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Elixir

Elixir

Titel: Elixir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Duff
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Auge in Auge mit einem ausgestopften Rotluchs mit weit aufgerissenem Maul wiederzufinden, der die Zähne zum Angriff gefletscht hatte. Ich sog die Luft ein.
    Sage legte eine Hand auf meinen Arm. Es fühlte sich an, als würde er mich das erste Mal seit Jahren wieder berühren.
    » Ist schon gut.« Er nahm die Hand von meiner Haut und ich vermisste die Berührung noch im selben Augenblick. Vorsichtig drückte er den Zeigefinger gegen die Schneidezähne des Luchses.
    » Scharf«, bemerkte er. » Aber harmlos.«
    Wir tasteten uns weiter voran. Wonach suchten wir eigentlich? Ein Stück weiter rechts fiel mir ein reich verzierter, dünner roter Vorhang auf, in den Perlen eingewoben waren. Er war hübsch und verdeckte die Sicht auf einen anderen Teil des Raums. Neugierig ging ich hinüber, zog den Stoff zurück… und schrie hysterisch los.
    Direkt vor mir, nur ein, zwei Meter entfernt, saß eine Leiche auf einer alten Samtcouch. Es war das Schlimmste, was ich je gesehen hatte. Sie sah aus wie eine ausgewickelte Mumie. Die papierdünne Haut war fleckig-grau und eingesunken, klebte an dem verfallenden Körper und war in jede Vertiefung zwischen den Knochen gesackt. Reste pergamentartiger Lippen gaben den Blick auf gelbe Zähne frei und lange, strähnig weiße Haare lagen um den verdorrten Schädel.
    Beim Klang meiner Schreie, sprangen die Augen schlagartig auf.
    Ich wich zurück, keuchend, und stieß gegen Ben und Sage, als die milchigen Augäpfel in ihren Höhlen hin- und herrollten und uns gierig betrachteten, um an meinem Gesicht hängen zu bleiben.
    Dann wurde alles schwarz um mich.

zwölf
    Ich kämpfte gegen das Aufwachen an. Ich wollte nicht sehen, was ich sehen würde. War dieses Ding echt?
    » Deine Verlobte ist sehr unhöflich, Sage.« Die Stimme war rau und zäh und klang nach Gruft. » Hilf ihr aufstehen und stelle uns richtig vor.«
    Es war real. Aber ich wollte die Augen nicht aufschlagen.
    » Clea?«
    Sage war ganz nah. Ich öffnete die Augen und sah, wie er sich mit besorgter Miene über mich beugte. Fast hätte ich ein Lächeln zustande gebracht. Wenn diese Horrorshow schon sonst für nichts gut war, so hatte sie ihn doch wenigstens für einen Moment zu mir zurückgebracht.
    » Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er.
    In Ordnung? Ich wollte lachen, doch ich hatte so eine schreckliche Ahnung, dass nur ein kreischendes, schrilles Gackern dabei herauskommen würde, mit dem ich nie wieder aufhören könnte.
    Es war besser, meiner Stimme noch nicht zu trauen. Ich nickte und ließ mir von Sage aufhelfen, den Blick fest auf ihn gerichtet.
    Die sprechende Tote gab einen trockenen Laut des Missfallens von sich. » Du siehst deine Gastgeberin nicht mal an. Ich werde nie verstehen, was Sage an dir findet, Olivia.«
    Der Name schockierte mich so sehr, dass ich mit dem Kopf herumfuhr, um das Ding anzusehen.
    Ein ersticktes Keuchen entrang sich der eingefallenen Brust und es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass es ein Lachen war.
    » Da staunst du, dass ich deinen echten Namen kenne, was?«, sagte das Wesen. » Das solltest du nicht. Wir alle haben eine Vergangenheit. Natürlich nicht eine so lange wie dein Verlobter und ich.«
    Die Augen der Kreatur schielten anzüglich in Sages Richtung, der zusammenzuckte.
    » Ich kannte auch deinen Freund Giovanni«, sagte sie und ließ den Blick zu Ben wandern, der blass war und zitterte. Schweißperlen liefen ihm über das Gesicht. Er hatte sich überhaupt nicht im Griff.
    » Giovanni?«, fragte Sage. » Nein…«
    » Oh, das ist er«, sagte die lebende Tote. » Du erkennst ihn nur nicht. Nicht so, wie sie. Aber er ist es.« Sie krümmte einen unglaublich knochigen Finger in Bens Richtung und deutete auf ihn. Als er zurückwich, stieß sie ein verschleimtes Lachen aus.
    » Lass die beiden in Ruhe, Magda«, sagte Sage.
    Magda? Das war Magda?
    » Aber Sage, ihr seid doch zu mir gekommen!«, gab sie zurück.
    » Sie sind Magda… Alessandri?«, fragte ich und sprach damit das Unmögliche aus. » Sie sind Shakespeares Dark Lady?«
    Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. » Was– du kannst mich nicht als schwarzhaarige Schönheit sehen? Vor fünfhundert Jahren war ich wunderschön. Dein Verlobter fand das zumindest. Er konnte seine Finger nicht von mir lassen.«
    Mir wurde übel. Ich war nicht eifersüchtig, obwohl Magda genau das bezweckte, sondern musste nur ständig an Sage denken, wie er diese Frau berührte, so wie sie jetzt aussah. Allein bei der Vorstellung hob

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