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Elixir

Elixir

Titel: Elixir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Duff
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streckte ihre Hände aus. » Handkreis«, befahl sie.
    Mein Hocker stand zwischen dem von Ben und Magda. Ich konnte nicht glauben, dass ich sie berühren sollte, gönnte ihr jedoch nicht die Genugtuung zu sehen, wie viel Überwindung mich das kostete. Ihre Hand fühlte sich an wie um Zahnstocher gewickeltes Krepppapier. Ich war sicher, beim kleinsten bisschen Druck würde sie zu Staub zerfallen.
    Mit der anderen Hand quetschte ich Bens und er und Sage vervollständigten den Kreis mit Magda. Magda lehnte sich zurück und schloss die Augen. Plötzlich lief ein Zucken durch ihren ganzen Körper. Meine Augenlider fielen zu wie Rollläden. Ich versuchte, sie wieder zu öffnen, doch es ging nicht. Was immer Magda uns zeigen wollte– ich konnte ihr nicht entkommen.
    Ich sah Sage. Er war gekleidet wie in meinen Träumen als Olivia. Beim Gehen ließ er Goldmünzen in einem Beutel klimpern. Es war surreal. Ich konnte seine Gedanken nicht wirklich hören, wusste aber dennoch genau, was in ihm vorging, spürte den Stolz auf seine tadellose Kleidung und den überwältigenden Reichtum seiner Familie. Er war einundzwanzig Jahre alt und kam sich vor, als würde ihm die ganze Welt gehören.
    Als er ein paar Stufen hinaufstieg und seufzend an einer prunkvollen Tür klopfte, wusste ich, dass hier ein Treffen der Gesellschaft stattfand, jenes exklusiven Kreises, über den er sich in meinem Traum bei mir beschwert hatte. Die er nur besuchte, weil sein Vater es wünschte.
    Plötzlich verschwand das Bild und wurde durch ein anderes ersetzt, auf dem Sage mit neun Männern und Frauen Hand in Hand stand. Sie bildeten einen Kreis und alles um sie herum– ihre Kleidung, die Einrichtung des Zimmers– verriet unfassbaren Reichtum und Luxus. In der Mitte des Zirkels stand ein kleines, mit Edelsteinen verziertes Kästchen, eine Art Schrein.
    Unter den Anwesenden erkannte ich Magda– oder wusste vielmehr irgendwie, dass sie es war, denn sie hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem abgezehrten Skelett, das sie jetzt war. Sie war ein Ausbund an Jugend und strahlender Schönheit, und als sie Sage verführerisch zuzwinkerte, spürte ich diesmal doch einen Stich der Eifersucht. Magdas Stimme tönte klar und deutlich, als sie die Zeremonie mit dem Geheimhaltungsschwur der Gesellschaft eröffnete und dann fortfuhr: » Wir sind zusammengekommen, um das Elixir des Lebens zu preisen und zu schützen…«
    Doch noch während sie sprach, verblasste die Szene und wurde überlagert von Sage und einem Freund in einer Taverne, die tranken und lachten.
    Ich keuchte laut auf.
    Der Freund war Ben.
    Natürlich war es nicht Ben. Es war Giovanni, den ich aus meinen Träumen kannte, doch plötzlich, als ich ihn in Magdas Vision sah, bestand nicht der leiseste Zweifel, dass er es war. Bens Hand, die meine fest umklammerte, wurde plötzlich feucht– auch er musste sich erkannt haben.
    Wieder wusste ich ganz automatisch Dinge, die ich eigentlich nicht wissen konnte. Giovanni war der Sohn eines Krämers aus einer viel niedrigeren Schicht als Sage, doch die beiden kannten sich von Kindesbeinen an. Giovannis Platz in der Gesellschaft und seine finanziellen Verhältnisse spielten für Sage keine Rolle. Giovanni war sein bester Freund, so einfach war das. Giovanni liebte Sage genauso sehr, doch war er sich der sozialen Kluft zwischen ihnen bitter bewusst– und das nagte an ihm. In seinen finstersten Momenten glaubte er, ihre Freundschaft wäre von Sages Seite aus nichts als ein Akt der Barmherzigkeit– etwas, womit sich Sage vor seinen reichen » echten« Freunden brüsten konnte, um seine Größe zu demonstrieren.
    Sage ahnte nichts von Giovannis dunklen Gedanken und seiner Unsicherheit, deshalb war ihm auch nicht bewusst, was er tat, als er sich ihm gegenüber voller Spott und Verachtung über die Gesellschaft äußerte.
    » Ehrlich, Gi, es ist absurd. Das Geld rieselt an diesem Ort von den Wänden, aber das ist nichts im Vergleich mit dem Schrein für das großartige › Elixir des Lebens ‹ ! Aus purem Gold und über und über mit Rubinen, Diamanten, Smaragden… einfach allen Edelsteinen besetzt, die man sich vorstellen kann. Aber der Inhalt von dem Ding… oh, der ist noch besser.«
    » Was ist es denn?«, wollte Giovanni wissen, der sich im Geheimen nach dem Juwelen geschmückten Kästchen verzehrte und sich vorstellte, wie er ein oder zwei der wertvollen Steine herausbrach. Davon könnte er seinen drei kleinen Schwestern wochenlang Essen und neue Kleider kaufen. Oder

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