durchzulassen. Ellen überquerte die Tanzfläche, betrat die Bühne und verschwand hinter dem Vorhang. Immerhin, dachte Contini, muss ich diesen Savi jetzt nicht mehr suchen. Er ließ sich ein zweites Bier bringen und wartete.
    Das Tukan war ein Lokal, das ganz ohne Werbung auskam. Draußen hing ein schlichter Namenszug in Neonbuchstaben, Reklame und Wegweiser brauchte es nicht, man kannte den Laden. Wenn man von Castione talaufwärts nach Norden fährt, trifft man immer wieder solche Lokale: Sie schießen wie Pilze aus dem Boden, sind eines Tages plötzlich da und gehen wie Pilze ebenso schnell wieder ein. In ihrer Umgebung wachsen Autowerkstätten, Massagesalons und Eisenwarenhandlungen und sterben nach einer Weile wieder ab. Das Tukan war eines der wenigen seiner Art, die sich hielten, gleichgültig gegen Krisen und Bebauungspläne, Jahr für Jahr.
    Continis zweites Bier ging zur Neige, als ein Mann auf ihn zukam und sich zu ihm an den Tisch setzte. Contini blickte auf – und sah seine Erwartung enttäuscht. Er versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen und fragte nur: »Ach, verkehren Sie auch hier, Commissario?«
    »Nein.« De Marchi stützte die Ellenbogen auf den Tisch. »Aber man hat mich extra aus dem Bett gesprengt, um mir mitzuteilen, dass Sie hier sind.«
    »Sagen Sie bloß! Warum denn?«
    »Weil Sie mir dauernd im Weg herumgehen, Contini! Mir reicht es jetzt endgültig. Wo Sie sind, ist Unheil. Erst bescheren Sie mir eine Leiche, jetzt umschwirren Sie Savi.«
    »Ich schwirre nicht, ich sitze hier und trinke Bier.«
    »Wir machen unsere Arbeit, überwachen diesen Savi, und wir lassen uns nicht von Ihnen ins Handwerk pfuschen. Wenn Sie nicht schleunigst abschwirren – jawohl! – und sich von jetzt an aus dieser Sache heraushalten, kriegen Sie den größten Ärger an den Hals, den Sie sich vorstellen können.«
    »Reden Sie von Überwachung?«
    »Contini, was wollen Sie ?«
    »Und Sie?«
    De Marchi schnaubte und zückte sein Feuerzeug. Rauchen durfte man hier nicht, aber der Kommissär brauchte sein Nervenberuhigungsmittel.
    »Ganz im Vertrauen, Contini: Diese zwanghafte Beschäftigung mit dem Tukan und Natalia Rocchi kommt uns äußerst verdächtig vor.«
    »Am Ende verhaften Sie mich noch.«
    »An Ihrer Stelle würde ich darüber keine Witze machen.«
    De Marchi beugte sich über den Tisch und beäugte ihn scharf. »In der Chefetage herrscht Ausnahmezustand, und wenn Sie weiter Stunk machen, werden die nicht lang fackeln und Sie aus dem Verkehr ziehen.«
    »Danke für die Warnung.«
    »Und jetzt Abmarsch.«
    »Erst möchte ich noch Freund Savi begrüßen, ihm wenigstens sagen …«
    »Contini!«
    »… dass ich da war.«
    »Contini, Sie gehen jetzt, und ich will nicht mehr hören müssen, dass Sie sich in Savis oder Rocchis Nähe herumtreiben. Sonst nehmen wir Sie in U-Haft, und das ist kein Scherz. Zahlen Sie Ihr Bier und hauen Sie ab.«
    Contini stand auf, legte einen Zehn-Franken-Schein auf den Tisch und sagte: »Trinken Sie auch eins auf mein Wohl.«
    Dann drehte er sich um und verließ das Lokal.
    Er hätte eine Diskussion anfangen und sich auf die Freiheit des privaten Bürgers berufen können. Aber er wollte De Marchis Geduld nicht überstrapazieren. Zumal er Savi nicht gut in Gegenwart des Kommissärs provozieren konnte …
    Draußen atmete er tief die frische Luft ein. Es war eine sternenklare Nacht und eher kühl. Vor dem Eingang stand, vereint von einer unausgesprochenen und womöglich erzwungenen Komplizenschaft, eine Gruppe Raucher beisammen. Ein Knabe mit Sonnenbrille auf dem Hirn schnorrte bei Contini eine Kippe, und der zückte sein Zigarettenpäckchen und fragte: »Kommst du oft her?«
    »Ab und zu. Ist ganz okay hier.«
    »Cooler Laden«, sagte Contini.
    Der Knabe hob die Schultern, wie um zu sagen: Es gibt bessere, und es gibt

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