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Elixir

Elixir

Titel: Elixir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Duff
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erwartet. Also zog ich mich widerstrebend um und machte mich fertig.
    Vor dem Hotel atmete ich tief die salzige Luft ein und ließ mich von Rio zurück ins Leben holen. Die Energie dieser Stadt war fast mit Händen greifbar: Am Strand wimmelte es vor reichen Touristen mit Designerbikinis und Sonnenbrillen, auf den breiten Straßen drängten sich Musiker und Leute, die schon voller Vorfreude auf die Samba-Parade heute Abend warteten– das Highlight des Karnevals.
    Ben fuhr. Ich stellte meinen Sitz zurück, streifte die Schuhe ab, legte meine Beine aufs Armaturenbrett des Jeeps und ließ mich in der heißen Sonne braten, während wir zu dem Außenposten unterwegs waren. In Connecticut hatte noch Schnee gelegen, hier herschten zweiunddreißig Grad. Trotz allem fühlte ich mich in meinen abgeschnittenen Jeans, meinem weißen Tanktop und mit meiner Sonnenbrille frei und leicht– ohne die zehn Pfund Mäntel und Pullover, die ich zu Hause getragen hatte.
    Das GloboReach-Camp, in dem mein Vater zuletzt gesehen worden war, lag direkt außerhalb eines der berüchtigtsten Favelas, den Slums, die um die Innenstadt herum aus dem Boden schossen. Es war nicht weit von unserem Hotel entfernt und doch eine Reise in eine andere Welt. Die Straßen wurden schmaler und waren unbefestigt, Gewalt lag wie eine unausgesprochene Drohung in der Luft. Dad hatte mir erzählt, dass sie hier nur so um sich griff. Er hatte auch gesagt, es wäre seltsam, wie gering der räumliche Abstand zwischen den Favelas und der Dekadenz der Copacabana war, doch ich hatte es mir nicht vorstellen können, bis ich es mit eigenen Augen sah. Ich holte meine Kamera heraus und begann, Bilder zu schießen, in der Hoffnung eines der Magazine, in denen ich regelmäßig veröffentlichte, würde sie abdrucken, damit ich diese Erfahrung mit der Welt teilen konnte.
    Als wir im Camp ankamen, empfing uns ein Mann, der eher an den Quarterback einer Collegemannschaft erinnerte als an einen Arzt. Er war groß und kräftig gebaut, trug Tarnshorts und ein T-Shirt und hatte einen kahl geschorenen Kopf.
    » Clea Raymond«, sagte er, als wir aus dem Wagen stiegen. Willkommen bei GloboReach. Ich bin Dr. Prichard.« Er zog ein Handy heraus. » Einen Moment.«
    Einen Moment? Ich tauschte einen Blick mit Ben.
    » Hallo Ma’am. Hier spricht Dr. Prichard«, sagte er in sein Handy. » Genau. Sie ist hier… Ja, mit ihrem Freund… Genau, das ist er… Sie haben mein Wort… Ja, natürlich.«
    Er hielt mir das Handy hin. » Ihre Mutter.«
    Nicht zu fassen. Ich nahm es. » Mom???«
    » Mir ist auch klar, dass du kein kleines Kind mehr bist. Du sollst nur wissen, dass du das nicht auf Gedeih und Verderb durchziehen musst. Wenn es dir zu sehr zusetzt, dann ist es keine Schande, sich zu verabschieden und zum Hotel zurückzufahren.«
    » Mir geht’s gut, Mom.«
    » Ich mache mir nur Sorgen, Clea.«
    Ich verdrehte die Augen. » Ich will das so, Mom. Aber wenn es mir zu viel wird, dann höre ich auf, versprochen. Okay?«
    » Okay. Gut. Ich hab dich lieb.«
    » Ich dich auch.«
    Wir beendeten die Verbindung und ich gab das Handy an Dr. Prichard zurück. » Tut mir leid.«
    » Muss es nicht. Soll ich Ihnen das Camp zeigen?«
    Dr. Prichard war ganz sachlich. Ich konnte verstehen, dass mein Vater ihn gemocht hatte. Er führte uns herum und als wir alles gesehen hatten, bot er uns vor seiner Unterbringung einen Platz an. Wir setzten uns und ich wischte mir die Hände, die plötzlich verschwitzt waren, an meinen Shorts ab. Seit einem Jahr wünschte ich mir sehnlichst, mit diesem Mann sprechen zu können, aber jetzt, da er vor mir saß, war es schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich beschloss, ohne lange Umschweife zum Thema zu kommen– er schien mir die Art von Mensch zu sein, die Direktheit zu schätzen wusste.
    » Also… was können Sie mir über das Verschwinden meines Vaters erzählen?«
    Dr. Prichard nickte. Er hatte gewusst, dass diese Frage kommen würde. » Ich kann Ihnen nichts anderes sagen, als das, was Sie schon wissen und was ich auch allen anderen gesagt habe: Er hat das Camp verlassen, ohne jemanden zu informieren, wohin er ging– so wie immer. Nur dass er diesmal nicht zurückkam.«
    Die Worte hingen unangenehm zwischen uns in der Luft. Dr. Prichard räusperte sich. » Tut mir leid, wenn das zu direkt war. Ihr Vater war ein ganz besonderer Mensch. Ich habe ihn sehr geschätzt.«
    » Nein, das ist schon in Ordnung. Ich danke Ihnen. Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen und mir ist

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