Elixir
Kopf auf ein weiteres Mädchen, das Fotos von mir machte. » Glaubt ihr nicht, dass das bald alles im Internet steht?«
Ich zuckte zusammen. Er hatte recht– es gab Schlimmeres, als dass Ben oder mir das Ganze ziemlich peinlich war. Wir hatten uns so bemüht, inkognito zu reisen, und jetzt verbreiteten unzählige Leute mein Bild über Twitter und Facebook durch die ganze Welt. Wenn die Verfluchte Vergeltung oder die Retter des Ewigen Lebens im Internet unterwegs waren und dort nach mir Ausschau hielten, würden sie bald belohnt werden.
Mir kam wieder das Retter-des-Ewigen-Lebens-Internet-Forum in den Sinn, in das ich mich in Dads Studio eingeloggt hatte. Sollten wir es checken, um zu sehen, ob sie uns schon entdeckt hatten?
Nein, es war ja nicht wirklich umfassend– es würde uns keine Sicherheit verschaffen. Das wäre Zeitverschwendung.
Aber wir konnten natürlich versuchen, etwas weniger aufzufallen. Schließlich waren wir gleich im Einkaufszentrum.
Als wir Shibuya 109 betraten, dudelte uns japanische Popmusik entgegen und die heißesten Outfits leuchteten uns aus vollgestopften Schaufenstern an. Jeder Zentimeter der zehn Stockwerke war voller Shoppingwütiger. Rayna wäre durchgedreht. Sie würde es zumindest gut finden, dass ich ein wenig einkaufte, wenn ich schon mal da war.
Ich bat Sage um seine Kreditkarte und steuerte gleich den ersten Laden an, der vielversprechend wirkte. In Null Komma nichts hatte ich eine kurze schwarze Perücke, eine große Sonnenbrille, eine zerfetzte Jeans und ein Tanktop gefunden.
Ich zog mich in einer Kabine um, dann trat ich hinaus, wo Ben am Eingang eines anderen Geschäfts stand und fasziniert auf eine pinkfarbene Hello-Kitty-Handyhülle starrte, die über und über mit Swarovskisteinen besetzt war. Während ich ihn beobachtete, drehte er das Teil neugierig um und drückte einen Knopf an der Seite. Plötzlich schnellte der kristallene Hello-Kitty-Kopf nach oben und gab einen darunter verborgenen Spiegel frei.
» Ich glaube, das bist du«, trällerte ich.
Ben drehte sich um und lächelte mich anerkennend an. » Gefällt mir. Sehr japanisch.«
» Danke«, sagte ich. » Dir habe ich auch was mitgebracht.«
» Ich trage keine Perücken.«
» Spielverderber.« Ich reichte ihm ein Baseball-Cap, nahm dann meine Fototasche und hängte sie ihm um den Hals. » Bitte schön: der typische amerikanische Tourist. Keiner wird zweimal hinschauen.«
» Ich nehme das jetzt mal nicht als Beleidigung.«
» Du siehst prima aus«, sagte Sage ganz sachlich. » Also, machen wir uns auf die Suche nach › Dem Kleinen Türchen ‹ .«
Ich sah im Verzeichnis nach. » Sechster Stock.«
Wir stürmten hinauf zu dem Laden und fragten nach Magda Alessandri. Uns war klar, dass sie vielleicht gerade nicht Dienst hatte, aber wir dachten, wir könnten zumindest herausbekommen, wann wir sie antreffen würden.
Doch niemand dieses Namens arbeitete in dem Laden. In keiner Schicht.
» Wenn sie nicht hier ist… wo ist sie dann?«, fragte Ben.
Weder Sage noch ich hatten darauf eine Antwort.
» Okay… vielleicht habe ich das zu wörtlich genommen«, sagte ich, » vielleicht meinte Dad mit seiner Notiz nicht den Laden › Das Kleine Türchen ‹ , sondern wir müssen nach einer echten kleinen Tür Ausschau halten.«
Ich gebe ja zu, dass das eher merkwürdig klang, aber es war das Einzige, was mir einfiel.
» Dann… suchen wir jetzt das ganze Einkaufszentrum nach besonders kleinen Türen ab oder wie?«, fragte Sage trocken.
» Ich bin absolut offen für andere Vorschläge, wenn ihr welche habt«, gab ich zurück.
Er und Ben zuckten die Schultern. Also beschlossen wir, systematisch vorzugehen: Das zylinderförmige Einkaufszentrum hatte zehn Stockwerke, zwei davon unterirdisch. Deshalb kam es uns am cleversten vor, ganz unten anzufangen und uns dann Stück für Stück nach oben zu arbeiten. Wir würden in jedem Laden nach irgendetwas suchen, das als » kleines Türchen« durchgehen konnte, und dort dann nach Magda Alessandri fragen. Es war schrecklich entmutigend und konnte irrsinnig lange dauern– viel zu lang, wenn die falschen Leute uns im Web entdeckten und die Verfolgung aufnahmen– aber wir sahen keine Alternative.
Wir fanden sehr wenig kleine Türchen und keine einzige Magda. Als wir im obersten Stockwerk angekommen waren, verlangsamtem wir unsere Schritte, weil keiner von uns der Wahrheit ins Auge sehen wollte.
Wir waren gescheitert.
» Vielleicht hat Grant die falschen Koordinaten auf
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